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061 - Im Reich der Tausend

061 - Im Reich der Tausend

Titel: 061 - Im Reich der Tausend
Autoren: Ronald M. Hahn
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benennen.
    Die überlebenden der zaristischen Armee, ein halbes Dutzend Uniformierte, stimmten ein schreckliches Gebrüll an, schwenkten ihre Waffen und wünschten den faschistischen Okkupanten die Pest an den Hals. Fjodoor der Gütige stand totenbleich und von unaussprechlichem Schrecken gepackt auf der Straße, bis Lejtenant Iwaan ihn am Kragen packte und in einen Hauseingang zerrte.
    Als Matt zur Bibliothek hinüberschaute, war die Straße bis auf den drohend aufragenden Panzer leer. Doch nun rasselte langsam das zweite Kettenfahrzeug durch den Torbogen.
    Matt musste handeln, bevor die Gewalt erneut eskalierte. Er schaute sich rasch um, fand einen ehemals weißen Fetzen Stoff und hob ihn auf. Er hob ihn hoch, damit man ihn als Unterhändler erkannte und lief - von den erschreckten Schreien Aruulas und der anderen verfolgt - den Panzern entgegen. In ihrer Umgebung hoffte auf mehr Vernunft zu stoßen als in der Gegenrichtung.
    Zu seiner großen Erleichterung schienen die Deutschen die Genfer Konvention noch in Ehren zu halten, denn keine Kugel durchschlug seine Brust. Am Torbogen angekommen, erblickte er Oberst Kevin, Hauptmann Tom und fünf oder sechs Uniformierte. Der Rest der Yukonier-Truppe schien in den Panzern zu sitzen.
    »Ich muss mit euch reden«, ächzte Matt, außer Atem durch den schnellen Lauf.
    »Du sprichst Deutsch?«, staunte Hauptmann Tom Nanuuk.
    »Wie meine Muttersprache.«
    »Aber vorhin hast du doch behauptet…«
    »Es war ein Trick«, unterbrach ihn Matt. »So wie ihr mir verschwiegen habt, dass euch Aruula längst entwischt war. Das spielt auch keine Rolle mehr. Ich denke, die Lage hat sich grundlegend verändert, oder?«
    »Das kann man wohl sagen«, gab Kevin Hartwig zu. »Trotzdem möchte ich wissen, wer, zum Teufel, du überhaupt bist!«
    »Commander Matthew Drax, ehemals US Air Force«, erwiderte Matt schnell. »Ich gehöre nicht zu diesem Verein von Rotjacken - Aruula und Aiko übrigens auch nicht. Ich wollte die beiden bloß befreien, damit wir uns aus dem Staub machen können.«
    »Wir haben von der US Air Force gehört«, sagte Kevin Hartwig. »Ich hätte nicht geglaubt, dass es die noch gibt.«
    »Es gibt sie nicht mehr.« Matt deutete die Straße hinunter. »Aber auch das ist jetzt unwichtig.« Er kratzte sich an der Nase. »Ich weiß nicht, was mich dazu treibt, Oberst… vielleicht die alte Waffenbrüderschaft unserer Länder in früheren Zeiten… Ich möchte Blutvergießen vermeiden. Ich hab unter diesen Irren ein paar wirklich patente Leute kennengelernt.«
    »Wer sind diese Clowns?«, fragte Kevin Hartwig und lugte um die Ecke des Torbogens.
    »Sie sehen aus wie 'ne Kompanie der RCMP.«
    »Es sind Russen«, sagte Matt. »Das heißt, sie halten sich für Russen. Die meisten sind Kanadier, aber sie habens vergessen.«
    Er lachte kurz. »Ihre herrschende Klasse stammt von einem russischen Mafia-Gangster ab. Er hat sie nach seinem Geschmack geformt. Ihr System ist eine wüste Mischung aus Zarenreich und KGB. Der Herrscher ist aufgrund generationenlanger Inzucht debil und seine Elitetruppen vermutlich auch. Das Reich der Tausend bricht langsam auseinander und das gemeine Volk hat die Nase voll von seinem Herrscher. So schaut's aus…«
    Kevin Hartwig schaute Hauptmann Nanuuk an, und dieser sagte: »Du bist verdammt offen, Matthew Drax.« Er wandte sich an Hartwig. »Ich schlage vor, dass wir ebenso offen sind. Was denkst du, Kevin?«
    Kevin Hartwig seufzte. »Ist wohl besser so.« Sein Blick richtete sich auf Matt. »Auch wir sind ziemlich am Ende. Wir haben kaum noch Treibstoff. Camp Bismarck, unser Stützpunkt, ist dem Untergang geweiht. Die Pipeline, die wir vor fünfhundert Jahren angezapft haben und die uns mit Energie versorgte, ist vor anderthalb Jahren versiegt. Die Ölvorräte reichen vielleicht noch zwei, drei Jahre. Dann können wir auch keinen synthetischen Fraß mehr produzieren.«
    »Aber was soll das Gerede, ihr wärt Yukonier?«, hakte Matt nach.
    Tom Nanuuk grinste schief. »Das ist eine List«, gab er zu. »Mit einem Königreich wie Yukonia in der Hinterhand kann man natürlich ganz anders verhandeln als mit einem kleinen Stützpunkt. Außerdem bringen wir unsere Gegner damit auf die falsche Spur, falls wir sie… äh… irgendwie verärgern.«
    Matt war längst klar geworden, dass Hartwig und seine Bande nicht mehr waren als technisch versierte Hasardeure, und er konnte sich vorstellen, worauf die Umschreibung
    »irgendwie verärgern« hinauslief.
    Auch Oberst
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