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052 - Die Schlangengrube

052 - Die Schlangengrube

Titel: 052 - Die Schlangengrube
Autoren: Dämonenkiller
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nicht wieder empfinden wirst.«
    Ramona wartete. In Gedanken versunken zeichnete sie Figuren in die Staubschicht auf der Tischplatte, unter anderem auch ein Kreuz. Kaum hatte sie die Figur vollendet, als sie aus den Tiefen des Schlosses einen empörten Aufschrei hörte. Ein Wind erhob sich, obwohl von außen kein Luftzug in das Zimmer hinein konnte. Staub wirbelte auf. Die Figur des Kreuzes verschwand.
    Ramona hustete und wischte sich den Moderstaub vom Gesicht, klopfte ihn von ihren Kleidern. Es pochte an die Tür. Vier junge Mädchen traten ein. Sie waren schwarzhaarig und einander so ähnlich wie Schwestern. Ihre Gesichter waren eine Spur zu blass, ihre Glieder grazil. Sie trugen rote Kleider mit goldenen Borten.
    »Komm, Ramona!«, lockte die eine. »Wir wollen dich schön machen für unseren Herrn und dir die Zeit vertreiben.«
    Ramona wurde durch die langen, kahlen und kalten Korridore des Schlosses gezogen, hinab in den Keller. Hier erwartete sie ein heißes Bad, mit duftenden Essenzen angereichert. Die Mädchen entkleideten Ramona und schoben sie in das Marmorbecken. Sie streuten rote und weiße Rosen ins Wasser. Dampf füllte den Raum.
    Die ganze Szenerie kam Ramona unwirklich vor. Sie wurde gewaschen und danach noch mit duftenden Ölen und Salben eingerieben, selbst an den intimsten Stellen ihres Körpers. Dann führten die Mädchen sie nach oben ins Erdgeschoss. In einem Prunkgemach wurde sie angekleidet, frisiert und geschminkt.
    Es dauerte sehr lange. Um die Mittagszeit war Ramona im Schwarzen Schloss angekommen, jetzt wurde es Abend. Sie hörte Stimmen vom Schlosshof. Als sie ans Fenster trat, sah sie eine Schar von jungen Burschen und Mädchen, die von Berittenen auf ein Nebengebäude zugetrieben wurden.
    »Was ist mit ihnen?«, fragte Ramona.
    »Sie werden den Sabbat mit uns feiern, genau wie du«, war die Antwort. »Nur mit dem Unterschied, dass du die Königin des Festes bist.«
    Ramona sah in den großen dreiteiligen Spiegel. Sie stieß einen Schrei des Entzückens aus. So schön war sie noch nie gewesen. Hauchdünne, schwarze Seide, durch die matt ihre Haut schimmerte, schmiegte sich um ihren Körper. Jede Linie ihrer Figur wurde betont. Sie trug einen dünnen, schwarzen Schleier und ein prunkvolles Diadem aus Rubinen und Smaragden. Eine Relieffigur in der Mitte des Diadems stellte ein auf obszöne Weise verschlungenes Paar dar. Der männliche Partner hatte Bockshörner und einen langen Schwanz. Ein Tusch wurde geblasen.
    »Das Fest beginnt!«, riefen die Mädchen.
    Sie führten Ramona in den großen Bankettsaal. Er war in Schwarz und Rot gehalten. Ein Fresko mit dämonischen und unanständigen Szenen schmückte Decken und Wände. Schwarze Vorhänge verbargen die tiefen Fensternischen.
    Zweihundert Personen hielten sich in dem Raum auf, Männer und Frauen jeden Alters, reich und prächtig gekleidet, in Abendkleidern und -roben, im Frack oder Smoking, aber auch in prunkvollen Nationaltrachten des Balkans und des Orients. Ramona sah einen Inder und ein paar Muselmanen.
    Alle wandten sich ihr zu, als sie die große Treppe herunterkam, und applaudierten.
    »Fayaz al Akbar hat einen ausgezeichneten Geschmack bewiesen«, hörte Ramona.
    Und von einer anderen Gruppe: »Sie ist des Schwarzen Wesirs würdig.«
    Die Anwesenden begrüßten sie. Sie war der Mittelpunkt des Festes. Alle benahmen sich ausgesucht höflich zu ihr. Auf einem erhöhten Podium spielte ein zwanzigköpfiges Orchester.
    Ramona fragte nach dem Gastgeber, jenem Fremden, der sie aufgesucht hatte.
    »Al Akbar kommt später«, sagte eine üppige blonde Dame. »Du musst vorerst mit uns vorlieb nehmen, Kindchen. Erzähl uns doch ein wenig von dir!«
    Ramona war erst verlegen. Was war sie denn schon groß, dass sie in so erlesener Gesellschaft auftreten konnte? Die Tochter einer Zigeunerin und irgendeines Kerls, der sich nach ein paar Nächten mit ihrer Mutter aus dem Staub gemacht hatte, ohne ihr auch nur seinen richtigen Namen zu nennen. Eine Seiltänzerin aus einer Monstrositätenschau, das war sie, mehr nicht.
    Aber die Gäste des Schlossbesitzers fanden alles höchst interessant, was Ramona, schüchtern zuerst, von sich gab. Sie wollten immer mehr wissen. Ramona bekam Komplimente über Komplimente zu hören. Man lobte ihre Schönheit, ihr interessantes Leben und überhaupt alles.
    Ramona hatte Hunger. Außer ein paar Bissen vor dem Aufbruch aus dem Zigeunerlager hatte sie den ganzen Tag nichts gegessen. Jetzt war es später Abend. Man
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