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055 - Das Monster von Greenfield

055 - Das Monster von Greenfield

Titel: 055 - Das Monster von Greenfield
Autoren: Dämonenkiller
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Brust aus, und sie redet mir gut zu. Wenn es nach ihr ginge, dann brauchte ich nicht in eine Anstalt. Aber der mächtige Mr. Quimbley hat mehr zu sagen als sie.
    »Dazu lasse ich es nicht kommen«, verspricht sie trotzdem. »Bevor ich dich mir wegnehmen lasse, ziehe ich lieber in einen anderen Ort.«
    »Ich schäme mich so, dass ich dir solche Schande mache«, sage ich, als ich wieder reden kann. »Ich bin ein Ungeheuer, ich weiß …«
    Aber das will sie nicht hören und schickt mich auf mein Zimmer. Ich verspreche ihr, dass ich das Haus heute nicht mehr verlassen werde, gehe auf mein Zimmer und versuche zu zeichnen.
    Ich kann ganz gut zeichnen. Das sagen auch die Ärzte, die mich behandelt haben. Und ich kann auch ganz gut basteln. Früher, als wir noch woanders wohnten, habe ich meine Weihnachtssterne aus Stroh im Ort verkauft. Aber in Greenfield will sie niemand haben.
    Ich versuche also zu zeichnen, aber es macht mir heute keinen Spaß. So setze ich mich ans Fenster und blicke in den Garten hinaus. Wenn Sommer wäre, gäbe es wenigstens mehr zu beobachten, aber so tauchen nur einige Spatzen auf, die von meinen Brotkrumen angelockt werden.
    Da steht auf einmal Lisa am Zaun. Lisa ist das schönste Mädchen von der Welt. Eigentlich ist sie ja schon fast eine Frau. Zumindest ist sie bestimmt so alt wie ich.
    »Hallo, Cleanhead!«, ruft sie herauf.
    »Hallo, Lisa!«, rufe ich zurück.
    »Wieso sperrst du dich denn an einem so schönen Tag in deinem Zimmer ein? Wer weiß, wie lange das warme Wetter noch anhält. Viele Sonnentage werden wir nicht mehr haben.«
    Mir fällt erst jetzt auf, dass kaum eine Wolke am Himmel ist.
    »Ich habe meiner Tante versprochen, nicht aus dem Haus zu gehen«, sage ich.
    »Schade!« Lisa macht ein ganz trauriges Gesicht. »Ich habe gedacht, dass du vielleicht Lust hättest, mit mir spazieren zu gehen.«
    Lisa ist – sie war ein nettes Mädchen. Ich mochte sie. Sie war nicht so gemein zu mir wie ihre Freundinnen. Aber seit sie mit den Burschen aus Greenfield zum Tanzen ging, hatte sie sich kaum noch mit mir abgegeben. Dann wurde sie die Freundin von Bobby Mason, und der hat mir ganz deutlich gesagt, dass ich Lisa von nun an nicht einmal mehr anschauen dürfte.
    »Wenn du ihr zu nahe kommst«, hat er gesagt, »dann schlage ich dich zusammen.«
    Daran muss ich denken.
    »Mit dir spazieren gehen?«, wiederhole ich. »Aber Bobby will das sicher nicht.«
    »Bobby«, sagt sie so abfällig, als würde ihr überhaupt nichts an seiner Meinung liegen. »Ich kann tun, was ich will. Was ist, Cleanhead – willst du mich begleiten oder nicht?«
    »Ich will schon, aber …«
    »Hast du etwa vor deiner Tante Angst?«
    »Ach wo«, behaupte ich, obwohl ich tatsächlich an Tante Anna denke – und auch an Bobby. Aber vor Lisa möchte ich nicht als Feigling dastehen. Deshalb behaupte ich: »Ich fürchte mich vor niemandem.«
    »Na, dann komm schon! Ich warte beim Bach auf dich, damit uns niemand zusammen sieht.«
    Sie rennt davon, bevor ich noch etwas sagen kann.
    Ich mache die Tür auf, horche, ob ich irgendwo Tante Anna höre. Aus der Küche kommen Geräusche. Sie wird es nicht merken, dass ich fort bin, wenn ich einfach aus dem Fenster springe. Ich schlüpfe nur in meinen Pullover, den schönen, neuen Norwegerpullover, den ich von meiner Tante zum Geburtstag habe. Mehr brauche ich nicht anziehen. Es ist ja ein warmer Tag. Ich springe aus dem Fenster, renne durch den Garten, klettere über den niedrigen Zaun und brauche nur noch den Hang zum Bach hinunterzusteigen.
    Lisa erwartet mich und sagt, dass ich nicht besonders sportlich sei, weil ich keuche. Wir gehen in den Wald, in Richtung All, der Straße, die nach London führt. Dabei redet Lisa die ganze Zeit über so seltsam. Ob ich denn nie Lust verspürte, mit Mädchen meines Alters allein zu sein? Ich weiß gar nicht, warum ich rot werde und mir so ist, als müsste ich aufs Klo. Sie lacht mich aus und redet in dieser seltsamen Art weiter, so dass ich immer unsicherer werde, weil ich überhaupt nicht weiß, was sie meint. Ich denke, dass es besser wäre, so schnell wie möglich nach Greenfield zurückzukehren, aber als ich Lisa das sage, nimmt sie mich an der Hand und zieht mich mit.
    Wir kommen auf eine Lichtung nahe der Straße – und dort steht auf einmal Bobby mit drei Freunden.
    »Habe ich es mir doch gedacht, dass ich dich eines Tages mit Lisa erwischen würde, Cleanhead«, sagt er und klopft sich mit einem Gummiknüppel auf die Oberschenkel.
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