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0573 - Tanzplatz des Teufels

0573 - Tanzplatz des Teufels

Titel: 0573 - Tanzplatz des Teufels
Autoren: Werner Kurt Giesa
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einen Lada, der ein solches Tempo erreicht? Und noch dazu auf dieser Straße? Völlig unmöglich!«
    »Guter Mann, das sagt mir mein Verstand auch«, erwiderte Erich Feldmann. »Aber vielleicht finden Sie ja eine Erklärung dafür, daß der Wagen so zusammengedrückt ist. Das kann nur durch ein enorm hohes Tempo passiert sein. Oder glauben Sie, jemand hat mit einem großen Hammer zugehauen?«
    »Ich glaube überhaupt nichts«, sagte Rendsberger. »Für Glaubensfragen sind andere zuständig, ich halte mich an Fakten, und Fakt ist, daß das, was wir hier sehen, nicht sein dürfte. Stimmt’s, oder habe ich recht?«
    Senkamp hüstelte.
    »Vielleicht hätte der Fahrer uns etwas über dieses physikalisch-technische Wunder verraten können«, überlegte er. »Wenn er es nur überlebt lullte. Wißt ihr was? Dieser Lada war bestimmt ein Prototyp, so 'ne Art Spezialanfertigung. Erich Honneckers letzter Versuch einer Geheimwaffe gegen den westlichen Automobilbau, schneller als jeder Sportwagen und jedes Flugzeug. Und der Testpilot wurde unter dem Druck der Beschleunigung ohnmächtig. Man sagt, Kosmonauten sei das früher auch hin und wieder passiert.«
    Feldmann winkte ab.;
    »Dann schicken wir dibsen komprimierten Blechklumpen am besten zum Sternenstädtchen nach Moskau, wie? Dann können die Raumfahrtexperten unseres einstigen Großen Bruders feststellen, warum dieses Raumschiff bruchgelandet ist…«
    »Sie nehmen das alles wohl nicht ernst, wie?« fragte Rendsberger.
    »Ich geruhe meiner Fassungslosigkeit ob diverser Unmöglichkeiten Ausdruck zu verleihen«, ächzte Feldmann, der Sachverständige. »Lassen Sie den ganzen Kladderadatsch zu uns schaffen, damit ich ihn genauer untersuchen kann. Rechnen Sie aber mit dem abschließenden Gutachten nicht vor drei, vier Tagen.«
    »So schnell?« staunte Senkamp. »Sind Sie wahnsinnig, Herr? Das paßt doch in keinen Fünf jahresplan.«
    »Ach, gibt’s die noch? Ich meine, die Fünf jahrespläne?«
    »Sicher«, grinste Senkamp. »Die Herrschaften in Bonn erstellen doch solche Pläne, wenn es um den Umzug der Regierung in die deutsche Hauptstadt oder um die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit geht, und was die Wirksamkeit dieser Pläne angeht, stehen sie denen der DDR in nichts nach…«
    »Seien Sie vorsichtig mit Ihren Äußerungen«, warnte Feldmann. »Sie sind Beamter.«
    »Und das gottseidank in der heutigen BRD und nicht in der einstigen DDR«, stellte Senkamp fest. »Damals hätte ich mit meiner großen Lästerschnauze nicht mal den Hauch einer Chance gehabt, Polizist zu werden, Gefängnisinsasse schon eher. Also wirklich schon in drei, vier Tagen?«
    »Keinesfalls früher«, knurrte Feldmann verdrossen.
    ***
    »Hexenwerk«, murmelte Walter Brass, und nachdenklich betrachtete er das Zeitungsfoto eines zerknautschten Autos vor einem abgeknickten Baum. »Das war Hexenwerk. Die Hexen haben das getan. Sie wollen nicht, daß Wagen ohne Pferde fahren.«
    »Das ist doch Unsinn, Walter!« widersprach ein anderer Mann am Kneipentisch. »Die Hexen von heute haben sich an die moderne Technik gewöhnt! Tagsüber fahren sie Auto, und nachts reiten sie nicht mehr auf Besen, sondern auf Staubsaugern…«
    Der alte Walter Brass beugte sich vor.
    »Du nimmst mich nicht ernst, Stephan!« knurrte er. »Es waren die Hexen, ich habe sie gesehen.«
    »Als sie diesen Kleinwagen vor den Baum geklatscht haben, he?«
    »Natürlich nicht!« protestierte der fast Hundertjährige. »Wenn ich dabei gewesen wäre, wäre ich auch tot. Die Hexen mögen keine Zeugen.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Das weiß jeder hier!« Brass erhob sich und sah sich in der verräucherten Schankstube um. »Jeder weiß das, ist es nicht so? Aber du weißt es nicht, Stephan. Du bist ja nicht von hier, woher sollst du es also wissen? Außerdem bist du viel zu jung für solche Dinge.«
    Der Mann, den er Stephan nannte, war schon seit mehr als einem Jahrzehnt jenseits der Pensionsgrenze, hatte sich längst aus dem Erwerbsleben zurückgezogen, überließ die Firma seinem Sohn und lebte ganz gut damit. Dabei hatte er selbst nicht einmal damit gerechnet, nach einem streßerfüllten Leben noch so lange auf der Welt zu bleiben.
    Aber es gab ihn immer noch.
    Er war nur nicht mehr ganz so gut auf den Beinen.
    Brass, obwohl sehr viel älter, war körperlich wesentlich besser beisammen.
    »Ich habe die Hexen gesehen«, murmelte er. »Sie flogen über den Nachthimmel, ihnen voran war der Teufel selbst. Stephan, ich weiß, wovon ich
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