Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
059 - Blutige Küsse

059 - Blutige Küsse

Titel: 059 - Blutige Küsse
Autoren: Dämonenkiller
Vom Netzwerk:
später überschwemmte ihn eine wahnwitzige Hitzeflut. Er glaubte, ersticken zu müssen, schnappte nach Luft.
    »Von wem hattest du denn die erste Dosis?«, wollte Demur wissen und beugte sich neugierig vor.
    »Ich – ich weiß es nicht. Ich habe es vergessen. Aber das ist doch auch gleichgültig. Besorge mir Theriak! Ich verbrenne.«
    »Denk mal scharf nach! Wer hat dir die erste Dosis besorgt?«
    »Ich weiß es nicht«, schrie Dorian, der sich wirklich nicht erinnern konnte. Er wusste nichts mehr von der Taufe seines Kindes, von der schneckenförmigen Zigarette. Sein Kopf war hohl und leer; und er schmerzte. Glühende Nadeln schienen sich in sein Hirn zu bohren. Dorian presste beide Fäuste gegen die Augen und bebte bereits wieder vor Kälte.
    Das waren die Entzugserscheinungen, von denen Coco gesprochen hatte, und die zu der unbezwingbaren Sucht führten. Doch Dorian wusste weder etwas von Coco noch von dem Gegenmittel, das sie ihm gegeben hatte; er war wie ausgehöhlt.
    »Wohin gehst du?«, stöhnte er, als Demur sich auf die Tür zubewegte.
    »Theriak«, gab Demur Alkahest spöttisch zurück. »Mal sehen, ob ich hier in dem Nest was für dich auftreiben kann. Hau dich wieder hin und spiel bloß nicht verrückt!«
    Der Dämonenkiller gehorchte. Er ließ sich auf das Bett zurücksinken, schloss die Augen und vibrierte am ganzen Leib. Die Tür schloss sich hinter Demur Alkahest.
    Langsam löste sich der Krampf in ihm. Er wurde ruhiger. Dorian war endlich in der Lage, sich einige Fragen zu stellen. Seine Gedanken irrten zwar immer wieder ab, aber er vermochte sie einzufangen und auf seine Fragen zu konzentrieren. Doch er erinnerte sich nicht, von wem er den magischen Trank erhalten hatte. Aber spielte das eine Rolle? Da war diese unheimliche Explosion seiner Sinne gewesen, die ihn auf eine völlig andere und neue Bewusstseinsebene gehoben hatte. Er war ein Übermensch gewesen, darauf besann er sich plötzlich. Er war in Welten vorgestoßen, die einem Sterblichen ansonsten verschlossen blieben. Und war da nicht eine geheimnisvolle Frau gewesen, die ihn empfangen hatte?
    Dorian richtete sich auf, lehnte sich mit dem Oberkörper gegen die Wand und sah diese Frau wieder vor sich, in die er eingetaucht war. Ihm erging es wie einem Rauschgiftsüchtigen, der zwischen den schrecklichen Stadien des Entzugs kurze Momente des geliehenen Glücks empfand.
    Wieso war er in diesem Nest, von dem Demur eben gesprochen hatte? Wo befand er sich wirklich? Wohin hatte es ihn verschlagen? Sollte er sich tatsächlich nicht mehr in London befinden?
    Er stand auf und war überrascht, dass seine Glieder ihm jetzt widerspruchslos gehorchten. Er ging zu dem kleinen Fenster und schob die Gardine zur Seite. Verwundert sah er auf eine Art Dorfstraße hinunter. Die niedrigen, geduckten, teils strohgedeckten Steinhäuser erinnerten ihn an Schottland.
    Nein, dieser Blick auf die Straße war keine Halluzination. Er sah Menschen, die sich normal bewegten, sah einige Fahrzeuge, hörte jetzt auch Stimmen. Er befand sich tatsächlich nicht mehr in London. Demur Alkahest musste ihn hierher gebracht haben – hierher, wo es Theriak gab.
    Das Stichwort allein genügte bereits, ihn wieder nervös und fiebrig werden zu lassen. Dorian Hunter musste sich zurück zum Bett schleppen. Die nächste Phase des Entzugs kündigte sich an. Er schloss die Augen, stemmte sich Sekunden noch gegen die höllischen Qualen, die wieder Besitz von ihm ergriffen, und wurde dann ein Spielball seiner unerfüllten Gier.
    Nachdem Dorian auch diesen Anfall überstanden hatte, erreichte er wieder eine Phase des relativen Wohlbefindens. Er kam zu dem Schluss, dass das alles mit einem genialen Plan im Zusammenhang stehen musste. Der Theriak-Trank hatte sein Bewusstsein weit geöffnet; seine Fähigkeiten mussten ja geradezu ins Gigantische gesteigert worden sein. Dorian war fest davon überzeugt, dass sein Hiersein einen tieferen Sinn hatte. Er konnte sich nur leider nicht erinnern, um was es ging. Aber er brauchte nur ein paar Tropfen Theriak, dann war alles in Ordnung. Eine winzig kleine Dosis reichte vollkommen, um die Dinge wieder sicher in die Hand zu bekommen. Dorian redete sich das mit Erfolg ein und glaubte daran.

    Liza Trool war glücklich.
    Nach der Nacht im Schloss des Count of Alkahest war sie ein völlig anderer Mensch geworden. Ihr Blut sang, und sie hätte die ganze Welt umarmen können. Sie befand sich im Laden ihrer Eltern und ließ ihren Zeigefinger fast kokett über
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher