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0553 - Geisterstunde

0553 - Geisterstunde

Titel: 0553 - Geisterstunde
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Zeit wesentlich freier verfügen; es war nur eine Frage, ob er gerade zu Hause war oder nicht.
    Zamorra rieb sich die Hände, es konnte losgehen. Irgendwie freute er sich darauf, die Freunde wiederzusehen.
    ***
    Fooly hielt in der Bewegung inne. Rhett prallte aus vollem Lauf gegen den Jungdrachen.
    »Hab dich!« rief der Junge und klatschte die Handfläche auf die grünlich-bräunliche Fleckenhaut des reptilhaften Wesens, das für seine etwa 1,20 Meter Körpergröße recht massig, um nicht zu sagen, fett gebaut war.
    Kurze Beine, kurze Arme, ein langer Reptilschädel mit großen, runden Telleraugen, ein Rückenkamm aus dreieckigen Hornplatten, die sich, allmählich verjüngend, vom Kopf bis zur Schwanzspitze zogen, und ein relativ kleines Flügelpaar ergänzten die Erscheinung des liebenswerten Tolpatsches aus dem Drachenland, der im Château Montagne Asyl gefunden hatte und offiziell unter Butler Williams Obhut stand - ausgerechnet und nicht gerade zum Entzücken Lady Patricias, die einen negativen erzieherischen Einfluß auf ihr Kind befürchtete.
    Unlängst hatte Fooly dem Jungen gezeigt, wieviel Zahnpasta in einer Tube steckte, daß man Kaugummis durchaus in Türschlösser stopfen konnte und daß in einem Zuckerstreuer nicht unbedingt Zucker sein mußte; Salz sah schließlich beinahe genauso aus. Nicht minder interessant war es, ein paar Wollknäuel aus Mutters Strickkorb zu stibitzen und damit die Geschichte von Theseus, Ariadne und dem minoischen Labyrinth nachzuspielen, indem man den Wollfaden durch das gesamte Château mit all seinen Räumlichkeiten und um alle Möbel zog.
    Von einer Sekunde zur anderen war der kleine Drache aber jetzt todernst geworden. Er ignorierte das fröhliche Kind und sah nach oben.
    Er hatte den Eindruck, daß am Himmel irgend etwas lauerte, das sich selbst seinem Sehvermögen entzog, und das, obgleich er wesentlich besser sehen konnte als jeder Mensch.
    Was dort oben schwebte - kannte er es nicht?
    Aber das war unmöglich. Das, was ihn vor Tagen veranlaßt hatte, nach Wales zu fliegen, existierte nicht mehr in dieser Welt. Es war in eine andere Welt entschwunden, zusammen mit dem Menschen, dessen seltsame Para-Fähigkeit es manipuliert hatte.
    Vorbei…
    Vorbei war im nächsten Moment auch der Eindruck, daß sich über Château Montagne etwas Lebendiges bewegte. Etwas, das aus purer Magie bestehen mußte und vielleicht aus sich selbst heraus existierte.
    Er versuchte noch, es zu ertasten, fand aber nichts mehr.
    Fenrir schlug die Fänge in seinen Schweif und drückte vorsichtig zu.
    He! machte er sich telepathisch bemerkbar. Willst du jetzt Denkmal spielen , oder was ist los?
    Fooly zuckte zusammen. Er jammerte unter dem wahrhaftig alles andere als schmerzhaften Biß kläglich, fuhr herum und watschelte mit drohenden Gebärden, rauch- und feuerschnaubend, hinter dem locker davontrabenden Wolf her.
    In sicherer Entfernung ließ sich Fenrir auf die Hinterläufe nieder und zog die Lefzen zum Wolfsgrinsen hoch.
    Rhett lachte vergnügt; das Spiel seiner beiden nichtmenschlichen Freunde war für ihn spannender und lustiger als jeder Zeichentrickfilm.
    In diesem Moment tauchte Nicole auf, kauerte sich neben Rhett und bat ihn für die kurze Unterbrechung des Spiels um Entschuldigung. Dafür kassierte sie weitere Sympathiepunkte. Rhett fand sie ganz in Ordnung, ihr einziger Fehler bestand darin, daß sie erwachsen war. Aber damit konnte er leben, solange sie nicht einfach befahl, sondern bat und erklärte und Rücksicht auf seine Interessen nahm. Und vor allem, solange sie ihm hin und wieder ein paar Süßigkeiten zusteckte.
    Was sie jetzt dem großen, netten Wolf zu erzählen hatte, interessierte ihn nicht. Da war die Rede von einer Feier der Erwachsenen, und die machten keinen wirklichen Spaß. Also trollte er sich und suchte sich eine andere Beschäftigung, bis seine Freunde wieder Zeit für ihn hatten. Bei diesen Feiern durfte Rhett ohnehin nicht mitmachen, Mutter steckte ihn ja gemeinerweise immer dann ins Bett, wenn es abends eigentlich erst richtig interessant wurde. Und morgens, wenn er noch so richtig müde war und das Bett wohlig warm, dann mußte er schon wieder aufstehen.
    Diese Weltordnung war nicht nur unlogisch, sondern auch ungerecht. Natürlich, sie wurde ja auch von Erwachsenen aufgestellt, die ihre Macht über Kinder weidlich ausnutzten.
    »Zamorra hat beschlossen, daß die Fete unten am Fluß stattfindet«, verkündete Nicole. »Einverstanden, Fenrir?«
    »Fete?« fragte
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