Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
059 - Der Folterknecht

059 - Der Folterknecht

Titel: 059 - Der Folterknecht
Autoren: Paul Wolf
Vom Netzwerk:
erpressen lassen.
    Dorian gedachte denselben Weg zu gehen wie der Baron vor über vierhundertundfünfzig Jahren. Er legte die Druckplatte auf seinen Lesetisch, sicherte sie durch Dämonenbanner und einen magischen Kreis vor Olivaros Zugriff und holte dann aus dem Keller ein Fläschchen mit Säure, das er aufschraubte und offen neben die Kupferplatte stellte.
    Unwillkürlich grinste er, als er sich ausmalte, was für ein Gesicht Olivaro machen würde. Dann genehmigte er sich einen Bourbon und zündete sich eine Zigarette an.
    Plötzlich hatte er es gar nicht mehr so eilig. Er ließ sich Zeit, um die Vorfreude auf die Begegnung mit Olivaro auszukosten. Erst als er den zweiten Bourbon trank, ging er zum Telefon und wählte die Nummer von Miß Pickfords Wohnung.
    Olivaro hob schon nach dem zweiten Läuten ab.
    „Habe ich Sie aufgeweckt, Olivaro?“ erkundigte sich Dorian scheinheilig.
    „Ach wo!“ sagte Olivaros müde Stimme. „Ich könnte kein Auge zubekommen.“
    „Natürlich. Wie dumm von mir! Ich hatte ganz vergessen, daß Dämonen keinen Schlaf brauchen.“ „Was ist, Dorian? Sind Sie endlich zur Vernunft gekommen?“
    „Mir ist ein Licht aufgegangen“, erwiderte Dorian. „Ich möchte, daß Sie sofort in mein Haus in der Abraham Road kommen.“
    „Mitten in der Nacht?“
    „Es ist wichtig.“
    „Aber – Sie wissen, daß ich meinen Fuß nicht über die Schwelle setzen könnte, solange Sie sich gegen alle möglichen magischen Einflüsse absichern.“
    „Ich werde es so einrichten, daß Sie das Haus ungehindert betreten können, ohne um Ihre schwarze Seele bangen zu müssen“, versprach Dorian. „Ich lasse Sie in einer halben Stunde mit dem Wagen abholen.“
    Es entstand eine kurze Pause, nach der Olivaro zögernd meinte: „Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, Sie aufzusuchen, Dorian. Sie machen mir nicht den Eindruck, als ob Sie bereit wären, sich von mir belehren zu lassen.“
    „Damit haben Sie recht, Olivaro. Aber Sie müssen dennoch kommen. Es geht um Leben und Tod.“ „Das habe ich von Anfang an gesagt.“
    „Nur daß die Rollen etwas vertauscht sind, Olivaro. Oder sollte ich Sie Cornelius Mudt nennen? Es geht um Ihr Leben, Olivaro.“
    Wieder entstand eine kurze Pause.
    „Also gut, Dorian“, sagte Olivaro schließlich. „Ich komme.“
    „Machen Sie sich fertig! Mein Wagen holt Sie in einer halben Stunde ab.“
    Dorian schnürte sich den Morgenmantel fester zu und band sich einen Schal um. Als er aus dem Haus trat, kamen aus dem dichten Nebel, der über dem Garten lag, sofort Powell und Cohen auf ihn zu.
    „Steve“, sagte Dorian zu Powell, „holen Sie den Rover aus der Garage und fahren Sie zu Miß Pickfords Wohnung! Olivaro wird Sie dort bereits erwarten. Bringen Sie ihn her!“
    „In Ordnung“, sagte Powell und machte sich auf den Weg zur Garage.
    Nach zwei Schritten blieb er jedoch stehen und drehte sich nochmals um. „Und was ist, wenn er Schwierigkeiten macht?“
    „Olivaro ist mein Freund“, sagte Dorian und trug Marvin Cohen noch auf, die Augen offenzuhalten. Dann ging er wieder ins Haus.
    Kaum hatte er die Eingangstür geschlossen, als er aus dem Obergeschoß ein Poltern vernahm. Phillip! durchzuckte es ihn.
    Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, hastete er die Treppe hinauf. Die Schlafzimmertür bebte, als Phillip von innen dagegen schlug.
    Dorian schloß auf, und der Hermaphrodit fiel ihm in die Arme. Neben der Tür lag ein zertrümmerter Stuhl, mit dem Phillip die Tür hatte einschlagen wollen.
    „Phillip!“ rief Dorian entsetzt, als er in das Gesicht des Hermaphroditen blickte und die Bartstoppeln sah.
    Dorian hatte in seinem glatten Gesicht bisher noch nicht einmal den Ansatz eines Flaumes entdeckt. „Was ist denn los, Phillip?“
    Der Hermaphrodit jammerte kläglich und wollte an Dorian vorbei, doch dieser drängte ihn zum Bett zurück.
    „Es wird gleich alles vorbei sein“, versprach Dorian ihm. „Deine Qualen haben bald ein Ende. Ich glaube einen Weg gefunden zu haben, die Wahrheit zu erfahren. Du kannst wieder weiterschlafen. Dir kann nichts geschehen.“
    Dorian redete noch eine Weile besänftigend auf ihn ein, legte den Hermaphroditen wieder ins Bett, wartete, bis sein regelmäßiger, ruhiger Atemzug verriet, daß er eingeschlafen war, und kehrte dann ins Erdgeschoß zurück.
    Inzwischen war eine halbe Stunde vergangen, und Olivaro konnte jeden Augenblick eintreffen. Dorian räumte einige Dämonenbanner beiseite, damit Olivaro ungehindert ins Haus und die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher