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0553 - Geisterstunde

0553 - Geisterstunde

Titel: 0553 - Geisterstunde
Autoren: Werner Kurt Giesa
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retten können, doch wer darüber nicht verfügte, wäre in solch lebensfeindlicher Umgebung hoffnungslos verloren.
    Momentan war der Platz unbelegt -der beste Grund, ihn gleich zu okkupieren! Zamorra verzichtete jedoch darauf, das »Bitte nicht stören«-Zeichen sichtbar anzulegen.
    Ein eigenartiges Geräusch alarmierte ihn plötzlich. Es klang nach dem Blubbern eines alten amerikanischen V-8-Motors, das durch einen vom Rost perforierten Auspuff als heiseres Röcheln drang. Augenblicke später entdeckte Zamorra einen betagten Chevrolet Capriee-Kombi, der den abschüssigen Weg herunterrollte und dann auf dem Platz anhielt.
    Mostache stieg aus, der Wirt der besten, weil einzigen Kneipe im Dorf, der er den sinnigen Namen »Zum Teufel« gegeben hatte.
    Zamorra hob abwehrend die Hände. »Um Himmels willen!« stieß er hervor. »Wie kommst du denn an dieses Monstrum?«
    »Frisch gekauft«, strahlte der Wirt. »Lafitte hat mir den Wagen empfohlen.«
    »Hoffentlich hat er dir auch empfohlen, kein Geld dafür zu bezahlen, sondern eine Verschrottungsgebühr zu kassieren!«
    Mostache grinste.
    »Täusch dich nicht, Professor. Der Wagen war ein richtiges Schnäppchen, er ist im Topzustand.«
    »Man hört’s.«
    »Na gut, der Auspuff wird nur noch von seinen Löchern zusammengehalten, aber Lafitte besorgt mir einen neuen. Schadstoffarm wie eure Nobelschlitten im Château ist der Wagen übrigens auch, ist bis vor kurzem noch in Kalifornien gelaufen, mit Kat, für bleifreies Benzin geeignet. Vor allem hat er viel Platz. Jetzt brauche ich nur noch einmal im Monat zum Großmarkt zu fahren. Früher, mit dem R 4, mußte ich vier- bis fünfmal. Was glaubst du, Zamorra, was ich jetzt allein an Benzin spare?«
    »Dein R 4 schluckte ungefähr sieben Liter, bei diesem Schlachtschiff kannst du mit siebenundzwanzig rechnen - bei mäßiger Fahrt und unbeladen. Wenn du ihn vollpackst, säuft er noch mal zehn Literchen mehr.«
    »Aber normal bleifrei!« protestierte Mostache. »Den alten Schuhkarton mußte ich mit dem viel teureren verbleiten Zeugs tanken… He, du redest schon wie meine Frau, die wollte den Chevy auch nicht haben! Aber ich finde ihn praktisch. Und was willst du überhaupt? Deine Nicole fährt doch auch 'nen Cadillac-Oldtimer.«
    Was nicht zu leugnen war. Ebensowenig, daß Lafittes Straßenkreuzer-Fieber wieder Blüten getrieben haben mußte. Er hatte seinerzeit Nicoles ’59er Cadillac gekauft, gehegt und gepflegt, bis der Familienzuwachs ihn zwang, den Wagen zurückzu verkaufen - der Unterhalt wurde ihm zu teuer und die Kinderwagen zu sperrig für den nicht gerade gewaltigen Kofferraum, der der Wagengröße hohn sprach. Aber Lafitte war noch immer von den großen alten Autos begeistert, und wenn er Mostache beraten hatte, war es kein Wunder, daß der gefälligst einen uralten Ami-Schlitten zu kaufen hatte anstelle eines moderneren, weniger reparaturanfälligen Kombis europäischer oder asiatischer Produktion.
    »Du wirst dich noch wundern, was du an Unsummen in die Kiste stecken wirst«, warnte Zamorra. »Aber wehe, du erhöhst deswegen deine Steak-Preise!«
    Mostache winkte ab. »Stell dich nicht so an wegen der paar sou! Ein Volk, das seinen Wirt hungern läßt, verdient nicht zu leben. Was Steaks angeht - schau dir an, was ich mitgebracht habe. Such dir aus, was ihr braucht, den Grill habe ich auch an Bord, du brauchst also nicht umständlich deinen eigenen Kram und die Kohle durch deinen Keller zu schleppen. Ist alles hier, kostet nix extra - vorausgesetzt, ich darf meine Frau herschleifen und mitfeiern.«
    »Und deine Kneipe?«
    »Wird heute wegen vorübergehenden Reichtums geschlossen.«
    Er öffnete die Kofferraumtür des Chevrolets. Zamorra kam, sah und staunte - Grill, Vorräte, Getränke, Gläser und was ansonsten noch nötig war, und alles hatte in diesem riesigen Stauraum des Chevrolets Platz gefunden.
    »Ich hol’ jetzt meinen ehelich angetrauten Parasiten«, entschied Mostache, als sie ausgeladen und den Grill aufgebaut hatten. »Wenn wir zurückkommen, bringe ich auch noch jede Menge Stühle mit. Es soll an nichts fehlen.«
    »Eins kann ruhig fehlen«, brummte Zamorra. »Die Rechnung…«
    »Die berappen doch sowieso die Geburtstagskinder, oder?« vermutete Mostache, worauf Zamorra sich insgeheim fragte, wie der Wolf seinen Anteil an den Veranstaltungskosten bezahlen wollte. In Gestalt erlegter Kleintiere aus Wald und Flur?
    Der Chevrolet mit dem roströchelnden Auspuff-Super-Sound rollte die Böschung
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