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06 - Prophet der Apokalypse

06 - Prophet der Apokalypse

Titel: 06 - Prophet der Apokalypse
Autoren: Michael J. Parrish
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teilgenommen? Ich bin doch kein Seher.
    Sein Blick fiel auf den Ring an Ts’onots Hand, und er erinnerte sich, dass die Bilder in dem Moment über ihn gekommen waren, als er versucht hatte, ihm den Ring abzuziehen.
    Es muss an dem Ring gelegen haben, sagte er sich . Er hat Ts’onots Lomob um ein Vielfaches verstärkt – und war dabei so mächtig, dass die Zukunftsschau auch auf mich übergesprungen ist.
    Hatten die jenseitigen Wesen gewusst, dass der Ring Ts’onot in den Tod treiben würde? Hatten sie es billigend in Kauf genommen?
    Ein leises Klirren lenkte Diegos Blick zum Handgelenk seines Freundes, und vielleicht wurde ihm erst in diesem Augenblick wirklich bewusst, dass er unwiederbringlich gegangen war.
    Denn das Klirren wurde von dem Armreif verursacht, der sich von Ts’onots Handgelenk gelöst hatte und auf den Boden gefallen war.
    Der Reif gibt seinen Träger erst mit dessen Tod frei.
    Damit war der Verlust des Freundes zur unleugbaren Tatsache geworden.
    Diego ignorierte den Reif und widmete sich stattdessen dem Ring. Mit nur geringer Scheu griff er erneut danach. Er rechnete mit allem und nichts.
    Der Ring ließ sich nun spielend leicht von Ts’onots Finger abziehen. Und er machte sich auch in keiner Weise bemerkbar. Keine Bilder, erst recht keine Visionen. Wahrscheinlich war eine heilige Gabe wie die Ts’onots nötig, um ihn zu aktivieren.
    Diego de Landa schaute sich um, entdeckte die Kette, die zu dem Ring gehört hatte, hob sie auf und führte beide Gegenstände zusammen. Aber der Ring durchdrang die Kettenglieder nicht, wie er es bei Ts’onot beobachtet hatte.
    In seinem Schmerz um den verlorenen Freund schleuderte Diego die Kette in den hintersten Winkel des Raumes. Er sah ihr nicht nach, wo sie landete. Den Ring hingegen streifte er sich über den eigenen Mittelfinger, und wenn er in sich hineinlauschte, glaubte er den Grund dafür zu finden: Insgeheim hoffte er, dass der Ring ihn auch umbringen möge. Er überließ es dem Schicksal, ob er Ts’onot folgen sollte oder nicht.
    Doch der Ring offenbarte keine besonderen Kräfte mehr.
    Diego trat zu Ts’onot und legte den Toten so zurecht, dass er sich dem Betrachter würdevoll präsentierte.
    Den Armreif legte er wieder um Ts’onots Handgelenk und riss einen Lederstreifen von seiner eigenen Kleidung ab, um ihn so zu fixieren, dass er nicht wieder abfallen konnte.
    Erst dann richtete er sich auf, verließ den Raum und übernahm die schwerste aller Pflichten: Came zu verständigen, Ts’onots Mutter.
    10.
    Gegenwart
    Seit Rivas-Vaciamadrid tappten sie im Dunkeln, und Pauahtun war pausenlos damit beschäftigt, die spärlich eingehenden Hinweise zu Tom Ericson wie die Steinchen eines Mosaiks zu sammeln und zusammenzufügen.
    Bislang hatte sich daraus noch keine heiße Spur ergeben.
    Allenfalls eine lauwarme.
    Über die Polizeiprotokolle, die ihr Herr aus dem Internet zog wie Fische aus einem Fluss, waren sie auf einen Zwischenfall aufmerksam geworden, der sich auf einem Jahrmarktsgelände nördlich von Madrid ereignet hatte. Darin verwickelt waren Personen, deren Beschreibungen sich mit der von Tom Ericson und den beiden Verwandten der alten Frau deckten, die Huracan mit einer Schrotflinte erledigt hatte. Offenbar hatten sie das Fahrzeug gewechselt und waren jetzt mit einem Land-Rover unterwegs.
    Eine Streife hatte den Wagen gesichtet, aber auf unwegsamem Gelände in einer ländlichen Gegend wieder verloren. Seither gab es keine neue Sichtung.
    Pauahtun wusste, dass er dabei war, den letzten Kredit zu verspielen, den er bei seinem Herrn noch hatte. Für den Initiator der Loge würde es ein Leichtes sein, ihn durch einen neuen Anführer zu ersetzen. Aber Pauahtun ließ nicht zu, dass Emotionen seinen Verstand trübten. Furcht war ein schlechter Ratgeber.
    Und so erschrak er auch nicht, als sich unmittelbar neben ihm jene Erscheinung manifestierte, die die Wege der Loge seit Jahrhunderten begleitete. Der Mann in Weiß alterte nicht. Der Zahn der Zeit vermochte ihm nichts anzuhaben.
    »Es gibt Neuigkeiten«, erklärte die in weiße Kleidung gehüllte Gestalt ohne Umschweife. Pauahtun stellte keine Fragen. Stumm wartete er, was folgen würde.
    »Bei meinen Nachforschungen im weltweiten Datennetz«, fuhr der Mann in Weiß fort, »habe ich einen Zugriff auf Tom Ericsons Kreditkarte entdeckt. Er beginnt nachlässig zu werden.«
    »Wo befindet er sich?«, fragte Pauahtun.
    »Die Karte wurde im Hafenviertel von Bilbao benutzt. In einem Lokal namens El
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