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0664 - Der Vampir von Denver

0664 - Der Vampir von Denver

Titel: 0664 - Der Vampir von Denver
Autoren: Claudia Kern
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aber selbst ein Wahnsinniger konnte noch eine Menge Schaden anrichten…
    Qian sagte etwas auf chinesisch, und die beiden Männer, die Nicole festhielten, setzten sich wieder in Bewegung. Sie ließ sich mitschleifen, tat so, als sei sie unter der Belastung völlig zusammengebrochen. Innerlich spannte sie sich an. Sobald sie aus dem Gang heraus waren und sie mehr Bewegungsfreiheit hatte, wollte sie angreifen.
    Qian öffnete eine Tür. Nicole hörte dunklen, monotonen Gesang und wurde von den beiden Männern in den Raum geschoben.
    Ihr stockte der Atem.
    Sie stand in einer großen Halle, deren Wände mit schwarzen Stoffen verhängt waren. Fackeln erhellten notdürftig den Raum. Um sie herum saßen Hunderte von Menschen im Schneidersitz auf dem Steinboden und murmelten eine dunkle Melodie. Ihre Augen waren leer, und sie schienen nicht wahrzunehmen, was um sie herum vorging. Sie alle trugen weiße Kleidung - weiß, die chinesische Farbe der Trauer. Zwischen ihnen lagen einige Teppiche. Sie bildeten einen Weg, der bis zum Ende der Halle führte. Er endete vor einem offenen Sarg, der an der Wand lehnte.
    Nicole schluckte. In dem Sarg lag eine Kreatur in einer reich verzierten chinesischen Robe. Das Gesicht und die Hände waren mit dichtem weißen Fell bedeckt. Die gelblichen Fingernägel waren wie Spiralen in sich gedreht und mehr als einen Meter lang. Sie schwangen langsam hin und her. Der Kopf des Wesens war schmaler als der eines Menschen, und die Fangzähne ragten wie die eines Säbelzahntigers weit über die Lippen hinaus.
    Auf einem Bild hätte Kuang-shi völlig lächerlich ausgesehen, dachte Nicole. In der Realität strahlte er jedoch eine solche Aura des Terrors aus, daß sie eine aufsteigende Panik nur mühsam niederkämpfen konnte. Er war unglaublich mächtig.
    Qian und Chang setzten ihre Kapuzen auf und gingen mit gesenkten Köpfen auf den Sarg zu. Der Gesang der wartenden Menschen wurde lauter.
    Nicoles Bewacher hielten mit aller Kraft ihre Arme fest und zogen sie auf den Dämon zu. Offenbar befürchteten sie, daß im letzten Moment noch etwas schiefging.
    Womit sie recht hatten.
    ***
    Mors schwebte über dem Backsteingebäude und betrachtete mit zusammengekniffenen Augen die deutliche magische Spur, die Fu Long hinterlassen hatte. Warum hat er seine Aura nicht abgeschirmt? fragte sich der Killer. Fu Long war doch sonst so vorsichtig. Und wer war der zweite Vampir, der bei ihm war? Die Aura war noch schwach, so als sei der Vampir gerade erst erschaffen worden. War das möglicherweise Fu Longs Geheimnis? Hatte er gar keine Familie?
    Mors knurrte leise. Wenn der Vampir ihn zum Narren gehalten hatte, würde sein Tod Jahrhunderte dauern.
    Er schwang sich hoch in den Nachthimmel und folgte der Spur, die in die Berge führte.
    Hätte er noch einen Moment länger gewartet, wäre ihm aufgefallen, daß ein Taxi direkt neben dem Geschäft hielt und der zweite seiner Todfeinde ausstieg.
    Aber dafür flog der Killer zu schnell…
    ***
    »Warten Sie hier bitte«, sagte Zamorra zu dem Taxifahrer und öffnete die Tür. »Es dauert nur ein paar Minuten.«
    Der Schwarze schüttelte den Kopf. »Und wer sagt mir, daß Sie zurückkommen?«
    Der Dämonenjäger drückte ihm einige Dollarscheine in die Hand.
    »Steigert das Ihr Vertrauen in meine Ehrlichkeit ein wenig?«
    Der Fahrer grinste. »Wenn die echt sind.«
    Zamorra schloß kommentarlos die Wagentür und ging zu Fu Longs Geschäft. Alles war dunkel. Er wollte anklopfen, aber die Tür schwang unter seiner Hand auf. Vorsichtig trat er ein und stutzte. Die Kampfspuren waren unübersehbar. Kurz überlegte der Dämonenjäger, ob er eine Zeitschau durchführen sollte, entschied sich aber dagegen. Er konnte es sich momentan nicht leisten, noch mehr Kraft zu verlieren.
    Zamorra nahm einen den beiden Blaster, die er unter der Jacke verborgen hatte, heraus und schaltete ihn von Betäubung auf Laser um. Erst dann stieg er die schmale, leise knarrende Holztreppe zum ersten Stock hoch.
    Dort sah es aus, als habe eine Granate eingeschlagen. Überall lag Schutt. Dreck und kleine Steine hatten sich zwischen den Holzbohlen festgesetzt und knirschten unter Zamorras Schritten. Er betrat vorsichtig die kleine Wohnung, knipste das Licht an und sah sich um. Von den Trümmern abgesehen, war sie sehr ordentlich und fast spartanisch eingerichtet. Ein Schreibtisch, ein Stuhl, ein Schrank, das war alles. Es gab weder ein Bett noch eine Kochgelegenheit. Fu Long hatte sich anscheinend auf das Nötigste
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