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059 - Der Folterknecht

059 - Der Folterknecht

Titel: 059 - Der Folterknecht
Autoren: Paul Wolf
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Inquisition, die Unschuldigen herauszufinden und die wahren Dämonen zu erkennen und hinzurichten.
    Ich war zusammen mit etwa vierzig Männern und Frauen in dem Verlies. Einige von ihnen waren schon Wochen und Monate hier, das hörte ich aus den Gesprächen heraus. Viele waren halb verhungert und unter der Folter fast zu Tode gequält worden. Sie würden erst von ihren Leiden erlöst werden, wenn sie ein Geständnis ablegten, oder wenn ihre Zugehörigkeit zu den Dämonen durch erdrückende Beweise belegt worden war.
    Neben mir lag ein noch junges Mädchen, dem sie eine Hand abgehackt hatten. Sie stöhnte und wimmerte und redete zwischendurch im Fieber wirres Zeug. Ich hörte, daß sie Magd auf dem Gutshof des Grafen Schwerdt gewesen war, dem sein ausschweifendes Leben zum Verhängnis wurde.
    Ich kannte seine Geschichte, denn ich selbst hatte diesem Teufelsanbeter das Handwerk gelegt. Man hatte sich schon seit langem zugeraunt, daß der Graf von Schwerdt des Nachts – und vornehmlich in Vollmondnächten – in seinen Räumen orgiastische Feste abhielt. Ich hatte meinen Diener Eustache auf dieses Gut geschickt. Er hatte sich in das Vertrauen des Grafen eingeschlichen und dann mit eigenen Augen beobachtet, was in den Vollmondnächten dort vorging. Sein Bericht hatte mich entsetzt. Der Graf hatte mit sechs anderen Herren der vornehmen Gesellschaft, nackt und nur mit schaurigen Masken vor den Gesichtern, ein Dutzend Mädchen armer Leute zu gotteslästerlicher Unzucht und Grausamkeit am eigenen Körper verleitet. Eines der Mädchen sei schwanger gewesen und hätte bei diesem schändlichen Treiben ihre Leibesfrucht verloren. Die sieben Edelleute waren nach einem langwierigen Prozeß allesamt enthauptet worden, aber auf dem Gutshof schien weiterhin der Bann des Teufels zu liegen.
    Von einem jungen Burschen, der der Sohn eines Hufschmieds war, hatte ich erfahren, daß die Magd mit der abgehackten Hand bei den ausschweifenden Festen dabeigewesen war, doch dies nur unter Zwang, wie die Inquisition herausfand. Die Hexenprobe war bei ihr negativ verlaufen. Als man sie ins Wasser warf, war sie untergegangen.
    Seit der Hexenprobe war sie aber nicht mehr ganz richtig im Kopf. Deshalb glaubte ihr anfangs auch niemand, als sie in der Stadt verkündete, daß ihr der Teufel erschienen sei und sie allerlei mit ihm angestellt habe. Sie behauptete, daß statt Milch rotes Blut aus dem Euter spritzen würde, wenn sie mit der Linken eine Kuh melke. Man ließ sie reden. Aber nach einiger Zeit, als sie nicht aufhörte, solche Geschichten zu erzählen, wurde sie doch angeklagt und von der Inquisition für schuldig befunden. Man schlug ihr die Linke ab, mit der sie angeblich die Kühe verhexen konnte. Doch da sie auch nach der Urteilsverkündung noch behauptete, daß der Teufel in ihrem Leib wohne, wurde sie nicht auf freien Fuß gesetzt. Sie wartete im Verlies auf ihre Verbrennung.
    „Sie ist unschuldig“, versicherte der Sohn des Hufschmieds. „Was sie sagt, kann man doch nicht gegen sie verwenden. Ihr Geist ist verwirrt. Und um jene, die dem Wahnsinn verfallen sind, machen die Dämonen einen großen Bogen.“
    „Woher willst du das wissen?“ fragte ich ihn.
    „Weil ich mit eigenen Augen gesehen habe, wie der Teufel vor meinem Vater Reißaus genommen hat“, antwortete er. „Denn auch mein Vater ist nicht ganz richtig Köpf. Er war nicht immer verrückt, erst in den letzten Jahren hat er nach und nach den Verstand verloren.“
    „Und warum bist du hier?“ wollte ich wissen.
    „Ich habe dem Herrn Pfarrer meine Beobachtungen gebeichtet“, antwortete der Sohn des Hufschmieds. „Daraufhin meinte er, daß ich mich der Inquisition stellen müßte, weil es möglich wäre, daß sich der Teufel mir zugewandt haben könnte. Als ich mich nicht freiwillig stellte, brach der Herr Pfarrer das Beichtgeheimnis und meldete mich den Hexenfängern. Darum bin ich hier, Herr.“
    „Du wirst schon schuldig sein, wenn du deinen Beichtvater so böse verleumdest“, hörte ich eine sanfte Stimme hinter mir.
    Ich erstarrte, denn der Vikar von Geching war mir kein Unbekannter. Es war bei meinem letzten Besuch in Konstanz gewesen, als mir mein Diener Eustache zutrug, daß der Vikar aus einem nahen Dorf gegen die Inquisition als gotteswidrige Einrichtung gewettert hätte. Daraufhin begab ich mich zu ihm, um zu beichten. Ich sagte ihm, daß ich von Dämonen in Versuchung geführt worden wäre und an einem Hexensabbat teilgenommen hätte, nun aber wieder auf
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