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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen
Autoren: Edgar Wallace
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blickend.
    »Das geht Sie vorläufig gar nichts an. Sie haben zu tun, was von Ihnen verlangt wird - alles andere wird sich schon finden!«

5
    Clive Lowbridge stand, die Augenbrauen grübelnd zusammengezogen, vor dem Toilettenspiegel. Er war ein gutaussehender junger Mann mit energischem Gesicht und klaren, hellen Augen. Zuvor hatte er in einer bescheidenen Wohnung in Chelsea gelebt und sich durch Malen nicht besonders origineller Landschaftsbilder schlecht und recht durchgebracht, bis ihm nach einer Reihe unerwarteter Todesfälle plötzlich Titel und Erbe eines Lord Lowbridge zufielen. Er besaß nun ein riesiges Gut - allerdings gab es auf dem ganzen Grundstück kaum ein Gartenhäuschen, das sein leichtfertiger Onkel nicht bereits als Sicherheit für irgendeine Verbindlichkeit verpfändet gehabt hätte.
    Seine Gedanken beschäftigten sich an diesem Morgen abwechselnd mit Betty und dem verschrobenen Doktor, in dessen Haus er sie vor fünf Jahren zum erstenmal getroffen hatte. Sie war damals ein hübsches, schlankes, jedoch verängstigt und mißtrauisch wirkendes Kind gewesen, das, sobald man es anredete, zusammenschrak und alles tat, um den Tyrannen, der sein Vormund war, zufriedenzustellen.
    Als Lord Lowbridge angekleidet war, klingelte er seinem Diener.
    »Vergessen Sie nicht, Benson, daß Miss Carew heute nachmittag kommt. Sorgen Sie dafür, daß das Auto bereit ist, um sie nach Hause zu fahren.«
    »Jawohl, Mylord.«
    »Haben Sie sich gut eingelebt, Benson? Nun ja, Sie haben in einem Klub gearbeitet, bevor Sie sich dazu verleiten ließen, in meine Dienste zu treten. Gefällt es Ihnen bei mir besser als im Klub?«
    »Viel besser, Mylord ...« antwortete der Diener zögernd.
    »Aber ein so begehrenswerter Posten ist es doch auch wieder nicht, wie Sie geglaubt haben, he? Mein Onkel hinterließ mir nur sehr wenig Geld.«
    Benson verneigte sich respektvoll.
    »Das überrascht mich nicht. Ich habe es bisher nicht gewagt, Eurer Lordschaft zu sagen, daß ich den verstorbenen Lord Lowbridge gekannt habe. Ich war in seinem Klub im West End angestellt und sah ihn oft. Er warf das Geld mit vollen Händen hinaus - einmal verlor er in einer einzigen Nacht im Bakkarat fünfzehntausend Pfund. Es ist bekannt, daß im Klub der Landwirte sehr hoch gespielt wird. Ein sehr leutseliger Herr. Sehr freundlich war auch sein Sohn, der so plötzlich starb.«
    »Sie kannten auch meinen Vetter?«
    »Ja, Mylord. Ich möchte Eure Lordschaft nicht beunruhigen, aber es scheint in der Familie eine gewisse erbliche Belastung zu geben. Der ehrenwerte John starb an einem Herzschlag und sein Vater Lord Lowbridge, ein Herr, der eine eiserne Natur besaß, verschied ein Jahr später auf genau die gleiche Weise. Niemand hätte sich träumen lassen, daß er dem Tod so nahe wäre. Und beide wurden von Dr. Laffin behandelt.«
    Bensons Hand wischte mechanisch ein unsichtbares Stäubchen von einer Stuhllehne.
    »Dann kannten Sie also Dr. Laffin schon? War er auch Mitglied des Klubs der Landwirte?«
    »Ja, Mylord.«
    »Jedenfalls - wie ich sehe, kennen Sie eine Menge Leute, und das bringt mich auf eine Idee ... Sie wissen, wie man so was anstellt - ich möchte nämlich gerne, daß Sie herausbringen, was für eine Bewandtnis es mit einem gewissen Mr. Holbrook von Pawters Reklamebüro hat. Sie werden die Firma im Telefonbuch finden.«
    »Gewiß, Mylord.«
    Benson, ein breitschultriger, untersetzter Mann, bedurfte keines weiteren Hinweises.
    »Noch etwas, Benson!« rief er dem Diener nach, der das Zimmer verlassen wollte. »Meine Zigarren verflüchtigen sich in letzter Zeit mit besorgniserregender Geschwindigkeit. Wollen Sie nicht die Güte haben, hundert von einer billigeren Marke zu bestellen? Es müssen deshalb nicht gerade schlechte Zigarren sein, wissen Sie! Suchen Sie etwas nach Ihrem Geschmack aus.«
    »Jawohl, Mylord.«
    Benson blieb völlig gelassen, entschuldigte sich in keiner Weise, war aber auch nicht verlegen. Er hatte beobachtet, daß Dr. Laffin bei seinem letzten Besuch eine ganze Handvoll Zigarren zu sich gesteckt hatte, aber es war nicht seine Sache, die Ungezogenheiten eines Gastes aufzudecken.
    Als Clive Lowbridge am Nachmittag an der offenstehenden Salontür vorbeikam, war sein Diener gerade dabei, einen letzten prüfenden Blick auf den Teetisch zu werfen. Clive blieb stehen und beobachtete, wie Benson eine Schachtel vom Wandbrett nahm und die silberne Zigarettendose auf dem Tisch auffüllte, eine winzige Spiritusflamme anzündete und die
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