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068 - Der Vampir und die Taenzerin

068 - Der Vampir und die Taenzerin

Titel: 068 - Der Vampir und die Taenzerin
Autoren: Marilyn Ross
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und vergnügt sich. Roxanna ist die Begehrteste. Alle jungen Männer reißen sich um sie, und sie flirtet mit jedem.“
    „Das ist also Mavis’ Rolle“, warf Maggie ein.
    „Richtig. Mavis, das heißt Roxanna, hält die jungen Burschen zum Narren und amüsiert sich köstlich. Da erscheint plötzlich ein Fremder auf dem Fest. Er ist ein so düsterer Gesell, daß die ganze Fröhlichkeit wie weggewischt ist und außer Roxanna alle zu tanzen aufhören. Das Mädchen aber, das Mavis darstellt, hat keine Angst vor diesem seltsamen Eindringling.“
    „Wer ist dieser Fremde?“ fragte David atemlos.
    „Das eben ist das Geheimnis“, sagte Diana lächelnd. „Peter Norrad spielt seine Rolle. Er tanzt mit dem Mädchen. Es ist ein wilder, ungestümer Tanz, der eine lange Zeit dauert. Das ist übrigens eine wundervolle Szene für Peter und Mavis. Dann wirft der Fremde seinen Mantel um das Mädchen, und die beiden tanzen in die Nacht hinaus und verschwinden schließlich.“
    „Ist das das Ende des Stückes?“ fragte Carolyn.
    „O nein. Es gibt noch einen zweiten Akt. Roxanna kommt am nächsten Morgen als alte Frau zurück. Keiner ihrer jungen Bewunderer erkennt sie mehr. Sie halten sie für eine verrückte Greisin. Roxanna ist verzweifelt. Aber da erscheint dieser junge Mann, der sie wirklich liebt. Er wird von Alex Carter dargestellt. Er weiß sofort, wer sie ist. Er nimmt sie in seine Arme und küßt sie. Da kehren ihre Jugend und Schönheit zurück. Das beste daran aber ist, daß es für sie nun nur noch ihn gibt. Und die Geschichte endet damit, daß das ganze Dorf tanzend ihre Verlobung feiert.“
    „Wie schön!“ rief Maggie aus.
    „Warten Sie, bis Sie uns tanzen gesehen haben“, sagte Diana und lachte. „Aber Sie müssen mich jetzt entschuldigen, die Probe beginnt.“
    Diana kam gerade rechtzeitig für ihren Auftritt in die Kapelle. Einen Moment später wirbelte sie bereits mit den anderen über die Bühne. Stefan Emmon hieb mit verbissener Miene auf die Klaviertasten ein und beobachtete gleichzeitig die Tänzer.
    Er ist so sensibel, dachte Diana. Es fehlt sicher nicht viel, dann explodiert er.
    Aber Mary ließ ihr keine Zeit zu weiteren Grübeleien. Die alte Dame war höchst unzufrieden. „Ihr tanzt wie schwerfällige Ochsen!“ war ihr Kommentar. Sie drillte die Truppe und kommandierte sie herum wie ein Feldwebel, bis endlich nach anstrengenden Stunden alles einigermaßen zu ihrer Zufriedenheit ausfiel.
     

     
    Zurück im Herrenhaus, besprach Diana die Kostümfrage mit Mary, die es sich auf dem Sofa in ihrem Zimmer bequem gemacht hatte. „Ich habe die Koffer mit den ganzen Requisiten bereits hinter der Bühne abstellen lassen. Wenn Sie wollen, können Sie ja heute nachmittag nachsehen, wie es mit den Kostümen aussieht. Möglicherweise müssen wir noch einiges bestellen, ehe die Aufführungen beginnen.“
    „Gut“, erklärte sich Diana bereit. „Wenn Sie mir die Kofferschlüssel geben, mache ich mich gleich auf den Weg.“
    Es war ein heißer Nachmittag, die Sonne meinte es nur allzugut. Diana war deshalb froh, in den Schatten der efeuumrankten Kapelle zu kommen. Erst jetzt kam ihr Barnabas’ Hinweis auf die Grabstätten hinter der Kapelle wieder in den Sinn. Da nichts sie drängte, beschloß sie, den alten Friedhof zu besichtigen. Er machte einen sehr vernachlässigten Eindruck, offensichtlich hatte sich seit Jahren niemand mehr darum gekümmert. Gras und Unkraut wucherte über den Gräbern und auf den Wegen, Moos verbarg die Inschriften auf den windschiefen Grabsteinen.
    Wie immer auf Friedhöfen, fühlte Diana sich von den erloschenen Augen der für die Ewigkeit Schlummernden beobachtet. Sie versuchte die Namen auf den Steinen zu entziffern, als sie plötzlich vor einem halb geöffneten Grab stand. Erschrocken zuckte sie zurück, und bei der Entdeckung, daß dies die letzte Ruhestätte Mario Renzies war, wuchs das Entsetzen. Auf seinem Grabstein war die Inschrift deutlich zu erkennen.
    Ihre Augen weiteten sich vor Angst. Hatte der Geist des Seemanns sich aus dem Sarg befreit, um gestern nacht die Glocke zu läuten? Sie hatte noch keinem gegenüber etwas davon erwähnt. Erst wollte sie es Barnabas erzählen, weil sie fürchtete, bei den anderen auf Unglauben zu stoßen.
    Entsetzt starrte sie immer noch auf das geschändete Grab. Es war ihr, als hielte etwas sie fest. Es war Anyas Grab. Irgendwie erleichtert dachte Diana: wenn man ihnen im Leben auch das Recht versagt hatte, Mann und Frau zu sein, so
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