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055 - Das Monster von Greenfield

055 - Das Monster von Greenfield

Titel: 055 - Das Monster von Greenfield
Autoren: Dämonenkiller
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hinter ihm:
    »Nicht, Mister! Lassen Sie die Jungens in Ruhe! Was mischen Sie sich überhaupt in Sachen ein, die Sie nichts angehen?«
    Diese Reaktion des Kahlköpfigen verblüffte Dorian. Er drehte sich ihm zu. Jetzt erst hatte er Gelegenheit, ihn sich genauer anzusehen.
    Er war tatsächlich ein Riese von Gestalt und hatte die grobschlächtige Statur eines Holzfällers. Obwohl Dorian mit seinen ein Meter neunzig nicht gerade klein war, überragte ihn der andere um gut zehn Zentimeter. Seine Hände waren so klobig und ungeschickt wie Bärentatzen. Und er war viel jünger, als es aus der Ferne geschienen hatte. Daran war sein kahler Schädel schuld; sein Kopf lief zum Kinn hin spitz zu und war oben weit ausladend. Die breite Stirn war gewölbt, die Augen, obwohl sie groß waren und vorstanden, verschwanden fast unter den Brauen und den hervorspringenden Backenknochen. Die untere Gesichtshälfte – samt der flach gedrückten Nase und dem wulstigen, aber kleinen Mund – war unscheinbar gegenüber dem ausladenden Schädel, der oben so abgeflacht war, als hätte ihn jemand skalpiert. Dorian wählte diesen Vergleich absichtlich, weil das kahle, flache Haupt auch unzählige Narben aufwies.
    »Eigentlich solltest du mir dankbar sein«, sagte Dorian. »Wäre ich nicht dazwischengetreten, hättest du eine ordentliche Lektion erhalten. Oder bist du scharf darauf, verprügelt zu werden?«
    Der Kahlköpfige hielt den Kopf gesenkt und blickte Dorian kurz von unten herauf an.
    »Verdient hätte ich es schon«, sagte er schwerfällig, die Worte nur undeutlich artikulierend. »Aber trotzdem, vielen Dank, Mister.«
    »Ich heiße Dorian Hunter. Und du?«
    »Alle nennen mich Cleanhead.« Dabei fuhr er sich mit der Pranke über die narbige Glatze. »Aber heißen tue ich Mike Hyde. Ich wohne in Greenfield, bei meiner Tante.«
    »Ich werde dich im Wagen nach Hause fahren«, bot Dorian ihm an. »Wer weiß, vielleicht wollen dir die Rowdies auflauern.«
    »Es sind keine Rowdies«, sagte Mike im Brustton der Überzeugung. »Bobby war wütend, weil ich mich an seine Lisa herangemacht habe. Ihnen würde es auch nicht recht sein, wenn Ihnen jemand Ihr Mädel ausspannen wollte, Mister.«
    »Nein, natürlich nicht«, sagte Dorian mit rauer Stimme.
    Er hatte auf einmal einen Kloß im Hals. Sofort hatte er Mitleid mit diesem einfachen, tollpatschigen Burschen, der wahrscheinlich sein Leben lang den Prügelknaben für die anderen abgab und für die Grausamkeiten seiner Mitmenschen noch die Schuld bei sich selbst suchte.
    Dorian fügte hinzu: »Aber ich würde auch nicht meine Freunde zusammenrotten und zu viert auf einen Wehrlosen losgehen. Du hast doch nichts dagegen, wenn ich dich nach Hause bringe, Mike?«
    »Nein, Mr. Hunter.«
    So lernte Dorian Mike Hyde kennen, den alle nur Cleanhead nannten. Auf der Fahrt in das drei Kilometer entfernte Greenfield wurde Mike immer gesprächiger, und Dorian erfuhr von ihm einiges, was seine erste Vermutung bestätigte. Mike war geistig in seiner Entwicklung zurückgeblieben, benutzte aber andererseits manchmal Redewendungen und Ausdrücke, die auf eine versteckte Intelligenz hinwiesen. Manchmal sagte Mike recht kluge und treffende Dinge, dann wieder zeigte er sich kindlich-naiv und erschreckend weltfremd. Nun, Dorian wollte sich kein endgültiges Urteil über seinen Geisteszustand bilden, weil das nicht ihm, sondern höchstens einem Psychoanalytiker oder Psychologen zustand – doch er erkannte, dass Mike harmlos und gutmütig war. Deshalb überraschte ihn dessen Geständnis umso mehr.
    Mike erzählte, dass manchmal die Kinder zum Haus seiner Tante kämen, um ihn zu necken. Er mochte Kinder und machte gute Miene zum bösen Spiel. Mike war der Ansicht, dass die Kinder es nicht böse meinten, wenn sie ihn verhöhnten.
    »Kinder müssen nun einmal grausam sein, um sich in dieser Welt zu behaupten. Und sie sind es ja nicht selten zu sich selbst, oder, Mr. Hunter?«
    Diese Binsenwahrheit klang aus dem Munde des Debilen schon wieder weise.
    Er verstand nur die Eltern nicht richtig, die ihren Kindern verboten, sich mit ihm abzugeben, und ihnen Schauergeschichten über ihn erzählten.
    »Sie sagen ihren Kindern: ›Wenn du nicht brav und artig bist, dann wird Cleanhead dich holen.‹ Das hören die Kinder von klein auf. Und die Kinder wachsen mit der Angst vor mir auf. Aber sie kommen immer wieder zu meinem Haus, und ich tue ihnen den Gefallen, und laufe ihnen nach. Und Sie sollten sehen, Mr. Hunter, wie sie dann vor
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