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0692 - Herr der Schattenburg

0692 - Herr der Schattenburg

Titel: 0692 - Herr der Schattenburg
Autoren: Jason Dark
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Dieser Mann war ich!
    Ich hörte den klagenden Laut, er malträtierte mich, er drang in mein Gehirn, er schien von innen gegen meine Augäpfel zu drücken, als wollte er sie aus den Höhlen hervorsprengen…
    Er folterte mich, er ließ mich nicht in Ruhe, er zermarterte meinen Willen, und er zwang mich dazu, endlich die Augen zu öffnen.
    Ich spürte das Zucken im Hals, das Vibrieren im Kopf, diesmal keine Folge des Schreis, sondern eine des Treffers mit dem hartweichen Gegenstand, der mich ins Reich der Träume geschickt hatte.
    Alles war zu schnell gegangen, den Gegner hatte ich nicht einmal sehen können, aber das schob ich zunächst von mir fort, weil die Vergangenheit mich im Moment nicht interessierte.
    Die Zukunft war wichtiger.
    Etwas kitzelte mein Gesicht, als ich den Kopf bewegte. Zunächst dachte ich an eine Spinne, bis mir klar wurde, daß ich mit der Wange an einem Grashalm entlangschabte, dessen Spitze bis über meine Nasenwurzel hinweg an die Stirn heranreichte.
    Ich lag im Freien.
    Ich lag auf einer Wiese.
    Ich war erwacht.
    Und ich hörte noch immer den verfluchten Schrei, der mir jetzt wie eine Drohung vorkam, als würde derjenige, der ihn ausgestoßen hatte, in der tiefen Dunkelheit lauern, die diesen Ort umgab.
    Er peitschte, mich hoch. Ich stützte mich ab, kam auf die Füße, taumelte vor und fiel wieder hin.
    Verdammt, ich hatte mich überschätzt. Der Treffer war doch stärker gewesen; mein Kreislauf spielte noch verrückt. Der Untergrund war weich, ich kam mir vor wie in einem natürlichen Bett.
    Ich saugte den Atem zwischen den fast zusammengebissenen Zähnen ein. Ich fluchte innerlich über meine Unvollkommenheit, und ich wußte auch, daß ich verloren hatte.
    Zumindest die Person, mit der ich hergekommen war.
    Ich erinnerte mich. Bilder stiegen vor meinem geistigen Auge in die Höhe. Ich sah eine Frau mit ziemlich heller Haut und rötlichblondem Haar. Eine Person, die Nora Shane hieß, zwei Väter besessen hatte, wobei einer in Atlantis und der andere in der Gegenwart gelebt hatte. Aber der Atlanter war nicht tot gewesen, er lebte irgendwo weiter, wenn auch anders als früher, und er hatte es geschafft, einen breiten Schnitt in das Leben der Nora Shane zu schneiden.
    Ich hatte mich um sie kümmern wollen, denn sie wußte mittlerweile Bescheid. Sie hatte mich zu den Ruinen geführt, wo die Kräfte sich angeblich vereinigt hatten, die noch aus Atlantis stammten, aber davon hatte ich nichts mitbekommen.
    Der Schlag war aus dem Hinterhalt erfolgt und hatte mich gefällt.
    Der Schrei war verklungen. Die Stille der Nacht lag über dem Gelände. Hoch über mir war der Himmel nicht mehr so wolkig. Der Wind hatte die gewaltigen Haufen vertrieben und ihn freigemacht für einen blassen, runden Mond, der wie ein gewaltiges Auge in die Tiefe glotzte, als wollte er mich beobachten.
    Der erste Versuch hatte mich gelehrt, nicht so forsch auf die Beine zu kommen. Den zweiten ging ich entsprechend behutsamer an. In der Nähe stand ein Schatten, den ich allerdings berühren konnte und feststellen mußte, daß es sich bei ihm um ein Stück dieser alten Ruine handelte. Ich benutzte ihn als Stütze, quälte mich hoch, und freute mich darüber, daß ich diesmal nicht fiel.
    Die Freude aber dauerte nur wenige Sekunden, bevor sie sich in Furcht verwandelte.
    Wieder wehte der Heulton heran.
    Geboren in der tiefen Finsternis außerhalb der Ruinen, wo das Wesen lauerte.
    Wesen?
    Ich hatte einen Schauer bekommen und konzentrierte mich auf das schreckliche Geräusch. Ich wollte es identifizieren, lauschte und glaubte fest daran, daß es von keinem normalen Tier stammte.
    Da lauerte eine Bestie.
    Keine Hyäne, auch kein Wolf, aber den Begriff Wolf hielt ich schon in meinen Gedanken fest und setzte nur noch eine Silbe davor: Werwolf!
    Ich hatte keinen Beweis, nur eine Erinnerung, die zu einer Theorie führte.
    Es war in Nora Shanes Schlafzimmer gewesen. Sie hatte das Buch ihres zweiten, toten Vaters gefunden. Eine Attrappe mit dem Titel »Semerias«. Und so hatte auch ihr erster Vater, die Person aus Atlantis, geheißen. Und sie hatte die Gravur auf dem Buchdeckel gesehen, eine schaurige Fratze, mehr Götze als Mensch - und magisch geladen, denn Nora war angegriffen worden..
    Die Entladung hatte sie erwischt, sie war in ihr Wohnzimmer geflohen, und dort hatte ich für einen Moment den Schatten über ihr Gesicht huschen sehen.
    Die Fratze eines Werwolfs!
    Ich hörte das Heulen, ich verglich es mit den Gedanken, die mich
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