Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

0700 - Aphilie

Titel: 0700 - Aphilie
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
jammern, aber Sergio gab ihm einen kräftigen Stoß, so daß er zu Boden ging. Sylvia und der Stämmige hatten seine Anweisung bereits befolgt. Er kniete sich, dem Regulierventil genau gegenüber, vor die linke Wand der Röhre, visierte das Ziel kurz an und schoß.
    Die Wirkung war überwältigend. Mit donnerndem Knall barst das Ventil. Der riesige Druckkörper dahinter entließ einen heulenden Strom hochgespannter Luft in die Röhre. Sergio hatte sich sofort nach dem Knall zu Boden geworfen. Er machte sich so flach wie möglich, und trotzdem war es ihm, als müsse ihn der tosende Sturm mit sich fortreißen. So lag er kaum mehr als dreißig Sekunden, obwohl ihm die Zeit wie eine halbe Ewigkeit vorkam. Da hörte er an den Geräuschen der ausströmenden Luft, daß die Wucht des Sturmes allmählich nachließ. Vorsichtig hob er den Oberkörper ein wenig und spähte nach beiden Seiten. Der rasende Luftstrom trieb ihm die Tränen in die Augen, aber er sah zur linken Hand die beiden Aphiliker platt am Boden liegen und zur rechten Sylvia in derselben Lage verharren, die auch er einnahm. Sie hatte seinen Plan erkannt, ohne daß er zu ihr darüber gesprochen hatte.
    An der gegenüberliegenden Wand hatte die plötzlich freigesetzte Luft aus dem Überdruck des Kessels ein mehr als mannshohes Stück Betonguß herausgerissen. Es war ein Loch entstanden, durch das ein normalgewachsener Mensch bequem ins Innere des Kessels eindringen konnte. Ein Blick zur Seite bewies Sergio, daß auch das Überdruckventil inzwischen in Tätigkeit getreten war. Durch das Ausströmen der Preßluft hatte sich der Druck im Innern der Röhre zeitweilig so erhöht, daß der Überdrucksensor angesprochen hatte. Die Öffnung des Überdruckventils war zwar wesentlich weniger bequem als das Loch in der Wand auf der gegenüberliegenden Seite. Aber dafür führte der Weg durch den Überdruckstollen wesentlich gerader in die Freiheit als der durch den Kessel.
    Sergio machte eine Kopfbewegung, die Sylvia sofort verstand.
    Sie stemmten sich gegen den tosenden Sturm und krochen auf die Öffnung des Überdruckventils zu. Sergio half dem Mädchen zur Öffnung des Ventils hinauf. Sie bedurfte ihrer ganzen Beweglichkeit, um durch das enge Loch zu kriechen, aber schließlich war sie in der Wand verschwunden. Sergio folgte ihr, nachdem er sich mit einem letzten Blick davon überzeugt hatte, daß Pakko und der Stämmige immer noch weisungsgemäß auf dem Boden lagen und ihre Gesichter gegen den Beton preßten.
    Er hatte Schwierigkeiten mit seinen breiten Schultern, aber schließlich schaffte er es mit Sylvias Hilfe, die enge Öffnung zu überwinden. Dahinter lag ein finsterer, enger Stollen, der zunächst horizontal verlief, um später in steilem Winkel in die Höhe zu steigen. Da, wo er nach oben abknickte, hielt Sergio an, um Luft zu schnappen. Er brauchte eine Weile, um dem geschundenen Körper Ruhe zu gönnen. Von der Röhre her rauschte die aus dem Drucktank entweichende Luft durch den Stollen. Der Sturm hatte bereits über die Hälfte seiner Wucht verloren. Bald würde der Druck im Innern der Röhre sich wieder normalisieren und damit die Schließung des Überdruckventils verursachen.
    Sergio empfand Erleichterung. Wenn die Staatspolizei kam und Pakko Bericht erstattete, würde jedermann glauben, er sei mit Sylvia durch die mannsgroße Öffnung ins Innere des Drucktanks geflohen. Auf die Idee, daß sie den Entlüftungsstollen des Überdruckventils als Fluchtweg benützt hatten, würde die Polizei erst später kommen.
    Viel später, hoffte Sergio ...
    Das Buch Die Luft war mild und vom Duft tropischer Blüten erfüllt. In den Blättern der Bäume raschelte ein sanfter Wind, und von weither drangen die Geräusche der Großstadt. Es war finster.
    Die Erleichterung, die auf die überstandene Gefahr folgt, ist um so vollständiger, je größer die Gefahr war. Sergio, unter dem Geäst eines Busches lang ausgestreckt, fühlte sich wohlig entspannt.
    Er hatte die Arme unter dem Kopf verschränkt und blickte zu den Sternen hinauf.
    Sylvia lag neben ihm. Er spürte die Wärme ihres Körpers, und zeitweilig verloren sich seine Gedanken in Bahnen, die in der gegenwärtigen Lage absolut unangemessen waren. Immerhin war die Gefahr noch nicht völlig beseitigt. Der Stollen des Überdruckventils hatte sie in dem Hinterhof eines uralten Industriegebäudes ans Tageslicht geführt. Völlig unbehelligt waren sie hervorgekrochen und hatten sich bei der nächsten Gelegenheit des
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher