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06 - Der Schattenkrieg

06 - Der Schattenkrieg

Titel: 06 - Der Schattenkrieg
Autoren: Tom Clancy
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Küstenwache.
Wegener, auf einer Weizenfarm in Kansas aufgewachsen, hatte als junger Mann beschlossen, daß ihm ein Leben am Steuer von Traktoren und Mähdreschern nicht lag, und sich gleich nach dem Schulabschluß bei der Küstenwache gemeldet. Man nahm ihn, ohne sich groß um ihn gerissen zu haben, und eine Woche später saß er im Bus nach Cape May in New Jersey. Noch immer konnte er sich an den Spruch erinnern, den ihm der Obermaat am ersten Tag eingebleut hatte: »Raus fahren müssen Sie, das steht fest. Ob Sie zurückkommen, ist nicht so sicher.«
In Cape May fand Wegener die letzte und beste echte Seemannsschule im Westen. Er lernte mit Leinen umzugehen und Seemannsknoten zu schlingen, Feuer zu löschen, verletzte oder in Panik geratene Schiffbrüchige aus dem Wasser zu holen. Nach erfolgreichem Abschluß kam er an die Pazifikküste und wurde binnen eines Jahres Bootsmannsmaat dritter Klasse.
Es stellte sich schon sehr früh heraus, daß Wegener der geborene Seemann war. Unter den Fittichen eines bärbeißigen alten Steuermannsmaats erhielt er bald das Kommando auf »seinem« Schiff, einem zehn Meter langen Hafenpatrouillenboot. Wenn ein kniffliger Einsatz bevorstand, fuhr der alte Seebär mit hinaus, um dem neunzehnjährigen Maat auf die Finger zu sehen. Und von Anfang an war Wegener ein Schüler gewesen, dem man etwas nur einmal zu sagen brauchte. Seine ersten fünf Jahre in Uniform schienen ihm wie im Flug vergangen zu sein: Nichts Dramatisches war geschehen; er hatte nur Aufträge erledigt, vorschriftsmäßig und flott. Als der Zeitpunkt der Weiterverpflichtung kam und er sich für sie entschieden hatte, stand ohnehin fest, daß man stets ihn ganz oben auf die Liste setzte, wenn ein harter Job zu erledigen war. Zum Ende seiner zweiten Dienstperiode hin holten Offiziere gewohnheitsmäßig seinen Rat ein. Er war inzwischen dreißig, einer der jüngsten Oberbootsmannsmaate überhaupt und nicht ohne Einfluß, denn er erhielt das Kommando auf der Invincible, einem fünfzehn Meter langen Rettungskreuzer, der in dem Ruf stand, zäh und zuverlässig zu sein. Zu Hause war sie an der stürmischen Küste von Kalifornien, und hier machte sich Wegener zum ersten Mal einen Namen. Wenn ein Fischer oder Segler in Seenot geriet, schien die Invincible immer zur Stelle zu sein, kam über oftmals zehn Meter hohe Brecher getobt, und am Steuer stand ein rothaariger Seebär, der eine kalte Bruyerepfeife zwischen den Zähnen hatte. Im ersten Jahr rettete er fünfzehn Menschen das Leben.
Und am Ende seiner Dienstzeit auf der einsamen Station waren es über fünfzig. Nach zwei Jahren bekam er seine eigene Station an der Mündung des Columbia River mit ihrer berüchtigten Barre, und dort nahm seine Karriere während eines heftigen Wintersturms eine entscheidende Wendung. Die Mary-Kat, ein Tiefseefischer, funkte SOS: Maschinen ausgefallen, Ruder gebrochen, das Schiff driftete auf eine mörderische Leeküste zu. Sein Flaggschiff, die fünfundzwanzig Meter lange Point Gabriel, legte binnen neunzig Sekunden ab und begann eine epische Schlacht mit den Elementen. Nach sechsstündigem Kampf gelang es Wegener, die sechsköpfige Besatzung der Mary-Kat zu retten. Gerade als der letzte Mann geborgen war, hatte die Mary-Kat Grundberührung bekommen und war auseinandergebrochen.
Und wie das Glück so spielte, hatte Wegener an diesem Tag einen Reporter an Bord, der für den Portland Oregonian Stories schrieb und selbst ein erfahrener Segler war. Als der Kutter sich durch die turmhohen Brecher vor der Columbia-Barre bohrte, hatte der Reporter auf sein Notizbuch gekotzt, es an seinem Anzug abgewischt und fieberhaft weitergeschrieben. Die in der Folge publizierte Artikelserie »Der Engel der Barre« trug dem Autor den Pulitzer-Preis ein.
Im Monat darauf fragte sich in Washington der Senator aus dem Staat Oregon laut, warum ein so tüchtiger Mann wie Red Wegener eigentlich kein Offizier sei, und da gerade der Kommandant der Küstenwache zugegen war, um die Bewilligung seines Budgets zu diskutieren, war dies eine Bemerkung, die der Vier-Sterne-Admiral sich zu beherzigen vornahm. Am Ende der Woche war Red Wegener Lieutenant. Drei Jahre später wurde er für das nächste verfügbare Kommando auf einem Schiff vorgeschlagen.
Hier stellte sich dem Kommandanten allerdings ein Problem: Es war nämlich kein Schiff verfügbar. Zur Hand war zwar die Panache, aber die war ein recht zweifelhafter Preis. Der Kutter, Prototyp einer wegen Geldmangel gestrichenen
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