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0641 - Grabgesang

0641 - Grabgesang

Titel: 0641 - Grabgesang
Autoren: Werner Kurt Giesa
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durch die Gräberreihen auf sie beide zu…
    ***
    Ein Flugzeug donnerte über Eva hinweg. Unwillkürlich duckte sie sich; die tieffliegende Maschine dröhnte ohrenbetäubend. Noch, als der Militärjet längst am Horizont verschwunden war, klingelten Eva die Ohren.
    Die Straße, auf der sie sich befand, war viel breiter geworden. Es gab Fahrbahnmarkierungen, und Autos jagten mit hohem Tempo in beiden Richtungen an Eva vorbei. Der Fahrtwind zerrte an ihrem dünnen Kleid.
    Sie wich zurück auf den Grünstreifen neben der Straße. Wieder konnte sie nicht sagen, wo und wann sie sich befand. Sie verstand zu wenig von Autos, um sagen zu können, welcher Epoche sie zugehörten. Aber sie wirkten sehr zeitnah. Einige fuhren in extrem dichtem Abstand voneinander mit sehr hoher Geschwindigkeit; sie schienen irgendwie miteinander verkoppelt zu sein. Als sie abbremsten, taten sie es ebenfalls alle in der gleichen Sekunde, so daß der Abstand zwischen ihnen immer genau gleich blieb.
    Ein einzeln fahrendes Auto hielt neben Eva an. Die Scheibe in der Beifahrertür, eben noch völlig plan, zeigte plötzlich dünne Querlinien, faltete sich an diesen zusammen und sank flach auf die Türkante herunter. Eine junge Frau mit grün, gelb und violett gefärbten Haarsträhnen beugte sich herüber. »Wohin soll's gehen, Großmütterchen?«
    »Großmütterchen?« fuhr Eva auf. »Ich bin gerade mal…« Sie verstummte. Wie alt war sie überhaupt wirklich? Sie sah aus wie 17 oder 18, aber das konnte auch täuschen.
    »Na, immerhin trägst du doch Großmütterchens Küchenkleid«, lachte die Bunthaarige. »Seit wie vielen Jahren ist so was eigentlich schon aus der Mode? Na komm, steig ein.«
    »Ich muß nach Broceliande«, sagte Eva. »Wenn Sie dorthin unterwegs sind…«
    »Ich weiß nicht mal, wo das liegt, Kindchen«, sagte die Bunthaarige. »Aber in dieser Zeit sollte niemand einfach so allein Landstraßen zu Fuß benutzen. Kann mächtig Ärger bringen. Na, komm schon.«
    Die Autotür rollte sich ähnlich eigentümlich zusammen wie das Fenster.
    Eva machte einen Schritt auf das Auto zu.
    Und befand sich auf dem Friedhof.
    ***
    »Eva!« stieß Zamorra hervor. »Was, beim Schmatzohr der Panzerhornschrexe, tust du hier? Hat der MÄCHTIGE dich hierher gebracht?«
    Sie stoppte ihren Lauf.
    »Der MÄCHTIGE?« Sie war völlig durcheinander, mußte erst einmal damit klarkommen, daß sie auf diesem Friedhof Zamorra und Nicole vorfand.
    »Ein grau gekleideter, bärtiger Mann. Zumindest zeigt er sich äußerlich in dieser Gestalt.«
    »Ihr kennt ihn?«
    »Wir haben ihn gesehen, am Fort.«
    »Ihr seid also gekommen, um mich zu holen?« fragte sie leise. »Das erklärt dann wohl auch eure seltsame Kleidung. Aber mit eurem Auftauchen habe ich jetzt noch gar nicht gerechnet. Ich glaube auch nicht, daß es so funktionieren würde.« Dabei deutete sie auf die Zeitringe. »Denn sonst wäre es mir ja schon kürzlich gelungen, direkt wieder mit euch in die Gegenwart zu kommen. Ich weiß nicht, was da fehlgeschlagen ist. Aber immerhin - die Zeitkreise sind geschlossen.«
    »Falls nicht inzwischen neue geöffnet worden sind«, unkte Zamorra.
    Eva schüttelte den Kopf.
    »Wie seid ihr hierher gekommen?« fragte sie. »In diesen Alptraum, den ich jedesmal vor mir sehe, wenn ich die Augen schließe?«
    »Jetzt hast du die Augen offen«, sagte Nicole.
    »Jetzt bin ich ja auch hier angekommen. Und…« Sie starrte auf den Grabstein, vor dem die beiden anderen standen. »Angekommen«, wiederholte sie. »Aber hierher wollte er mich doch nicht bringen…«
    »Der MÄCHTIGE?«
    »Niemand«, sagte Eva leise und fügte dann hinzu: »Der Mann in Grau. Er nennt sich Niemand.«
    »Wie Odysseus bei den Zyklopen«, warf Nicole ein. »Netter Gag.«
    »Mein Name auf dem Grabstein«, murmelte Eva. »Tochter des Falken.«
    »Du kannst das lesen?« staunte Nicole.
    »Da ich Merlins Tochter bin… Ja. Ebenso, wie ich auch viele Sprachen beherrsche. Nur wann ich sie gelernt habe und wo, das entzieht sich, immer noch meiner Kenntnis. Mein Grab auf diesem Friedhof im Nebel am Ende der Welt… Nein, das ist nicht richtig.«
    Ich will nie sterben.
    Und schon gar nicht hier. »Den Blaster«, bat sie.
    »Bitte?« fragte Zamorra.
    »Ihr habt doch, bestimmt eure Strahlwaffen bei euch«, vermutete Eva. »Gebt mir eine davon.«
    Zamorra ahnte, was die Falkentochter beabsichtigte. Er händigte ihr seine Waffe aus. Eva stellte sie auf Lasermodus um, zielte beidhändig auf ihren Grabstein und
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