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052 - Die Schlangengrube

052 - Die Schlangengrube

Titel: 052 - Die Schlangengrube
Autoren: Dämonenkiller
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Die Umgebung verschwamm.
    Er war in einem anderen Körper und in einer anderen Zeit. Ein frischer Bergwind blies ihm ins Gesicht, Raben krächzten in den Olivenbäumen.

    Ramona Condez stieg den beschwerlichen Bergweg hinauf. Die Sonne brannte heiß vom Himmel, und sie schwitzte. Die Konturen des Schwarzen Schlosses auf dem Gipfel verschwammen in der warmen, an der Bergflanke aufsteigenden Luft. Manchmal schaute Ramona zurück, aber keiner von der Sippe verfolgte sie. Sie hatte bereits vor Tagesanbruch das Zigeunerlager der Amalfi-Sippe verlassen. Diese Narren hielten es nicht für möglich, dass sie zum Schwarzen Schloss gehen könnte. Das Mädchen lachte, sie wussten nicht, dass sie den Fremden in den letzten Nächten getroffen hatte, außerhalb des Lagers und sogar inmitten der Sippe, in ihrem Bett, während die Kinder, mit denen sie den Raum teilen musste, fest schliefen.
    Ihr Schlaf war nicht natürlich. Er war so tief, dass sie nichts mitbekamen, und auch die anderen im Wohnwagen merkten nichts. Der Fremde bewirkte das. Er hatte Ramona mehr Lust vermittelt, als sie je bei einem anderen empfunden hatte. Ihr wurde schwach, und ihre Schenkel zitterten, wenn sie nur an ihn dachte.
    Ramona war achtzehn Jahre alt und bildschön. Raffael hatte sie oft genug ermahnt, aber es hatte nichts gefruchtet. Immer wieder fand sie Gelegenheit, einem oder mehreren Männern gleichzeitig den Kopf zu verdrehen. Sie dachte sich nicht viel dabei. Weshalb sollte sie sich das kleine Vergnügen nicht gönnen?
    Sie kam dem Schloss immer näher. Es war ein düsteres, halb zerfallenes Gemäuer, von der Zeit geschwärzt. Ein Schwarm Fledermäuse umkreiste den hohen Turm. Sie stießen schrille Schreie aus. Das Tor öffnete sich, als Ramona sich näherte. Sie trat ein. Täuschte sie sich, oder war es im Schloss wirklich kälter als draußen?
    Eine Tür quietschte in den rostigen Angeln. Eine große, plumpe Gestalt trat auf Ramona zu. Es war ein Mann, bei dem keine Proportion stimmte. Ein unverhältnismäßig kleiner Kopf saß auf massigen Schultern, der Körper maß gut zwei Meter. Der rechte Arm war kürzer als der linke, das eine Bein dicker als das andere. Ramona sah eine grobe Naht, die um den Hals der unheimlichen Gestalt lief. Es sah fast so aus, als wäre der Kopf aufgenäht. Auch an beiden Handgelenken hatte der Mann Nähte. Links hatte er eine Frauen-, rechts eine Männerhand.
    Voller Angst sah Ramona ihn an. Doch dann spürte sie eine Berührung, als würde die Hand eines Unsichtbaren über ihre Wangen streichen, dann über ihren Körper gleiten und ihre Formen abtasten.
    Eine einschmeichelnde Stimme, die sie gut kannte, sagte: »Da bist du ja, meine schöne Ramona! Hab keine Angst vor meinem Diener oder vor dem, was du sonst in diesem Schloss sehen wirst! Heute Abend werden wir vereint sein. Ich gebe ein Fest zu deinen Ehren.«
    Es war die Stimme des Fremden, der sie nachts besucht hatte.
    Ramona nickte tapfer. Sie folgte dem ungeschlachten Mann. Die Räume des Schlosses waren luxuriös eingerichtet, aber alles war uralt und mit einer dicken Staubschicht bedeckt. Ramonas Neugierde war stärker als ihre Besorgnis. Sie ging in eine Kammer, die der Diener ihr anwies. Er schloss die Tür und verschwand. Sie blies den Staub von einem Sessel, setzte sich darauf und sah sich in dem Zimmer um. Es war hoch und altertümlich eingerichtet. Verstaubte Bilder hingen an den Wänden und ein paar Spiegel in Goldrahmen.
    Neugierig trat Ramona an einen Spiegel. Sie raffte ihr Haar mit der Hand zusammen und sah hinein. Aber nicht ihr vertrautes schönes Gesicht sah ihr entgegen, sondern ein Totenschädel. Mit einem Schrei trat sie zurück.
    Ängstlich näherte sie sich dem nächsten Spiegel. Statt ihres Gesichtes erschien ein Medusenkopf im Spiegel. Das Gesicht war eine dämonische Fratze. Statt Haaren ringelten sich Schlangen um ihren Kopf.
    Trotz ihrer Angst schaute Ramona auch noch in einen dritten Spiegel. Hier sah sie eine schleimige Masse, die überhaupt nicht mit einem Gesicht identisch war. Aus einer qualligen Öffnung stiegen blubbernd Blasen auf. Rote Augen glühten über zwei Löchern.
    Bebend setzte sich Ramona auf das Sofa. Ihr Herz schlug bis zum Hals. Wieder hörte sie die Stimme des Fremden.
    »Aber mein Schätzchen, wer wird denn vor solchen Kleinigkeiten Angst haben? Gleich werden meine Dienerinnen kommen und dich waschen und kleiden. Du sollst heute Nacht eine Erfüllung erleben, wie du sie noch nie empfunden hast und wohl auch
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