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069 - Der Vampir von Venedig

069 - Der Vampir von Venedig

Titel: 069 - Der Vampir von Venedig
Autoren: Dämonenkiller
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unter einer zerbrochenen Gemüsekiste hervor und hatte keine Scheu. Er setzte sich sogar auf und putzte sich.
    Siegfried Gruber klatschte in die Hände, um die fette Ratte mit den schwarzen Augen zu vertreiben, doch sie reagierte nicht. Das hier war ihr Bereich; Menschen hatten hier nichts zu suchen.
    Gruber wurde zornig, bückte sich und griff nach einem Ziegelbrocken. Als er ihn werfen wollte, lief die Ratte provozierend langsam weg und verschwand hinter einem Berg von Abfall.
    „Ich - ich halte das bald nicht mehr aus", stieß Christa hervor. Ihre Stimme war schrill geworden. „Wir haben's gleich geschafft, Liebling", tröstete er sie, wieder auf den Gehsteig deutend. „Er führt uns bestimmt zum Canale Grande."
    Er behielt den Ziegelstein in der Hand, war bereit, ihn sofort auf die nächste Ratte zu werfen. Auch seine Nerven vibrierten inzwischen. Am liebsten wäre er umgekehrt und zurück zum Totenhaus gelaufen, doch er wußte, daß er den Weg dorthin niemals wiederfinden würde.
    Auf dem sehr schmalen Gehsteig lagen Holztrümmer und Ziegelbrocken, über die sie hinwegsteigen mußten. Christa schaute sich in immer kürzer werdenden Abständen um. Sie glaubte sich verfolgt, mußte immer wieder an diesen großen, schlanken und unheimlichen Mann denken.
    Der Gehsteig neben dem Kanal, der hier stellenweise kaum noch Wasser führte, machte einen scharfen Knick nach links. Siegfried Gruber blieb stehen und schüttelte ratlos den Kopf. Der Weg hatte sich gerade als eine Sackgasse entpuppt. Er endete vordem Portal eines Palazzo, dessen Tür zugenagelt war; auch die Fenster waren zugenagelt. Aufgeschreckt durch die beiden Fremden, flatterten Tauben von einem Sims. Das Schlagen ihrer Flügel klang wie Peitschenhiebe. Irgendwo in der Nähe fiel irgend etwas in das schlammige Wasser. Das platschende Geräusch ließ die junge Frau zusammenfahren.
    „Ich glaube, wir sollten rüber auf die andere Seite", schlug Siegfried Gruber vor. Er hatte jenseits des Kanals einen zweiten Gehsteig entdeckt - und eine Gasse, die sich im Dämmerlicht verlor.
    „Auf die andere Seite, Siegfried?" Sie drängte sich dicht an ihn, schaute sich wieder verstohlen um. „Der Kanal ist ja fast ausgetrocknet", sagte er.
    „Dort kommen wir niemals durch", erwiderte sie und schüttelte den Kopf.
    „Wir sollten es versuchen, Christa."
    Um ihr zu beweisen, daß der Kanal passierbar war, stieg er über eine in die Kanalmauer eingelassene schmale Treppe nach unten. Sehr vorsichtig setzte er seinen rechten Fuß auf eine Schlickbank, die aus dem schmutzigen Wasser ragte. Als er den Fuß jedoch belastete, sank er sofort ein. Hastig warf er sich zurück und riß seinen Fuß wieder hoch. Als er sich zu seiner Frau umdrehte und hochsah, war sie plötzlich verschwunden. Das Blut schoß ihm in den Kopf. Er rief ihren Namen und rannte über die schmalen Stufen nach oben.
    Überrascht und betroffen zugleich blieb er stehen.
    Christa war nicht mehr allein. Ein junger Mann redete gestikulierend auf sie ein. Er mochte etwa fünfundzwanzig Jahre alt sein, war mittelgroß und schlank, trug eine nietenbeschlagene Hose aus schwarzem Kunstleder, ein kariertes Hemd und hatte sich gerade eine Sonnenbrille abgenommen. „Mann, Sie schickt der Himmel!" sagte Gruber erleichtert und fühlte sich endlich wieder frei von jeder Angst. „Bitte, Sie müssen uns hier rausbringen. Wir haben uns verlaufen."
    „Er kam plötzlich dort aus dem Haus", erklärte Christa und deutete auf einen Bau rechts vom Palazzo.
    „Sie sind Touristen?" fragte der junge Mann und lächelte.
    „Man sieht es uns wahrscheinlich schon meilenweit an", antwortete Siegfried.
    „Sie sprechen unsere Sprache gut", lobte ihn der junge Mann. „Sind Sie nur auf der Durchreise oder wohnen Sie hier in einem Hotel?"
    „Im Principe, in der Nähe des Rialto."
    „Das ist nicht weit", meinte der junge Mann. „Falls man die richtige Abkürzung kennt."
    „Würden Sie uns hier heraushelfen, Signore?"
    „Ehrensache", lautete die selbstverständliche Antwort des jungen Mannes. „Aber es wird durch ein paar Hinterhöfe gehen."
    Er wartete ihre Zustimmung nicht ab, drehte sich um und setzte sich dabei wieder die dunkle Sonnenbrille auf. Der junge Mann ging auf das verfallene Haus zu, aus dem er laut Christa gekommen war, stieg über einen kleinen Schuttberg und verschwand hinter dem Eingang.
    „Komm, Christa! Gleich ist alles vorüber", munterte Siegfried seine junge Frau auf. Doch sie ging keinen Schritt weiter und
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