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0517 - Zitadelle des Todes

0517 - Zitadelle des Todes

Titel: 0517 - Zitadelle des Todes
Autoren: Werner Kurt Giesa
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schnell geschehen. Wir dürfen nicht darauf warten, daß man sie zum Schafott karrt. Der Weg dorthin ist viel zu gut bewacht, weil die Jakobiner immer mit Überfällen und Befreiungsversuchen rechnen. Aber im Gefängnis sind sie weniger aufmerksam, weil sie es für sicher halten. Wenn wir also deine besondere Methode anwenden, dort aufzutauchen und wieder zu verschwinden…«
    Zamorra seufzte und schüttelte den Kopf. Daher also wehte der Wind. »Ich glaube, René, du machst dir eine völlig falsche Vorstellung von mir. Wenn mein Freund und ich einfach so auftauchen und wieder verschwinden könnten, wie du glaubst, meinst du, er wäre da noch Gefangener?«
    »Aber selbst wenn er es nicht mehr ist: Ist es nicht deine Christenpflicht, Bürger, einen Mord zu verhindern? Laß uns dann wenigstens Garroix befreien. Er ist doch kein Königstreuer. Er ist nur ein Mensch, der nachdenkt. Aber diese Fähigkeit ist selten und auch sehr unerwünscht in diesen blutigen Jahren.«
    Zamorra schloß die Augen.
    »Es ist nicht so einfach, wie du denkst, Bürger Macaire«, erwiderte er. »Wir müßten schon alle Insassen des Gefängnisses befreien, um der Christenpflicht zu genügen. Aber das geht nicht.«
    »Warum?«
    Zamorra seufzte. Wie sollte er dem Mann begreiflich machen, daß es allein deshalb unmöglich war, weil in den Geschichtsbüchern nichts darüber geschrieben stand? Nur Cristofero herauszuholen, war eine andere Sache. Und Zamorra nahm an, daß das relativ leicht zu bewerkstelligen sein würde. Er besaß immer noch den Blaster. Er konnte die Wachen betäuben, das Zellenschloß aufschmelzen und mit dem Grande verschwinden. Mehr war beim besten Willen nicht möglich. Alles andere würde zu einem Zeitparadoxon führen. Und genau das mußte unter allen Umständen vermieden werden. Doch das konnte er Macaire nicht erzählen. Der würde ihn für verrückt erklären.
    »Warum?« drängte Macaire erneut. »Hast du Angst vor dieser Aufgabe? Vor ein paar Jahren hatten andere diese Angst nicht.«
    »Die waren auch ein paar hundert oder tausend mehr«, kommentierte Zamorra trocken. »Ich kann’s dir nicht erklären, und ich will es eigentlich auch nicht. Du würdest es vermutlich nicht verstehen.« Er durfte nicht einmal mithelfen, diesen Garroix zu befreien - vermutlich war bereits das ein Eingriff in einen historischen Ablauf. Damals, im antiken Rom und Ägypten, war es anders gewesen. Da hatte er durch sein Eingreifen die von Dämonen verursachten Veränderungen rückgängig gemacht und den richtigen Verlauf der Historie wiederhergestellt. Aber hier sah’s nicht so aus, als sei ein geschichtsverfälschender Dämon am Werk. Hier waren Menschen schlimmer als Dämonen, und alles hatte genau so stattgefunden, wie er es hier erlebte.
    Immerhin wußte er jetzt, wo er Cristofero zu suchen hatte. In der Bastille! Er war nicht sicher gewesen, ob sie nach dem damaligen Volkssturm auch weiterhin als Staatsgefängnis benutzt wurde. Er wußte ohnehin nicht viel über diese Zeit, hatte das, was man ihm im Geschichtsunterricht der Schule beigebracht hatte, schnell und gern wieder verdrängt. Es war ein zu blutiges Kapitel der Geschichte Frankreichs, und er war froh, daß dieses Kapitel so kurz gewesen war.
    »Ich habe dich überschätzt, Bürger Zamorra«, sagte Macaire. »Ich dachte nicht, daß du ein solcher Feigling wärest.«
    »Das hat mit Feigheit nichts zu tun«, sagte Zamorra.
    In diesem Moment tauchten bemützte Jakobiner auf. René Macaire erschrak, als er die sieben Männer sah. »Verrat!« keuchte er. »Wer hat sie uns auf den Hals gehetzt?«
    Er wirbelte herum und rannte davon.
    Vielleicht wäre überhaupt nichts passiert, wenn er nicht die Nerven verloren hätte. Es war ein Zufall, daß die Männer gerade jetzt an der Stelle vorbeikamen, an der sich Macaire und Zamorra getroffen hatten und sich unterhielten. Vermutlich wären sie einfach weitergegangen. Aber durch sein Davonlaufen machte sich Macaire natürlich verdächtig - und zog Zamorra mit in den Teufelskreis.
    »Packt sie!« ertönte ein Schrei.
    Daraufhin rannte auch Zamorra los. Sicher hätte er den Blaster einsetzen können. Aber das wollte er nicht ohne wirkliche Not. Die Waffe war ein Anachronismus in dieser Zeit. Vielleicht konnte er den Häschern ja irgendwie entkommen.
    Doch plötzlich tauchten andere Bewaffnete am Ende der Straße auf und versperrten den beiden Männern den Weg.
    Da war es bereits zu spät, sich mit Betäubungsstrahlen den Weg freizuschießen.
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