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0553 - Geisterstunde

0553 - Geisterstunde

Titel: 0553 - Geisterstunde
Autoren: Werner Kurt Giesa
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du Julian und seine Traumwelten?«
    Der Silbermond-Druide schüttelte den Kopf. »Julian dürfte sich in dieser Form nicht manipulieren lassen. Das hat nur Shirona geschafft, dieses Wesen aus Merlins sechstem Amulett. Nein, ich rede von ganz normalen Menschen. Denke zum Beispiel an Saranow.«
    »Boris Saranow?« wiederholte Zamorra. »Du meinst den russischen Parapsychologen? Der ist doch kein Medium für Träumer und Traumphänomene!«
    »Erinnerst du dich nicht, was Boris Saranow einmal erzählt hat, als wir eine gemeinsame, ziemlich lange Wodka-Nacht durchgezogen haben? Es liegt etwa drei oder dreieinhalb Jahre zurück. Wir waren eher zufällig bei ihm. Er sprach von einem seiner Fälle!«
    Zamorra sah den Druiden nachdenklich an. Plötzlich dämmerte es ihm.
    »Was war das für ein Fall?« wollte Teri Rheken wissen.
    Zamorra erinnerte sich jetzt wieder ganz genau.
    Er begann zu erzählen. Die Geschichte, von der der Russe ihm und Gryf einmal berichtet hatte. Die Geschichte über…
     
    Die Stunde der Träume
    Der Schläfer hörte nicht das leise Ticken der Uhr. Monoton, gleichmäßig. Ruhig drehte er sich auf den Rücken, ohne dabei aufzuwachen. Seine Lippen öffneten sich rhythmisch, während leichte Sehnarchtöne über sie hervorkrochen.
    Er erreichte die Tiefschlaf-Phase, sein Bewußtsein pendelte in die Irrealität über. Fantasie wurde zur Wirklichkeit.
    Zum realistischen Farbtraum.
    Er schritt über eine Wiese. Seine Füße berührten tiefgrünes Gras, noch feucht vom Morgentau. Die schwarze heiße Sonne stand hoch am Himmel, fast im Zenit, warf bunte Schatten. Schatten, die in allen Farben des Regenbogenspektrums schimmerten.
    In seinem Traum war er plötzlich nicht mehr allein in dieser bunten, ungewöhnlichen Landschaft. Da war noch jemand.
    War einfach da, von einem Moment zum anderen. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel.
    Ein wunderschönes, zauberhaftes Mädchen.
    Traumhaft…
    Samtweiche, von der schwarzen Sonne bronzen getönte Haut zeigte sich dem Betrachter. Das Mädchen bewegte sich in seiner verführerischen Nacktheit völlig natürlich und unverkrampft. Blondes Haar umwallte Kopf und Oberkörper, bedeckte je nach dem Schwung der Bewegung die schönen, festen Brüste oder gab sie den Blicken des Betrachters frei. Sanfte blaue Augen strahlten den Träumenden an, kirschrote Lippen öffneten sich verlangend.
    Er griff nach ihr, doch der schlanke, makellose Körper entzog sich mit einer schnellen, raubkatzenhaft eleganten Bewegung.
    Helles Lachen perlte auf.
    ***
    Durch das geöffnete Fenster drangen die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne, die sich als grellweißer Halbkreis über den Horizont schob. Stepan blinzelte und schützte seine Augen vor dem grellen Licht.
    Ein Geräusch irritierte ihn. Ein Geräusch, das nicht zu seinem Moskauer Ein-Zimmer-Appartement gehörte.
    Er richtete sich auf, seine Hand glitt unter das Kopfkissen und griff zu der Makarow-Pistole, die er darunter aufbewahrte.
    Seit die alte Ordnung der Sowjetunion untergegangen war und die Mafia mehr und mehr an Einfluß gewann, war er vorsichtig geworden. Einige Menschen, die er kannte und die sich in ähnlichen Positionen befunden hatten wie er, waren ermordet worden. Der Besitz der Waffe verlieh ihm das Gefühl einer trügerischen Sicherheit, er glaubte, sich damit wenigstens wehren zu können, wenn sie kamen, um auch ihn zu ermorden, weil er ihren radikalen und kriminellen Plänen im Wege stand.
    Aber das Geräusch, das ihn, einem streifenden Kontrollblick zur Uhr zufolge, ein paar Minuten vor der Zeit geweckt hatte, kam von keinem Verbrecher, der ihn ermorden wollte.
    Es war etwas ganz anderes…
    Jemand…
    »Nein«, sagte er verblüfft. »Nein! Ich träume…«
    Neben seinem Bett saß in einem braunen Ledersessel ein hübsches Mädchen im Evaskostüm, sie war völlig nackt. Langes blondes Haar umwallte Kopf und Oberkörper, sanfte blaue Augen strahlten ihn an, und unter einer zierlichen Stupsnase glänzten volle, kirschrote Lippen.
    Glockenhelles Lachen klang auf. Er erkannte es wieder - gerade noch halle er es in seinem Traum gehört!
    Das Mädchen schüttelte den Kopf und ließ die langen blonden Haarsträhnen wie eine Fahne fliegen.
    So wie in seinem Traum.
    »Du bist jetzt wach. Aber du hast geträumt«, sagte das Mädchen.
    Stepan ließ die Waffe sinken und ließ sich ins Kissen zurückfallen. Er zog die Decke etwas höher, darunter war er so nackt wie sie, doch ihm machte das mehr aus als der Schönheit, die sich
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