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068 - Der Vampir und die Taenzerin

068 - Der Vampir und die Taenzerin

Titel: 068 - Der Vampir und die Taenzerin
Autoren: Marilyn Ross
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dürfen sie nun im Tode Seite an Seite ruhen, bis in alle Ewigkeit.
    Langsam, Schritt für Schritt, zog sie sich zurück. Am liebsten wäre sie zu Barnabas geeilt, um ihm von dem verwüsteten Grab zu berichten. Aber er hatte es ja so eindeutig klargemacht, daß er tagsüber nicht gestört werden wolle. Was blieb ihr übrig, als mit ihren Ängsten und Befürchtungen allein fertig zu werden, bis der Mann, dem sie so sehr vertraute, sie nach der Probe abholte.
    Diana betrat die Kapelle und fröstelte in der klammen Kälte. Ein Schatten fiel über die Bühne, und für einen entnervenden Moment hatte sie den Eindruck, ein Mensch baumle von einem Dachsparren. Vor hundert Jahren hing Anya Collins so, fuhr es ihr durch den Sinn. Und nun ruhen ihre Gebeine nur ein paar Meter entfernt unter der Erde. Sie stockte einen Augenblick. Erst als sich ihre überreizten Nerven beruhigt hatten, begab sie sich hinter die Bühne. Es dauerte eine Weile, ehe sie sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatte und die Koffer entdeckte. Um die Kostüme jedoch richtig begutachten zu können, benötigte sie besseres Licht. Erst versuchte sie, die Koffer auf die Bühne zu zerren, aber sie waren viel zu schwer. Danach nahm sie die Kostüme bündelweise aus dem ersten und zweiten Koffer und sortierte sie vor der Kulisse. Als sie gerade den Deckel des dritten zurückschlug, vernahm sie ein Knarren hinter sich. Sie war vor Angst wie gelähmt und wagte nicht den Kopf zu wenden. Was folgte, war noch entsetzlicher. Ein Geruch von Moder drang in ihre Nase. Ihre Nerven gaukelten ihr das Bild einer aus dem aufgeworfenen Grab entstiegenen grauenerregenden Gestalt vor, die nun hinter ihr stand und auf sie losspringen würde, sobald sie sich bewegte.
    Was ihre panische Angst noch erhöhte, war heftiges Atmen direkt hinter ihr. Sie wollte schreien, aber ihre Stimme gehorchte nicht. Und da schlug das furchtbare Monster zu. Rauhe Hände umklammerten sie wie eiserne Zangen, drehten sie herum und schoben sie vor sich her, weiter ins Dunkel hinter der Bühne.
    Der Bann des Grauens war gebrochen. Diana schrie auf und wehrte sich verzweifelt, aber sie kam nicht gegen den unbarmherzigen Griff an. Plötzlich tat sich der Boden unter ihren Füßen auf, und sie fiel in eine undurchdringliche Finsternis, während über ihrem Kopf etwas mit einem betäubenden Knall zuschlug.
    Ein paar entsetzliche Minuten glaubte sie, auf übernatürliche Weise in die Tiefe eines Grabes befördert worden zu sein, weit unter die Erde ins Reich der Toten. Hier bei den grinsenden Totenschädeln und den morschen Gebeinen sollte sie elendiglich ihr Leben aushauchen.
    Als die Vernunft wieder Oberhand gewann, schloß sie, in einem Keller der Kapelle zu sein. Jemand mußte sie durch eine Falltür gestoßen und diese hinter ihr zugeschlagen haben. Mit dieser Erkenntnis kam die Gewißheit, daß ihr Angreifer ein Mensch war. Jemand, der sich vermutlich in dem Keller versteckt hielt, als sie hinter die Bühne kam. Jemand, der befürchtete, an einem Ort gesehen zu werden, wo er nichts zu suchen hatte, und der sich nur auf diese drastische Weise vor einer Entdeckung zu schützen glaubte.
    Sie versuchte aufzustehen, mußte jedoch geduckt nach der Falltür tasten. Ehe sie diese entdeckt hatte, hörte sie Schritte auf dem Holzboden der Bühne. Mit der Kraft der Verzweiflung schlug sie mit bloßer Faust gegen die Decke und schrie laut um Hilfe.
    Die Falltür wurde aufgerissen, und zwei Hände zogen sie auf die Bretter. Eine verwunderte Stimme fragte: „Was haben Sie denn da unten gesucht?“
    Diana erkannte Stefan Emmon. In einer Mischung aus Niedergeschlagenheit und Ärger fauchte sie ihren Retter an. „Meinen Sie vielleicht, ich wäre zum Vergnügen da unten gewesen?“
    Der junge Mann mit dem langen Haar und den mürrischen Zügen blickte interessiert in das wenig einladende Kellerloch. „Wie sind Sie überhaupt hineingekommen?“
    „Jemand hat mich überfallen und hinuntergestoßen“, sagte sie wütend.
    Stefan ließ die Falltür einschnappen. Dann drehte er sich zu ihr um. „Haben Sie gesehen, wer es war?“
    „Nein, natürlich nicht. Jeder könnte es gewesen sein. Sie auch.“
    Der Komponist runzelte die Stirn. „Schönen Dank bekomme ich nun dafür, daß ich Sie aus dem Loch befreit habe.“
    „Oh, es tut mir leid“, sie wischte sich die Tränen ausgestandener Angst und Wut aus den Augen. „Ich benehme mich hysterisch.“
    Er ging nicht darauf ein. „Was sollen eigentlich die ganzen Kostüme
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