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0562 - Die Zeit der Reptilien

0562 - Die Zeit der Reptilien

Titel: 0562 - Die Zeit der Reptilien
Autoren: Werner Kurt Giesa
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vielen Zeremonien schlüpfen Menschen in die Masken von Göttern.«
    »Du meinst, daß sich jemand als Sobek ausgibt… beziehungsweise ausgab?«
    Sie nickte. »Vielleicht ein Priester. Jemand, der sich bei Feierlichkeiten als Sobek maskiert. Gut, wir wissen zwar aus eigenem Erleben, daß es die Götter Ägyptens wirklich gab, aber wir wissen nicht, wen Asmodis damals gesehen hat. Es muß nicht Sobek selbst gewesen sein. Sobek ist eigentlich kein Mörder. Als Krokodil ist er natürlich eine Horrorgestalt, aber er ist auch der Beschirmer des Nil. Er ist für die alten Ägypter ein positives Wesen. Steel hatte ihn beschworen und damals erst zum Mörder gemacht. Von Natur aus aber dürfte der Krokodilgott alles andere als ein Killer sein.«
    »Du willst also unbedingt mit?« schlußfolgerte Zamorra aus ihren Überlegungen.
    Nicole nickte. »Ich bin dabei, ob du willst oder nicht!«
    Zamorra atmete tief durch.
    Er zog sie in seine Arme.
    »Überleben oder sterben wir also gemeinsam«, flüsterte er.
    ***
    Theben, etwa dreieinhalbtausend Jahre früher:
    Menem-Set schlief in den nächsten Nächten nur wenig. Die Angst hielt ihn wach. Angst, doch noch von Tempelkriegern aufgegriffen zu werden. Angst, von Khachkaht betrogen zu werden. Angst, sich zu einem Werkzeug machen zu lassen und später noch schlimmer bestraft zu werden.
    Aber ihm blieb keine andere Wahl. Er hatte den Gott Sobek gesehen! Ja, zum bereits zweiten Mal hatte er Sobek unmittelbar gegenübergestanden, und der Herr des Nil, der Beschirmer und der Lenker der Fluten, verlangte, daß Menem-Set tat, was des Gottes Wille war.
    Aber wann sollte er es tun?
    Und wie?
    Er war ein einfacher Mann, ein Dieb noch dazu. Wie sollte es ihm jemals gelingen, nahe genug an den König heranzukommen, um ihn zu töten?
    Selbst bei Festlichkeiten war der Pharao stets weit von der Menschenmenge entfernt, und er wurde gut beschützt von seinen Soldaten. Menem-Set konnte sich einfach nicht vorstellen, daß ausgerechnet er in die Nähe des Königs gelangte. Man würde ihn lange vorher aufhalten und gefangennehmen oder töten.
    Vielleicht sollte er Neter-Sekhet um Unterstützung bitten. Er war ein Beamter. Er wußte vielleicht eine Möglichkeit, nahe genug an den Göttlichen heranzukommen.
    Natürlich durfte Neter-Sekhet niemals erfahren, daß es Menem-Set nur darum ging, den König zu ermorden. Dann würde er niemals mitspielen, sondern den Dieb unverzüglich an die Soldaten verraten!
    Aber immerhin war es eine Möglichkeit…
    Was jedoch sollte er Neter-Sekhet sagen? Welchen Grund konnte es geben, dem Pharao nahe zu treten?
    Nein. Sicher war es besser, wenn er es so anfing, wie er es am Tempel getan hatte, als er den blauen Sternenstein hatte stehlen wollen. Sich erst einmal genau umsehen, dann eindringen und…
    Und hoffen, daß ihm nicht wieder jemand in den Weg trat, so wie ihm im Tempel Sobek begegnet war!
    Die Angst in ihm wurde immer größer.
    Warum ich?
    Warum ausgerechnet ich?
    Ich bin doch kein Mörder!
    Er fürchtete, in seiner Angst einen tödlichen Fehler zu begehen.
    War vielleicht das die Strafe Sobeks für seinen Frevel? Ihn nicht zu töten, sondern in den Tod zu treiben und ihn zuvor noch unter dieser entsetzlichen Angst und Verwirrung leiden zu lassen?
    Er mußte es hinter sich bringen!
    So schnell wie möglich!
    Er wollte nicht länger leiden für etwas, das er nicht einmal gewollt hatte.
    In einer der nächsten Nächte würde König Kamose sterben!
    ***
    Menem-Set plante sein Vorgehen genauestem. Und während er plante, rechnete er immer wieder damit, zwischenzeitlich Besuch von Khachkaht zu bekommen.
    Aber der Unheimliche zeigte sich nicht mehr. Er war nirgendwo zu sehen, gerade so, als habe ihn der Nilschlamm unter sich begraben - nein, mehr noch, als habe er niemals existiert.
    Dabei war es ansonsten für jemanden wie Menem-Set mit seinen Bekanntschaften in Kreisen der Unterwelt ein leichtes, jemanden ausfindig zu machen.
    Lediglich an den Tempelmauern und den Mauern des Königspalastes endeten die vielen Krakenarme dieser verschworenen Gemeinschaft der Einzelgänger.
    Bedeutete das, daß Khachkaht im Palast oder im Tempel wohnte?
    Doch selbst wenn, warum zeigte er sich dann nicht mehr außerhalb? Wußte er, auf welches engmaschige Netz von Informanten ein Dieb in Theben zurückgreifen konnte?
    Mehr denn je begann sich Menem-Set für die täglichen Gewohnheiten des Königs zu interessieren.
    Früher war ihm gleichgültig gewesen, was der Göttliche tat oder
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