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06 - Der Schattenkrieg

06 - Der Schattenkrieg

Titel: 06 - Der Schattenkrieg
Autoren: Tom Clancy
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kein Unheil geschah. Der Präsident war nun seit über drei Jahren im Amt und hatte sich an die permanente Observierung gewöhnt. Den Agenten kam kaum je der Gedanke, daß ein normaler Mensch das bedrückend finden könnte. Es war ihre Aufgabe, über alles, was der Präsident tat, Bescheid zu wissen, und dazu gehörte auch die Häufigkeit seiner Gänge zur Toilette und die Wahl seiner Bettpartner. Ihre Vorgänger hatten alle möglichen Techtelmechtel gedeckt und vertuscht. Selbst die Gattin des Präsidenten hatte nicht das Recht gehabt zu erfahren, was er so Stunde für Stunde am Tag trieb zumindest einige Präsidenten hatten diese Anweisung gegeben, nur die Leute vom Secret Service wußten immer Bescheid.
Hinter der geschlossenen Tür nahm der Präsident Platz. Durch die Seitentür brachte der Messesteward, ein Filipino, ein Tablett mit Kaffee und Croissants herein und stand stramm, ehe er sich wieder entfernte. Damit waren die Präliminarien der morgendlichen Routine erledigt, und Cutter begann mit seinem Lagebericht. Die Unterlagen waren ihm von der CIA vor Tagesanbruch in sein Haus in Fort Myer, Virginia, gebracht worden; so bekam der Admiral Gelegenheit, die Informationen des Nachrichtendienstes in eigene Worte zu fassen. Sein Bericht war kurz. Es war Spätfrühling, und auf der Welt herrschte relativer Friede. Kriege, die in Afrika und anderswo wüteten, tangierten amerikanische Interessen kaum, und der Nahe Osten war so ruhig, wie er eben sein konnte. So blieb Zeit für andere Themen.
»Was macht SHOWBOAT?« fragte der Präsident und strich Butter auf sein Croissant. »Das Unternehmen läuft, Sir. Ritters Leute sind bereits an der Arbeit, Sir«, erwiderte Cutter. »Die Sicherheit der Operation macht mir noch immer Kummer.«
»Mr. President, die Angelegenheit ist so geheim, wie angesichts der Umstände zu erwarten ist. Gewiß, es gibt Risiken, aber wir beschränken die Zahl der Beteiligten auf das absolute Minimum, und wer informiert ist, wurde sorgfältig ausgewählt.«
Das trug dem Sicherheitsberater ein Grunzen ein. Der Präsident saß in einer Falle, in die er sich mit seinen eigenen Worten manövriert hatte, mit Versprechungen und Erklärungen; die Bürger hatten die unangenehme Angewohnheit, sich so etwas zu merken. Und selbst wenn sie solche Dinge vergaßen, gab es immer Journalisten und politische Rivalen, die keine Gelegenheit zu einer Mahnung verstreichen ließen. Bei vielem hatte er in seiner Amtszeit eine glückliche Hand gehabt, aber viele dieser Erfolge mußten geheim bleiben zu Cutters Verdruß. Andererseits war in der politischen Arena kein Geheimnis sakrosankt am allerwenigsten in einem Wahljahr. Eigentlich sollte sich Cutter um diese Aspekte überhaupt nicht kümmern. Als Marineoffizier wurde von ihm erwartet, daß er ein unpolitisches Auge auf die Aspekte der nationalen Sicherheit warf, aber diese Richtlinie mußte wohl von einem Mönch formuliert worden sein. Mitglieder der Exekutive legen gemeinhin keine Armuts- und Keuschheitsgelübde ab, und auch mit dem Gehorsam nahmen sie es manchmal nicht so genau. »Ich habe dem amerikanischen Volk versprochen, dieses Problem anzugehen«, bemerkte der Präsident übellaunig. »Und was ist bisher rausgekommen? Kein Furz.«
»Sir, einer Bedrohung der nationalen Sicherheit kann nicht mit polizeilichen Mitteln begegnet werden.« Cutter war seit Jahren auf diesem Thema herumgeritten und hatte nun endlich ein offenes Ohr gefunden.
Ein neues Grunzen. »Klar, hab ich ja auch gesagt.«
»Jawohl, Mr. President. Zeit, daß die mal lernen, wie in der Oberliga gespielt wird.« »Gut, James, Sie sind am Ball. Vergessen Sie aber nicht, daß wir Ergebnisse brauchen.« »Die werden Sie bekommen, Sir. Darauf können Sie sich verlassen.«
»Es ist Zeit, daß diesem Gesindel eine Lektion erteilt wird«, dachte der Präsident laut. Daß die Lektionen streng sein würden, stand für ihn außer Zweifel.
    Eine Stunde später ging die Sonne über der Karibik auf, und anders als im klimatisierten Weißen Haus war hier die Luft schwül und stickig und kündigte einen weiteren von einem zählebigen Hoch bestimmten drückend heißen Tag an. Das bewaldete Küstengebirge im Westen ließ die Brise zu einem Wispern ersterben, und der Eigner der Empire Builder war längst bereit, in See zu stechen, wo die Luft kühler war und der Wind frei wehte.
Seine Besatzung erschien mit Verspätung. Ihr Aussehen gefiel ihm nicht, aber darauf kam es nicht so an, solange sie sich benahm. Immerhin
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