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0595 - Der Werwolf-Dämon

0595 - Der Werwolf-Dämon

Titel: 0595 - Der Werwolf-Dämon
Autoren: Werner Kurt Giesa
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beherrschen, sie wiederum zwingen, die scharfen Zähnen in dampfendes Blut zu tauchen. Zu spüren, wie schwindendes Leben ihr neue Kraft verlieh…
    Sie wollte es nicht.
    Und doch konnte sie sich gegen den Zwang nicht wehren. Immer wieder versuchte sie es, und in den Tagen vor und nach Vollmond gelang es ihr auch, sich zu beherrschen.
    Doch wenn dann die weiße Scheibe am Nachthimmel in voller Größe stand, war der Drang stärker als sie…
    Einmal hatte sie in diesen Tagen bereits getötet, und sie wollte es kein zweites Mal. Verzweifelt bekämpfte sie den Fluch, der immer noch auf ihr lastete. Die Nächte waren schlimm, aber an den Tagen durfte sie nicht ausruhen. Sie wollte sich nicht überraschen lassen.
    Nur zu gut wußte sie, wie stark das Dunkle in ihr war - immer noch.
    Sie hatte gehofft, es sei vorüber.
    Sie erinnerte sich…
    Durch einen Fluch gefangen in einer anderen Welt. Ein böses Wesen beherrschte diese Welt, das alle schwarzen Kräfte darin kontrollierte. Mit Remus Lykoffs Tod hatte jeder schwarzmagische Keim jene Welt verlassen. Sein Tod hatte die Werwölfin erlöst, die sich nichts sehnlicher gewünscht hatte, als endlich Mensch werden zu können.
    Nie mehr auf vier Pfoten durch die Nacht jagen, nie mehr den Mond anheulen.
    Remus Lykoff… erst als auch sein Seelenschatten starb, wurde sie befreit. [2]
    Sie konnte die Welt ihrer Gefangenschaft verlassen. Jene andere Dimension, in die sie als Abtrünnige durch den Fluch des Herrn der Hölle, des Lucifuge Rofocale, verbannt worden war. Nach Jahrhunderten kehrte sie zu den Menschen zurück, um als Mensch zwischen ihnen zu leben.
    Glaubte sie.
    Ein Mann namens Zamorra beschaffte ihr eine kleine Wohnung in Lyon, denn sie wollte in der Anonymität einer großen Stadt untertauchen.
    Doch nur wenige Wochen später stand die Wohnung wieder leer. Dem Vermieter hatte sie nur gesagt, daß sie nach Paris gehen wolle. Dort tat sie alles, um ihre Spur zu verwischen.
    Niemand sollte sie finden, niemand von denen, die bei ihr gewesen waren, als sie glaubte, vom Werwolf endgültig zum Menschen geworden zu sein.
    Nicht jener Zamorra, der viel für sie getan hatte, und auch nicht - Fenrir!
    Dieser wunderschöne, große Wolf mit menschlicher Intelligenz, der sich so zu ihr hingezogen gefühlt hatte. Seine Zuneigung gab ihr Kraft, aber sie wußte auch, daß er niemals akzeptieren würde, daß sie eine menschenmordende Bestie war.
    Sie war es wider Willen.
    Denn der böse Keim hatte sie nicht wirklich verlassen.
    Nur in der anderen Welt, in jenem Gefängnis, in dem sie gefangen gewesen war. Aber auf der Erde der Menschen war sie immer noch, was sie einst gewesen war: Ein Wolfsmensch.
    Ein Werwolf.
    Ein Mörder!
    Damit hatte niemand rechnen können, am wenigsten sie selbst. Schon in Lyon, in der ersten Vollmondnacht, hatte sie morden müssen.
    Es hatte sie völlig überrascht. Noch ehe sie begriff, daß der endlose Alptraum weiterging, war es bereits geschehen.
    Da hatte sie Lyon verlassen. Doch in Paris war es nicht besser gewesen, und so verschwand sie in einem kleinen Dorf im Norden.
    Sie konnte für wenig Geld ein windschiefes Häuschen am Rand des Dorfes mieten, und sie fand Arbeit in Rouen. Schlecht bezahlt, denn sie hatte ja nichts gelernt. Ihre ›beruflichen‹ Kenntnisse stammten aus der alten Zeit vor ihrer dämonischen, langewährenden Bestrafung. Es reichte gerade so, um zu leben und die Miete aufbringen zu können.
    Den Kontakt zu den Menschen im Dorf scheute sie, denn sie fürchtete, eines Tages auch jemanden aus diesem Dorf zu töten. Bekanntschaften, das wußte sie aus der alten Zeit, erleichterten die Opfersuche.
    Aber sie wollte es sich nicht leicht machen. Sie wollte auch nicht töten! Sie kämpfte verzweifelt dagegen an. Sie mußte es schaffen, endgültig damit fertig zu werden!
    Doch es war so entsetzlich schwer, es war auch praktisch unmöglich.
    Die einzige Alternative, die sie noch sah, bestand darin, sich selbst zu töten.
    Aber diese Möglichkeit kam für sie niemals in Frage. Sie hatte nicht so lange in ihrem magischen Gefängnis überdauert, nicht so viel Leid auf sich genommen, um jetzt einfach zu kapitulieren und damit ihr ganzes Leben und Leiden zur Sinnlosigkeit zu verdammen.
    Nein, sie wollte leben.
    Als Mensch.
    Sie wollte endlich das werden, was sie immer hatte sein wollen.
    Und sie wollte nicht mehr töten.
    Aber der Vollmond zwang sie, jeden Monat erneut, auf die mörderische Jagd zu gehen. Zwang sie, immer wieder dagegen
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