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0664 - Der Vampir von Denver

0664 - Der Vampir von Denver

Titel: 0664 - Der Vampir von Denver
Autoren: Claudia Kern
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beschränkt. Und da Vampire weder aßen noch in Betten schliefen, gehörten diese Dinge nicht dazu.
    Zamorra trat ans Fenster und sah unter sich die kleine Gasse, in der er und Nicole noch vor wenigen Stunden um ihr Leben gekämpft hatten. Beinahe hätte er das Stück Papier übersehen, das vor dem Fenstersims auf dem Boden lag. Er hob es auf und betrachtete stirnrunzelnd die Symbole, die jemand handschriftlich darauf gezeichnet hatte. Das Papier schien Teil einer Landkarte zu sein, so viel konnte er erkennen, aber die Bedeutung der Schriftzeichen blieb ihm verborgen.
    Trotzdem hatte er jetzt einen Anhaltspunkt.
    Der Parapsychologe ging zurück zum Taxi und ließ sich auf den Rücksitz fallen.
    »Wohin jetzt?« fragte der Schwarze, während er hektisch das Fenster öffnete und einen halb gerauchten Joint unauffällig aus dem Wagen fallen ließ.
    Zamorra seufzte leise. Normalerweise hätte er sich von einem unter Drogen stehenden Fahrer nicht befördern lassen, aber im Moment boten sich ihm keine Alternativen. Also beugte er sich vor und reichte dem Schwarzen das kleine Stück Karte. »Wenn Sie mir sagen können, wo das ist und mich dahin bringen, ohne daß wir verhaftet werden oder in irgendeinem Straßengraben landen, bleibt die kleine, illegale Episode, die sich hier gerade abgespielt hat, unter uns. Wie sieht's aus?«
    Der Fahrer räusperte sich nervös und betrachtete den Papierfetzen. »He, Mann, das ist doch ein Witz, oder?«
    Aber Zamorra lachte nicht.
    ***
    Fu Long trug die schlafende Jin Mei tiefer in die alten Bergwerksstollen. In ihrem Körper spielten sich dramatische Veränderungen ab. Es würde nach ein wenig dauern, bis sie gestärkt aus ihrem Schlaf erwachte und bereit war, sich ihrer neuen Existenz zu stellen.
    Fu Long drängte sie nicht.
    Sie hatten alle Zeit der Welt.
    Der Vampir ging sicher die Gänge entlang, die vor langer Zeit mit Dynamit und Spitzhacken in den Berg getrieben worden waren. Er gab sich seinen Erinnerungen hin. Die Menschen hatten hier Gold vermutet, aber außer ein wenig Eisenerz hatten sie nichts gefunden.
    Und so war die Mine verlassen worden. Zumindest für kurze Zeit, bevor sie der Unterschlupf der neu gegründeten Familie von Colorado geworden war, zu der auch Fu Long gehörte. Gemeinsam mit seinen Brüdern und Schwestern hatte er die langen Nächte hier verbracht und auf die Rückkehr des Oberhauptes Alexander Lewis gewartet, der sie alle geschaffen hatte. Er ließ es nicht zu, daß sie selber jagten, wollte sie ständig unter Kontrolle haben. Bis zu dem Tag, an dem Fu Long ihm einen Pfahl durch das untote Herz trieb und floh. Seine Geschwister blieben zurück, zu verängstigt, um sich dem Leben an der Oberfläche zu stellen. Er war sicher, daß sie noch immer hier unten waren, verloren in einem todesähnlichen Schlaf, der Vampire überkam, wenn sie zu lange ohne Blut auskommen mußten.
    Fu Long lächelte. Zumindest die meisten Vampire…
    Zielsicher bog er in einen Stollen ein. Seine Augen leuchteten auf.
    Vor ihm lag die natürliche Höhle, die ihnen damals als Zuhause gedient hatte. Darin, halb verdeckt von Staub und Spinnweben, ruhten seine Geschwister.
    Fu Long legte Jin Mei sanft auf den Boden und ging zu ihnen. Sorgfältig befreite er sie von den Spuren des langen Schlafs und hockte sich zwischen ihre Körper. Mit einer schnellen Bewegung riß er die Ader in seinem Handgelenk auf, mit der er auch schon Jin Mei ihre untote Existenz verliehen hatte, und ließ das Blut in die Gesichter seiner ehemaligen Geschwister fallen.
    »Trinkt«, rief er triumphierend und zählte ihre Namen auf, an die er sich erinnertem, als sei er erst gestern fortgegangen. »Trinkt und werdet meine Kinderl«
    Um ihn herum erwachten die Vampire mit leisen Seufzern. Ihre Gelenke knirschten, als sie zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten benutzt wurden. Rot leuchtende Augen öffneten sich und suchten nach ihrem Herrn.
    Zehn Vampire erwachten in der großen Höhle und knieten ehrfürchtig vor Fu Long nieder.
    »Beginnt die Beschwörung«, ordnete ihr neues Oberhaupt an.
    Und sie gehorchten.
    ***
    »Na ja, normalerweise kriegt man in Chinatown nie eine Fahrt«, erzählte der Schwarze, während er mit überhöhter Geschwindigkeit die schmale Landstraße entlang raste. »Die teilen sich die Chinesen untereinander auf. Da hast du keine Chance. Aber heute Abend ist es cool. Ich hab' schon mehr verdient als an manchen Wochenenden.«
    Zamorra ließ ihn reden. Der Fahrer hatte gezeigt, daß er seinen Job
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