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061 - Im Reich der Tausend

061 - Im Reich der Tausend

Titel: 061 - Im Reich der Tausend
Autoren: Ronald M. Hahn
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sehr finster aus für uns alle.«
    Der Ausdruck in Aikos Augen wurde immer fragender. »Du wirst mir eine Menge erklären müssen, Matt«, brummte er. »Eine ganze Menge!«
    »Ihr müsst euch uns anschließen!«, sagte Aljooscha in einem beschwörenden Tonfall.
    »Wir haben auf Verbündete wie euch gewartet! Nur ihr seid den Yukoniern ebenbürtig.«
    »Ganz genau«, bestätigte Nikolaai mit einen Nicken. »Fjodoor der Gütige ist ein Durak.«
    »… ein Depp.« Stepaan nickte. »Und auch unsere so genannten Experten können nicht mal mehr zählen bis drei. Wir brauchen jemanden, der uns anführt in diesem Krieg. Jemanden wie dich, Maddrax!« Matt schaute in die Runde. »Wisst ihr, was ich glaube?«
    Plötzlich stand ihm die Lösung des ganzen Dilemmas greifbar vor Augen. »Oberst Kevin Hartwig und seine Leute sind genau das, was ihr braucht, um euer Reich auf Vordermann zu bringen. Eigentlich solltet ihr euch mit ihnen verbünden, statt euch zu bekriegen.«
    Der Barmherzige - ob er nun Gott oder Wudan hieß - schien anderer Meinung zu sein.
    Matt sah die entsetzten Blicke Aruulas und Aikos. Sie schauten aus irgendeinem Grund himmelwärts. Matt fuhr herum, hob den Blick - und erstarrte: In der Hauswand, die hinter ihnen aufragte, wanderten armdicke Risse zum Giebel hinauf. Die alte Hausruine, vom schweren Beschuss durch die Panzerkanone tödlich getroffen, wankte in ihren Grundfesten und stürzte wie in Zeitlupe in sich zusammen. Große Steinbrocken lösten sich aus der Wand. Eine gigantische Staubwolke breitete sich in alle Richtungen aus.
    »Weg hier!«, schrie Aruula.
    Aiko, Aljooscha und Nikolaai spurteten schon los und zogen Stepaan mit sich. Matt und Aruula schlossen sich ihnen an. Sie sprangen über schneebedeckte Tische und Bänke, Plastiktonnen und Müll jeder erdenklichen Art, stolperten, rappelten sich auf und hetzten weiter. Eine weiße Schneewolke rollte wie eine Meereswoge hinter ihnen her und hüllte sie ein.
    Matt rang nach Luft, atmete aber nur Schnee ein. Stepaan rutschte aus und stürzte. Nikolaai und Aiko rissen ihn auf die Beine. Der Boden bebte. Ein urgewaltiges Krachen ertönte. Die Ruine löste sich auf. Gestein fiel herab, Dreck stob auf. Sie hörten das Knirschen von Holz, das Klirren irgendwelcher Glasreste. Von jahrhundertelanger Feuchtigkeit vollgesaugte Möbel, auf denen Pilze wuchsen, wirbelten durch die Luft.
    Wie er dieses Chaos durchquert hatte, daran fehlte Matt später jede Erinnerung. Er fand sich zusammen mit den anderen im Flur eines anderen Hauses wieder, nach Luft schnappend und von Eiskristallen eingehüllt wie Frosty der Schneemann.
    Während die Wolke aus Schnee, Dreck und Gestein sich auf dem gesamten Hinterhof des Blocks ausbreitete und dann einen Ausweg nach oben suchte, durchquerten die Fliehenden einen langen Gang, an dessen Ende inzwischen schon der Morgen graute.
    Als sie wieder ins Freie traten, erblickten sie etwa dreißig Meter die Straße hinauf das Kettenfahrzeug, das für die Katastrophe verantwortlich war. Man hatte wohl versucht, damit einfach durch das Gebäude zu brechen; nun war es unter den Trümmern begraben.
    Die Yukonier, die in der Deckung des Panzers gegen die Verfolgten vorgerückt waren, hatten sich auf den Hof der Bibliothek zurückgezogen. Matt hörte sie husten, stöhnen und schreien.
    Die Panzerbesatzung kroch, von einer sich langsam senkenden Dreckwolke umgeben, aus einer verbeulten Luke und warf ungläubige Blicke um sich. Ihnen wurde erst jetzt klar, was sie angerichtet hatten.
    Matt atmete auf. Wie es aussah, würde jede Fraktion jetzt erst einmal ihre Wunden lecken und sich sammeln - Zeit genug, um sich klammheimlich in Richtung des Stadthauses abzusetzen. Und darüber nachzudenken, wie er ohne allzu große Gewissensbisse aus dieser Sache herauskam.
    So dachte Matt Drax.
    Doch dann bemerkte er Aljooschas beglückten Gesichtsausdruck, sah, wie der verdiente Späher die Straße hinab deutete und etwas auf Russisch rief, das auch ein Lächeln auf die Gesichter seiner Kameraden zauberte.
    Matt folgte ihrem Blick, und es traf ihn fast der Schlag: Unterhalb ihres Standorts, etwa zweihundert Meter entfernt, wälzte sich ein Trupp in scharlachroten Uniformjacken heran - angeführt von Fjodoor dem Gütigen, der, einen alten Stahlhelm auf dem Glatzkopf und die stählernen Zähne gefletscht, ein waffentechnisches Relikt aus dem späten 20. Jahrhundert schwang.
    Er wirkte zu allem entschlossen.
    »O nein!«, murmelte Matt. »Nicht seine Majestät
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