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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen
Autoren: Edgar Wallace
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hatte, der sich jedoch stumm verhielt.
    »Was ist denn los? Was soll dieser Mummenschanz bedeuten?« fuhr Dr. Laffin die beiden an.
    Der Mann mit der Laterne trat näher an ihn heran und flüsterte ihm etwas so leise zu, daß Betty es nicht verstehen konnte.
    »So, so - das trifft sich gut, ich bin nämlich ...« Auch Dr. Laffins Stimme sank zum Flüstern herab. Dann sagte er: »Ich werde nur den Wagen an den Straßenrand fahren. Und du -«, wandte er sich an das Mädchen, »du wirst ruhig darin sitzen bleiben!«
    »Hier?« schrie sie entsetzt auf. »Mitten in der Einöde von Dartmoor - ganz allein?«
    »Dieser Herr wird dich beschützen. Du hast übrigens nichts zu befürchten, sonst würde ich dich nicht verlassen.«
    Er zeigte auf den zweiten ›Mönch‹, der außerhalb des Lichtkegels der Scheinwerfer stand.
    Betty antwortete nicht, sie sah nur Laffin und seinem mysteriösen Begleiter nach, die rasch in der Dunkelheit verschwanden.
    Der zweite Mann blieb völlig bewegungslos stehen. Vergeblich versuchte sie, ihre Augen von seinem vermummten Gesicht abzuwenden.
    Laffin war etwa eine halbe Stunde weg, als ein Ton die Luft durchzitterte, der die gruselige Nacht noch unheimlicher machte. Es waren die dumpfen Schläge einer großen Glocke. Betty lauschte gespannt, woher der Klang käme.
    Dong!
    Wieder und wieder .
    Dann hörte man ferne Stimmen - tiefe, gedämpfte Männerstimmen, die einen Choral sangen.
    Dong!
    Das Mädchen zitterte an allen Gliedern. Was hatte das alles zu bedeuten? Sie sah erregt um sich. Der Mann stand noch immer auf dem gleichen Platz wie vorher und wartete. Worauf? Sie hatte das Gefühl, daß er angestrengt lauschte.
    Eine Stunde war vergangen, als sie Schritte auf der harten Straße hörte und jemand ›Gute Nacht‹ sagte. Es war der Doktor. Er kam allein - er mußte sich in der Dunkelheit von seinem Führer verabschiedet haben. Sie sah sich noch einmal um - auch der zweite Mann war verschwunden, als ob ihn die Erde verschluckt hätte.
    Laffin ließ den Motor anspringen und stieg ein.
    »Wer waren diese Leute?« fragte sie.
    Er antwortete nicht. Der Wagen fuhr an.

2
    Monate später. Betty Carew hörte verblüfft zu. Sie hatte Dr. Joshua Laffin schon viele phantastische Ansichten äußern hören, aber noch nie war er ihr mit einem so verrückten Ansinnen wie diesmal gekommen.
    In dem schlecht gelüfteten, dunklen Zimmer roch es nach muffigem Papier und alten Ledereinbänden. Vierzehn Jahre hatte sie in der beklemmenden Atmosphäre dieses alten Hauses verbracht, und jedesmal, wenn sie es wieder betrat, beschlichen sie die Ängste ihrer Kindheit von neuem.
    »Ich verstehe nicht ganz, was du willst«, sagte sie wahrheitsgemäß. »Warum wünschst du, daß ich das tue?«
    »Ich werde dir weder das Weshalb noch das Wozu mitteilen«, antwortete er mit einer Stimme, die an Eulengekrächz erinnerte.
    »Ich befehle einfach. Du kennst mich, Elisabeth! Ich weiß meinen Willen durchzusetzen. Und besonders jetzt werde ich das rücksichtslos tun. Ich habe gewisse Enttäuschungen erlebt, einige meiner Pläne sind fehlgeschlagen. Was ich jetzt vor Augen habe, muß reibungslos erreicht werden.« Er sah Betty durchdringend an. »Du bist eitel und eingebildet wie alle Mädchen, die den Anspruch erheben können, hübsch genannt zu werden. Ich habe dich aus dem Armenhaus herausgeholt. Du stammst aus der Gosse, gehörst zum Abschaum der Menschheit, du bist ein Galgenkind - und obwohl jeder anständige Mensch, der um deine Abstammung wüßte, sich mit Abscheu von dir abwenden müßte, wagst du es, meinen Wünschen Trotz zu bieten und meinen Befehlen ein freches Warum entgegenzusetzen.«
    Das waren alte Vorwürfe und Beschimpfungen, die sie ganz kalt ließen.
    »Es ist schon möglich, daß ich das alles bin, was du sagst«, erwiderte sie gleichmütig. »Dennoch habe ich eine Abneigung dagegen, in einem Schaufenster zu sitzen und mich von Neugierigen anstarren zu lassen. Ich bilde mir nicht ein, eine große Schauspielerin zu sein, aber ich liebe meinen Beruf viel zu sehr, als daß ich ihn entwürdigen würde, so wie du es wünschst. Wofür soll ich eigentlich Reklame machen?«
    Sie erhob sich langsam von ihrem Stuhl neben dem alten, abgenützten Schreibtisch. Ihre Lippen waren trotzig aufeinandergepreßt.
    »Gute Nacht also«, sagte Laffin schroff. »Du findest ja wohl den Weg hinaus allein. Ich werde meine ›Zehn‹ einschalten. Schließ das Tor behutsam!«
    Sie hatte nicht erwartet, daß er mehr sagen würde. Eine
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