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0641 - Grabgesang

0641 - Grabgesang

Titel: 0641 - Grabgesang
Autoren: Werner Kurt Giesa
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reichte bis kurz vor das Fort. Wer es verließ, mußte schon sehr früh vom befestigten Weg abweichen und sich irgendwo seitwärts in die Büsche schlagen, um von Zamorra nicht bemerkt zu werden.
    Aber damit war eigentlich nicht zu rechnen. Die Wahrscheinlichkeit, daß Eva sich direkt seitwärts gewandt hatte, war viel zu gering. Natürlich, wenn sie es getan hatte, dann waren alle Mühen, sie zu bemerken und verfolgen zu können, für die Katz’…
    Am Fort selbst herrschte buntes Treiben. Soldaten kamen und gingen, Siedler, Händler, Jäger, Seeleute kamen aus der kleinen Ansiedlung in der Nähe des Forts, vom Hafen oder überall sonsther zum Fort und verschwanden anschließend irgendwann wieder. Ein wenig irritierend war natürlich der stetige Rückwärtslauf der Bilder.
    Nur von Eva war nichts zu sehen.
    Statt dessen bemerkte Zamorra in den Morgenstunden einen seltsamen Mann, an dem alles grau war, von der Kleidung bis zum Gesicht. Er ritt in das Fort, war aber bis zum späten Abend nicht zurückgekehrt. Er mußte also den ganzen Tag über dort geblieben sein.
    Zamorra spürte längst die erhebliche Anstrengung, die die Zeitschau ihm mittlerweile abforderte. Er war sehr weit vorgedrungen und würde nicht mehr lange durchhalten. Aber diesen grauen Mann mußte er sich näher ansehen!
    Er wußte selbst nicht, was ihn dazu brachte, sich ausgerechnet auf diesen Reiter zu konzentrieren. Aber von dem Mann ging eine seltsame Aura aus. Er schien mächtig zu sein…
    Unwillkürlich erhob Zamorra sich, wollte sich aus dem Gebüsch hervorarbeiten, um dem Reiter näher zu sein. Er hatte die zeitliche Bewegung des Amuletts fast vollständig gestoppt: die Zeitschau fand jetzt nur noch im Zeitlupentempo statt, nicht mehr als Zeitraffer.
    »Bist du wahnsinnig?« zischte Nicole. »Bleib in Deckung, verflixt! Sie entdecken dich und schießen dich ab, weil sie dich für einen feindlich gesinnten Indianer halten!«
    Sie zerrte an ihm, brachte ihn wieder in seine Deckung zurück.
    Zamorra fror das Amulett-Bild ein. Dann löste er seine Halbtrance.
    »Was sagtest du?« fragte er etwas irritiert.
    »Du warst gerade im Begriff, eine Riesendummheit zu machen und dich, beziehungsweise uns beide in Gefahr zu bringen«, erklärte Nicole.
    »Ich muß unbedingt herausfinden, wer oder was dieser graue Mann ist«, murmelte Zamorra.
    Jetzt war sie es, die nachfragte.
    Meist versuchte sie, sich telepathisch auf Zamorra einzustimmen und auf diese Weise mitzusehen, was er beobachtete. In diesem Fall hatte sie es aber für sinnvoller gehalten, ihr Augenmerk der realen Umgebung zu widmen.
    »Was ist nun mit Eva?« fragte sie.
    Zamorra schüttelte den Kopf. »Ich glaube, dieser Mann in Grau ist momentan wichtiger. Und ich habe das seltsame Gefühl, daß er irgend etwas mit Eva zu tun hat.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Da ist etwas an seiner Aura«, sagte Zamorra. »Er muß ein magisches Wesen sein, ähnlich wie Eva eines ist. Und es wäre doch ein zu großer Zufall, wenn sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an ein und derselben Stelle gleich zwei magische Wesen aufhielten, ohne daß das in irgendeinem Zusammenhang stände.«
    »Und wie willst du nun an ihn herankommen?« fragte Nicole.
    »Wir ziehen uns erst mal von unserem Beobachtungsposten zurück«, entschied Zamorra. »Er hat den Weg benutzt, ganz normal, also werden wir ihn auf diesem Weg auch weiter vom Fort entfernt finden können, denke ich. An einer sicheren Stelle, wo man uns von den Wachtürmen aus nicht mehr bemerken kann, werde ich noch einmal die Zeitschau durchführen. Diesmal ist es ja einfacher, da ich bloß an den Zeitpunkt zurückzugehen brauche, an dem ich das Bild ›abgespeichert‹ habe.« Das langsame und kräftezehrende Herantasten an den richtigen Moment konnte er sich in diesem Fall ersparen und sich im ›Schnelldurchlauf‹ zum richtigen Zeitpunkt ›begeben‹.
    Es dauerte über eine Stunde, bis sie sich vorsichtig aus der Sichtweite der Wächter entfernt hatten. Auch wenn es dunkel war und sie auch dunkle Kleidung trugen, konnte eine unvorsichtige Bewegung sie trotzdem verraten. Vor allem, wenn sie versehentlich Tiere aus ihrer Nachtruhe aufschreckten.
    Aber dann hatten sie es geschafft.
    Nicole streckte sich. »Endlich kann man sich wieder frei bewegen«, stöhnte sie leise. »Dieses Kriechen und Schleichen ist auf Dauer nichts für mich. Ich werde nie verstehen, wie Winnetou und Old Shatterhand das immer geschafft haben, zumal, wenn sie sich manchmal nur auf Zehen-und
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