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059 - Homunkula, Luzifers Tochter

059 - Homunkula, Luzifers Tochter

Titel: 059 - Homunkula, Luzifers Tochter
Autoren: Larry Brent
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des geräumigen Gewölbes.
    Nancy Watsons
Neugierde wurde angestachelt. Das Mädchen riskierte es, ihren Kopf durch den
Türspalt zu strecken. Sie gewann einen besseren Überblick über die
Alchimistenküche, die in mehrere Nischen und kleinere Höhlen unterteilt war. In
entsprechender Entfernung voneinander waren Lampen an den Decken befestigt, um
überall dort, wo etwas Wichtiges zu holen und zuzubereiten war, genügend Licht
zu haben.
    Vorsichtig
drückte Nancy Watson die Tür etwas weiter nach außen.
Sie quietschte in den Angeln. Die Journalistin zuckte zusammen. Alles an ihr
spannte sich, und sie war schon vorbereitet, sofort zu fliehen, wenn die
Situation es erfordern sollte.
    Aber die
beiden Männer in der Nische drüben waren so angespannt in ihre Arbeit vertieft,
daß sie nichts bemerkten. Hinzu kam, daß Nancy einen Augenblick abgewartet
hatte, als Turnblogh gerade wieder sprach. Die Stimme hallte durch das Labor
und übertönte andere Geräusche.
    Es gelang der
Journalistin, unbemerkt den Raum zu betreten. Geduckt schlich sie hinter dem
hohen Tisch mit dem Aufbau entlang und suchte Schutz in einer dunklen Ecke
eines Mauervorsprungs. Von hier aus hatte sie einen umfassenden Überblick über
das, was Turnblogh in diesen Sekunden machte.
    Auf einem
hochlehnigen Stuhl saß sie. Homunkula! Nichts in ihrem Gesicht regte sich. Sie
hockte da wie eine Statue. Und Tumblogh in dem weißen Kittel, den er
übergestreift hatte, vermittelte den Eindruck eines bildenden Künstlers.
    Er hantierte
an Homunkulas Gesicht. Sie sah makaber aus. Ohne Augenbrauen und Lider sah sie
aus wie eine behaarte Schaufensterpuppe, wie eine zur Vorführung im Hörsaal
bestimmte Puppe, deren runde Augen wie Billardkugeln in den geöffneten Höhlen
lagen.
    Wortlos griff
Turnblogh nach dem Glas, das der Butler ihm reichte.
    „Zuerst das
Gesicht“, murmelte der Herr von Blackstone Cottage.
    Nancy Watson
merkte, daß sie anfing zu zittern. Turnblogh hatte mehrere große Teile aus dem
Kunststoffgesicht herausgeschnitten. Die Löcher füllte er nun auf. Dazu
bediente er sich der halbflüssigen Masse, die der Butler zubereitet hatte. Er
schüttete sie auf eine flache Schale und rührte mit einem Spatel darin herum.
In Verbindung mit der Luft wurde diese Masse zähflüssig. Sie nahm eine
Festigkeit an, die ausreichte, um sie bequem verarbeiten zu können. Mit dem
Spatel drückte Turnblogh den biosynthetischen Stoff in die Löcher, die das
Gesicht aufwies, verschmierte sie, knetete mit den Fingern, ging in die Hocke
und beobachtete mit aufmerksamem Blick seine Arbeit. Er war nicht ganz
zufrieden.
    Er glich
Unebenheiten aus und arbeitete konzentriert wie ein Bildhauer an seinem Modell.
Das Gesicht Homunkulas entwickelte sich. Auch die eingerissenen und gespaltenen
Lippenwinkel wurden einwandfrei glatt und sauber ausgefugt und neu modelliert.
    Das Gesicht
verfügte noch nicht wieder über die attraktive Ausdruckskraft wie zu der Zeit,
als Homunkula noch völlig unbeschädigt gewesen war, doch es war zu erkennen,
daß die faszinierende Ausstrahlung unter den geschickten Händen Turnbloghs
wieder erstand.
    Er besserte
auch Risse und Kratzer am Körper aus. Homunkula trug keinen Zentimeter Textil
am Leib. Doch nicht nur auf die äußere Kosmetik legte Turnblogh wert. An den
Bewegungen des künstlichen Wesens war etwas nicht in Ordnung. Die elektrischen
Ströme, die vom Gehirn durch die verschiedenen flexiblen Kabel geleitet wurden,
mußten unterbrochen sein oder nicht in der gewohnten Stärke erfolgen.
    „Steh auf,
Homunkula“, forderte Turnblogh die Puppe auf. Das Wesen gehorchte. „Stell dich
hinter den Röntgenschirm!“
    Mit diesen
Worten zog Turnblogh einen alten, verschlissenen Vorhang zur Seite. Dahinter
stand ein sehr altes Gerät, wie es in den dreißiger oder vierziger Jahren
modern gewesen war.
    Der Butler löschte
automatisch sämtliche erreichbaren Lampen. Nur in dem Abschnitt des Gewölbes,
in dem Nancy Watson sich verborgen hielt, blieb das Licht brennen.
    Homunkula
baute sich hinter dem mattglühenden Röntgenschirm auf. Nur ihr unbewegliches
Gesicht ragte über den Rahmen der altmodischen Anlage.
    Turnblogh
mußte eine Minute warnten, ehe das Gerät eine volle Leistung brachte. Ein
grünliches Glühen lag über dem Schirm, Turnblogh, der Butler und die atemlose
Journalistin wurden in die Lage versetzt, in den Körper des ungewöhnlichen
Kunstwesens zu blicken.
    Ein Gespinst
von kreuz und quer laufenden feinen Metallstreben stützte
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