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069 - Der Vampir von Venedig

069 - Der Vampir von Venedig

Titel: 069 - Der Vampir von Venedig
Autoren: Dämonenkiller
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über ihren Teller beugte. „Dreh dich ganz unauffällig um, Siegfried!"
    „Du redest dir bestimmt etwas ein", beruhigte er sie.
    „Das ist er", wiederholte sie hartnäckig. „Ich habe doch Augen im Kopf."
    Der Ton ihrer Stimme war drängend, ließ Angst erkennen. Siegfried Gruber pfiff auf jede Höflichkeit, schob den Stuhl etwas zurück und wandte sich sehr ungeniert zum Nachbartisch um. Er wollte endlich herausfinden, von wem Christa sich seit dem Vortag verfolgt und beobachtet fühlte.
    Am Tisch seitlich hinter ihm saß ein großer, schlanker Mann in einem sehr korrekten, dunklen Anzug. Sein markant geschnittenes Gesicht sah seltsam bleich, vielleicht sogar fahlgelb aus. Beherrschend in diesem Gesicht waren die großen, dunklen Augen.
    Der Mann erwiderte Siegfrieds Blick mit einem neutralen höflichen Lächeln, deutete eine knappe Verbeugung an und tupfte sich den schmalen Mund mit seiner Serviette ab. Dann stand er auf und verließ seinen Tisch. Als er an Christa vorüberkam, verbeugte er sich erneut und ging dann weiter nach vorn zur Vitrine. Hier zahlte er, ehe er die Trattoria verließ. In der Tür wandte er sich noch einmal um. Sein Blick galt ausschließlich der jungen Frau. Christa spürte ein eigenartiges Prickeln auf ihrer Haut. Sie senkte den Blick, fühlte sich unbehaglich. Als sie verstohlen aufschaute, war der Herr verschwunden.
    „Komische Type", meinte Siegfried Gruber. Er bemühte sich um einen leichten mokanten Ton.
    „Ist er nicht unheimlich?" fragte Christa. „Ich glaube, daß er uns verfolgt."
    „Reiner Zufall, Christa."
    „Dieses Gesicht kann man nicht verwechseln, Siegfried."
    „Falls er sich noch einmal blicken läßt, stelle ich ihn zur Rede. Einverstanden?"
    „Warum bleiben wir eigentlich noch? Warum fahren wir nicht weiter, Siegfried?"
    Während sie redete, sah sie unwillkürlich wieder zur Tür hinüber. Dann glitt ihr Blick über die beiden Fenster.
    Ihre Nervosität hatte sich offensichtlich noch nicht gelegt.
    „Liebling, wir haben für eine Woche gebucht", protestierte Siegfried Gruber, „und wir sind erst drei Tage hier in Venedig."
    „Ich hatte mir unsere Hochzeitsreise anders vorgestellt." Sie merkte, daß sie mißverstanden werden konnte und griff nach seiner Hand. „Natürlich ist das alles traumhaft, Siegfried. Ein schöneres Hochzeitsgeschenk hätten wir uns gar nicht machen können. Aber dieser Mensch..."
    „Sag schon, was dich bedrückt, Christa!"
    Siegfried Gruber war vierundzwanzig Jahre alt, seit einer Woche mit Christa verheiratet, war Mathematiker und arbeitete im Rechenzentrum einer Computerfirma in Süddeutschland. Er war ein völlig rational eingestellter Mensch, für den alles berechenbar war. Verliebt sah er seine junge Frau an, die in ihrem ärmellosen, Sommerkleidchen zauberhaft aussah. Sie war einen halben Kopf kleiner als er, schlank und hatte langes, aschblondes Haar. Christa war Kindergärtnerin und ein vom Gefühl gesteuerter Mensch. Sie war vier Jahre jünger als er und gab sich manchmal verspielt wie ein großes Kind.
    „Er ist fort", beruhigte Siegfried sie. Er merkte, daß sie noch immer Angst hatte.
    „Dieser Mann hat es auf uns abgesehen", sagte sie jetzt nachdrücklich. „Ich spüre das, Siegfried. Es geht etwas Unheimliches von ihm aus. Hast du nicht bemerkt, daß er eine spürbare Kälte ausstrahlte?"
    „Könnte schon sein", erwiderte er vorsichtig, um sie nicht zu verletzen. Natürlich hatte er nichts gespürt.
    „Was will dieser Mann von uns?" fragte sie nachdenklich.
    „Ich schlage vor, wir fahren morgen raus nach Murano", sagte er, um sie abzulenken. „Dort gibt's herrliche Glaswaren zu kaufen, Christa. Und falls dieser Typ uns noch einmal folgen sollte, werde ich unangenehm. Du brauchst wirklich keine Angst zu haben."
    Er ertappte sich dabei, daß nun auch er zu den Fenstern hinüberschaute; und er gestand sich ein, daß der elegant gekleidete Herr tatsächlich ein wenig unheimlich wirkte. Aber vielleicht hing das nur mit dem Viertel zusammen, das sie sich eben angesehen, hatten. Die sehr engen Gassen und schmalen Kanäle wurden von den Touristen nur selten aufgesucht. Sie waren im Verzeichnis der Reiseführer nicht besonders vermerkt. Doch gerade hier herrschte noch das echte und unverfälschte Leben der Venezianer. Es hatte ihn gereizt, quasi einen Blick hinter die Kulissen dieser Stadt zu werfen. Er wollte mehr sehen als nur die bekannten Palazzi, den Canale Grande und den Markusplatz. Insgeheim nahm er sich vor,
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