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0688 - Das Hohe Volk

0688 - Das Hohe Volk

Titel: 0688 - Das Hohe Volk
Autoren: Claudia Kern
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weiter.
    Mitten hinein ins Chaos.
    ***
    »Ja!«, sagte er, den sie für das Hohe Volk hielten, triumphierend.
    Endlich wusste er, über welche Fähigkeit der Mensch verfügte!
    Er kannte die Weiße Magie, wusste, wie man Beschwörungen anwendet und Rituale zelebriert. Er war ein wahrer Magier.
    Es gab keinen Grund mehr, noch länger zu zögern. Alle drei waren bereit für die Maschine.
    Er drückte den Knopf, der dem Aufseher und dem Mechaniker signalisierte, dass sie den Raum zu verlassen hatten, und wartete einen Moment, um ihnen genügend Zeit zu geben.
    Ich will ihnen ja nicht die Illusionen nehmen , dachte er lächelnd.
    Er wusste nicht genau, welchen Spruch der Mensch angewandt hatte und was er bewirkte, aber da er kein Ungeheuer erschaffen hatte, bezweifelte er, dass es viel nützen würde. Die Maschine war schon mit ganz anderen Überraschungen fertig geworden.
    Er schob die Tür auf und betrat den Raum.
    Und sah in das Gesicht seines Mechanikers.
    ***
    Cylas wollte auf die Knie fallen, um seinen Respekt vor dem Hohen Volk zu bezeugen, aber der Anblick, der sich ihm bot, lud nicht dazu ein.
    Vor ihm stand ein kleiner dicker Mann, der ebenso überrascht aussah wie Cylas selbst. Kein Lichtwesen, kein Monstrum, kein Gigant - nur ein ganz normaler Mensch.
    Der Mann fing sich schneller als Cylas.
    »Jetzt bist du wohl enttäuscht, Mechaniker.«
    »Ja«, antwortete Cylas automatisch.
    Der Mann lächelte. »Siehst du, das ist der Grund, warum man seinen Göttern niemals begegnen sollte. Wir sind wie du, Kleingläubiger. Glaubst du, das wahre Hohe Volk hätte ausgesehen wie ein Gott?«
    »Ich weiß nicht.«
    Er wusste es auch nicht, aber das konnte er nicht zugeben! »Nein!«, brüllte er deshalb. »Sie waren einfache Menschen, die nur mehr wussten und ihre Fähigkeiten gesteigert hatten. Deshalb bin ich ein Gott! Weil ich stärker bin als du und mehr weiß! So, und jetzt stell die Maschine auf die Fähigkeiten ein, die ich dir nennen werde.«
    »Das ist nicht nötig«, antwortete Cylas leise. »Ich habe sie auf ihre ursprünglichen Einstellungen zurückgesetzt. Sie überträgt wieder alle Fähigkeiten, die eingegeben werden.«
    Er setzte sich auf eine der Liegen. »Vielleicht werde ich dich doch nicht töten«, sinnierte er leise.
    Er legte sich hin und wartete.
    An seinen Mechaniker verschwendete er keinen Gedanken mehr.
    ***
    Die Eindrücke stürmten auf Zamorra ein. Es war, als würde er in seine eigenen Gedanken blicken. Er versuchte, sich von den anderen abzugrenzen, aber das war fast unmöglich.
    Er kannte es von früheren Bewusstseinsverschmelzungen her, aber das hier war dennoch völlig anders. Bei den anderen Aktionen waren sie alle weißmagisch veranlagt gewesen. Das hier, dieser Zusammenschluss unterschiedlicher, genauer gesagt gegensätzlicher magischer Kräfte, war auch für Zamorra neu, und er wusste nicht, wie er sich gegen Überlappungseffekte wehren konnte. Er wusste nur, dass ihnen in ihrer Lage nichts anderes übrig blieb, diese Form eines Zaubers zu bewirken. Denn was sonst hätten sie noch tun können?
    Die mentale Vereinigung war beinahe erschütternd.
    Zamorra spürte Kooranovians Hass, als wäre er sein eigener. Bilder, die an den Vietnamkrieg erinnerten, zogen an seinem geistigen Auge vorbei. Die Tiger nannten sich Kjinzho, und sie kämpften gegen eine menschliche Kriegsmaschinerie, die unaufhaltsam alles niederwalzte, was sich ihr in den Weg stellte.
    Er wandte sich schaudernd ab.
    In Fu Longs Geist sah er die Flucht aus dem einstürzenden Bergwerk. Er war mit seiner Familie tatsächlich durch einen zweiten Schacht entkommen, den Zamorra damals wohl nicht gesehen hatte. Er spürte den stillen Triumph des Vampirs und sah sich selbst durch dessen Augen.
    Zamorra wollte sich an die Absprache halten und nicht in den Gedanken der anderen spionieren, aber er wusste nicht, wie. Irgendwie glitt er automatisch in die Bewusstseinsbilder hinein, und er konnte nicht einmal sagen, ob das bei dieser Form von gekoppelter Magie normal war oder nicht. Ungewollt sah er in Fu Longs Geist einen Plan, zu dem auch er selbst gehörte, und das riesenhafte Antlitz des uralten chinesischen Vampirs Kuang-shi. Zamorras Handgelenk schmerzte plötzlich. Er sah eine Frau mit spitzen Eckzähnen und einen Mann mit dem Kopf eines Pavians.
    Waren das seine Erinnerungen?
    Oder die des Vampirs…?
    Oder…?
    Erneut wandte Zamorra sich ab, versuchte die Kontrolle über seine Gedanken und seinen Körper zu bekommen.
    Diesmal
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