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055 - Der Zahn der Hydra

055 - Der Zahn der Hydra

Titel: 055 - Der Zahn der Hydra
Autoren: A.F.Morland
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lag der Telefonhörer neben dem Apparat. Rasch schnappte sich McLaglen den Hörer.
    »Hallo, Mr. Peckinpah, das ist aber eine freudige Überraschung…«
    »Hören Sie zu, Mr. McLaglen, ich habe nicht viel Zeit…«
    »Von wo aus rufen Sie an?« fiel ihm der Rechtsanwalt trotzdem ins Wort.
    »New York«, sagte Tucker Peckinpah knapp.
    »Und es geht Ihnen gut?«
    »Ja, sehr gut.«
    »Wir haben uns alle große Sorgen um Sie gemacht. Wie ist es Ihnen gelungen…«
    »Würden Sie mich bitte nicht mehr unterbrechen?« sagte der Industrielle ärgerlich.
    »Entschuldigen Sie, aber die Freude darüber, daß Sie sich wieder melden…«
    »Ja, ja, schon gut«, sagte Peckinpah ungeduldig. »Passen Sie auf, Mr. McLaglen, ich habe die Absicht, einen ganz großen Fisch an Land zu ziehen, in einer Größenordnung, die selbst für mich nicht leicht zu bewältigen ist. Das bedeutet, daß ich mein gesamtes Kapital in dieses Projekt schießen muß. Ich gebe Ihnen jetzt durch, welche Ausgaben ab sofort gestoppt werden müssen. Sie kriegen das alles noch schriftlich von mir, ein Telegramm ist an Sie bereits unterwegs. Schreiben Sie trotzdem sicherheitshalber mit.«
    »Augenblick«, sagte McLaglen und holte Kugelschreiber und Papier.
    Tucker Peckinpah strich sämtliche gemeinnützige Zuwendungen, löschte die Beträge für Stiftungen und wohltätige Zwecke, kündigte Kredite fristlos und nahm etlichen Betrieben die finanzielle Krücke, die er ihnen vor kurzem erst geliehen hatte.
    Daß diese Unternehmen dadurch zugrunde gingen, schien ihn nicht zu kümmern.
    Es mußte wirklich ein riesiger Fisch sein, wenn Tucker Peckinpah so rücksichtslos vorging.
    Dean McLaglen wunderte sich. So einen Peckinpah hatte er noch nicht erlebt. Dieser Mann war bisher nie über Leichen gegangen. Er tat es heute zum erstenmal, »Desweiteren werden die Zuwendungen an den ›Weißen Kreis‹ ersatzlos gestrichen«, fuhr Tucker Peckinpah mit seinem Sparmaßnahmenpaket fort, »und das Konto für Tony Ballard wird aufgelöst.«
    »Wollen Sie wenigstens die letzten beiden Punkte nicht noch einmal überdenken?« fragte McLaglen.
    »Tun Sie, was ich Ihnen sage, sonst beauftrage ich einen anderen Anwalt damit!« herrschte der Industrielle ihn an. »Es kommen schwere Zeiten auf uns zu. Wir müssen alle den Gürtel etwas enger schnallen. Ich kann es mir nicht mehr leisten, den Wohltäter zu spielen! Diese Zeiten sind vorbei!«
    ***
    Wenn es kommt, kommt es dick.
    Wir hatten Oda, die weiße Hexe, verloren; mit Lance Selby ging es stetig bergab, und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er sterben würde; Roxane war nicht mehr so wie früher; Frank Esslin war aus unserem Freundeskreis ausgeschieden und zum Söldner der Hölle geworden; Tucker Peckinpah war verschwunden - und nun kam auch noch das dazu, was mir passiert war.
    Die Sorgen, die wir uns alle machten, waren berechtigt.
    Atax, die Seele des Teufels, war in jüngster Vergangenheit sehr aktiv geworden. Er wollte die Feinde des Lichts organisieren und sich zu ihrem Anführer machen.
    Es braute sich einiges zusammen.
    Und ich wußte nicht, was das für eine Krankheit war, die in mir steckte, und die kein Doktor diagnostizieren konnte.
    Als ich das Wohnzimmer betrat, sahen mich alle wie einen Aussätzigen an, und so fühlte ich mich auch. Nicht einmal Vicky, die mich liebte, wagte sich in meine Nähe.
    Ich ließ mich schwer in einen Sessel fallen und seufzte.
    »Ist es vorbei, Tony?« wollte Mr. Silver wissen. In diesem Moment stellte er seine eigenen Probleme hintan.
    Problem Nummer eins war für ihn Roxane. Problem Nummer zwei Cuca, die Hexe, die seinen Sohn geboren hatte. Und Problem Nummer drei war dieser Sohn, den er schon so angestrengt gesucht, aber nicht gefunden hatte.
    »Ja«, sagte ich mit belegter Stimme. »Es geht mir wieder gut.«
    Es stimmte nicht ganz. Körperlich war ich in Ordnung, aber in meinem Inneren war alles durcheinander, stand alles in Aufruhr. Ich wußte nicht mehr, wer ich war.
    Gibt es für einen Menschen etwas Schlimmeres, als über sich selbst nicht mehr Bescheid zu wissen?
    Der Schock im Bad hatte mich in eine schwere Identitätskrise gestürzt, aus der ich keinen Ausweg sah.
    »Wir müssen darüber reden, Tony«, sagte der Ex-Dämon ernst.
    Ich nickte, aber bevor wir das Thema anschneiden konnten, platzte Cruv, der häßliche Gnom, in mein Haus. Sehr elegant sah der Knirps in seinem Maßanzug aus. Er nahm die Melone ab und hängte sie über den Silberknauf seines Stocks, dem man
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