Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0583 - Drachen-Jäger

0583 - Drachen-Jäger

Titel: 0583 - Drachen-Jäger
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
tun«, hatte Natalya angeboten.
    Sie hatte nicht um Audienz gebeten, sie kam und ging am Königshof, wie es ihr beliebte. Das gefiel weder dem Kanzler noch dem Zeremonienmeister oder dem Hofmarschall, und erst recht nicht den Höflingen und Ministern.
    Die Königin hingegen hatte noch einen zusätzlichen Grund, das Kommen und Gehen der Elfentochter zu hassen - Natalya war jung und außerordentlich hübsch, dazu gebildet wie alle Elfen - die Königin aber war nicht mehr jung, und sie war auch nicht mehr hübsch, wie der Spiegel ihr täglich verriet.
    »Sie ist weder ein Krieger noch ein Ritter«, erwiderte der König. »Wir können es Ihr nicht gestatten, für Uns in den Kampf zu ziehen. Derlei ist Kriegerhandwerk. Zudem ist Sie nicht völlig menschlich. Wie könnten Wir es zulassen, daß jemand von fremder Abkunft Uns und nebenbei auch Unsere Untertanen von jenem garstigen Tatzelwurm befreit?«
    »Ich kann mich vor dem Drachen verbergen, Majestät, und zwar derart, daß er mich nicht entdeckt. Wie du sagtest, König, ich bin zur Hälfte Elf. Jedes Menschen Nähe fühlt der Drache durch des Menschen Gedanken. Ich jedoch kann meine Gedanken so vor ihm verschließen, daß er ahnungslos bleibt. Also - laß mich ihm entgegentreten!«
    Der König runzelte die Stirn.
    »Was, wenn Sie sich irrt und das Drachenvieh Sie röstet und verzehret wie all die unglücklichen Kämpen vor Ihr?«
    »Dann verlierst du nichts, Majestät. Nicht mal das Schwert. Der Drache wird’s liegenlassen wie das Gewaff und die Kettenhemden der anderen Ritter und hoffen, daß es in den nächsten sieben Wintern verrostet. Laß mich es tun, schließlich war’s mein Vater, der dir dieses Schwert besorgte!«
    »Mitnichten werden Wir’s zulassen«, entschied der König.
    Da zog Natalya den Herrscher mit sich, um mit ihm allein zu sein, sehr zum Verdruß der Königin.
    Doch jetzt gestand der König seine wahren Gründe für seine ablehnende Haltung.
    »Keinen Herzschlag lang zweifele ich daran, daß es Ihr gelinge, das Gedrach zu erschlagen. Doch stelle Sie sich vor, was man im Lande munkeln wird. Eine junge Maid, kaum dem Kindesalter entwachsen, greift zum Schwert und rettet das Reich! Das ist unvorstellbar. Man wird über Uns lachen, nicht allein in Unserem Reich, sondern auch in allen anderen!«
    »Mein König«, erwiderte Natalya, »Niemand muß erfahren, daß ich den Drachen erschlug. Gib mir das Schwert, laß mich tun, was getan werden muß, und ernte du den Ruhm. Für die Öffentlichkeit wirst du es sein, der diese Heldentat vollbrachte.«
    »Was will Sie Uns damit sagen?« fragte der König erstaunt, und wieder mal runzelte er die Stirne.
    »Daß ich den Ruhm als Drachentöter nicht für mich beanspruche! Niemand außer dir und mir wird wissen, wie es wirklich geschah. Ich erschlage den Drachen, und du reckst das blutige Schwert empor. Du erntest den Ruhm, du wirst in den Augen aller derjenige sein, der sein Land nach über hundert Wintern von der Tyrannei des Drachen befreite.«
    »Verlockend klingt's«, stellte der König fest. »Doch… wenn Sie nicht die Wahrheit spricht, dann werden Wir Sie hinrichten lassen, ist Ihr das bewußt?«
    »Ich habe nie gelogen und werd's auch künftig nicht tun!«
    Der König nickte bedächtig, dann traf er die Entscheidung.
    »Gut, ergreife Sie das Schwert, gehe Sie hinaus - und handle!«
    ***
    Und nun wartet Natalya in ihrem Versteck.
    Es war eine Schatztruhe, in der sich der Tribut befand für den Drachen. Der Tribut, der zu zahlen war, damit das Untier Menschen, Häuser und Felder verschonte.
    Einen Menschen, der dem Drachen zusätzlich geopfert werden sollte, hatte man an einen großen Pfahl gebunden.
    Es handelte sich um eine leidlich hübsche Jungfrau aus einem Zweig der königlichen Familie. Sie war nackt bis auf ein schmales, winziges Leinentuch. Man hatte ihr die Kleider vom Leibe gerissen, damit der Drache erkannte, welche Schönheit man ihm opferte.
    Und irgendwann tauchte der Drache auch auf.
    Natalya hörte ihn. Er schnaufte, und das recht asthmatisch. Er tappte heran mit erderschütterndem Übergewicht, daß der Boden erbebte. Die Elfentochter konnte das Vibrieren selbst in der Schatztruhe spüren.
    Wurde der Drache nicht mißtrauisch, weil die Truhe mit dem Gold und dem Silber diesmal größer war als sonst? Schließlich mußte sie auch Platz für Natalya bieten, und der Zeremonienmeister war der begründbaren Ansicht gewesen, man sollte dem Drachen auf jeden Fall die übliche Menge an Gold und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher