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0692 - Herr der Schattenburg

0692 - Herr der Schattenburg

Titel: 0692 - Herr der Schattenburg
Autoren: Jason Dark
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nicht begreifen konnte. Sie und ihr Mann waren in eine Welt gezerrt worden, die sie nicht verstand.
    Da mischten sich Zeiten, da kroch die Vergangenheit in die Gegenwart hinein. Was damals, vor Tausenden von Jahren verschwunden war, das erschien plötzlich wieder in einer leicht veränderten Form. Bisher hatte sie angenommen, daß alles, was einmal gewesen war, nicht mehr zurückkehrte.
    Tot und Begraben - fertig.
    Doch so lief das nicht.
    Nun erlebte sie den Seelen-Terror, diesen kalten Schauder, dieses andere, daß sie überflutete.
    Nach dem Gespräch mit ihrem Mann hatte sie die Augen wieder geschlossen, als wollte sie sich dieser für sie furchtbaren Welt entsagen. Aber es gab keinen rettenden Schutzengel, der sie in die Arme nahm, hochhob und einfach wegtrug.
    Sie mußte bleiben.
    Und sie spürte die Kälte, die durch ihre Glieder kroch wie die Boten eines nahenden Todes.
    Etwas bewegte sich neben ihr. Ann hatte es nicht gesehen. Dann strich eine leichte Berührung an ihrer Hüfte entlang und ließ sie zusammenschrecken.
    Ann öffnete die Augen!
    Der Schrei blieb in ihrer Kehle stecken, obwohl sie den Mund bereits geöffnet hatte.
    Eine der Bestien war nahe an sie herangetreten, schaute auf die herab.
    Die Schnauze war offen.
    Sie sah die beiden gelblichen Zahnreihen, zwischen denen der Geifer wie Leim klebte. Sie schaute auch in den Rachen hinein, wo sich dieser Speichelgeifer bewegte und kleine Blasen gebildet hatte.
    Der Rachen der Bestie glich einem Tunnel, der in einen unheimlich tiefen Schlund führte, aus dem es kein Zurück mehr gab.
    Die Angst war wie eine große Zange. Ann erwartete, daß sich der Werwolf im nächsten Augenblick auf sie stürzen und sie zerreißen würde. Noch wartete er ab, aber seine Pranken waren bereits gekrümmt, um zupacken zu können.
    Dann kam der Weißbärtige. Er bewegte sich langsam über den Boden und dennoch klangen seine Schritte innerhalb dieser unheimlichen Schattenburg nach, als bestünden sie nur mehr aus fernen Echos.
    Er sprach mit den Bestien und lenkte sie zunächst von den beiden Morlands ab.
    Seine Worte erinnerten Ann an ein Gebet. Sie wurden langsam und betont ausgesprochen, und er deutete mit dem ausgestreckten rechten Zeigefinger in die Höhe.
    »Dort oben ist euer Gebieter. Seht den Götzen, seht Semerias. So hat er auch schon vor langer Zeit auf euch niedergeschaut, denn ihr wart bereits damals seine ersten Geschöpfe. So wie ihr jetzt zu Werwölfen geworden seid, so ist euch das gleiche schon einmal passiert, nur tief in der Vergangenheit begraben, die nicht tot war, sondern konserviert wurde, um sich jetzt wieder zu zeigen. Könnt ihr euch noch an die ersten Opfer erinnern, die ihr damals gerissen habt?« sprach er die Bestien jetzt direkt an und lauerte auf eine Antwort.
    In der Schattenburg trat Ruhe ein. Die Werwölfe starrten sich an. In ihren kalten Raubtieraugen glänzte kein Funke der Erinnerung. Es war so, als hätte der Weißbärtige ins Leere gesprochen.
    »Nein?« fragte er.
    Ein drohendes, sich auch hungrig anhörendes Knurren war die einzige Antwort, die er bekam.
    Um seine Lippen zuckte es. Er streckte den Arm Ann Morland entgegen. »Dann nehmt sie. Zeigt eurem Herr und Meister, daß ihr nichts verlernt habt. Reißt das Opfer in Stücke!«
    ***
    Es trat genau der Augenblick ein, auf den Fred zwar nicht gerade gewartet hatte, der aber hatte kommen müssen. Und er hatte auch versucht, sich darauf vorzubereiten.
    Er rollte sich herum, die Bewegung setzte er durch eine andere fort und schnellte dabei auf die Füße.
    Er wollte es nicht, aber der Schrei jagte trotzdem aus seiner Kehle. So mußte er sich Luft verschaffen und seinen verfluchten Frust in die Schattenburg hineinbrüllen.
    Mit dieser Aktion hatte er den zweiten Werwolf überrascht. Bevor dieser zupacken konnte, war Fred ihm entwischt und griff die Bestie an, die sich auf Ann stürzte.
    Er war um eine Idee schneller.
    Der Werwolf hatte sich zu sehr in Sicherheit gewiegt, und die Bestie, die einmal Nora Shane gewesen war, bekam von der Seite her einen Rammstoß, der sie von ihrem Opfer wegtrieb und sie straucheln ließ.
    Fred bückte sich.
    Er riß seine Frau hoch, er schrie sie an und wußte selbst kaum, was er sagte. Jedenfalls sprach er irgend etwas von Flucht, wegrennen, durch den Wald tauchen und Verstecke finden.
    Ann wunderte sich, wie glatt sie handelte. Sie überließ es nicht nur ihrem Mann und schaffte es sogar aus eigener Kraft, auf die Beine zu kommen, auch wenn er sie
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