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0517 - Zitadelle des Todes

0517 - Zitadelle des Todes

Titel: 0517 - Zitadelle des Todes
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Während Macaire mit seinen fünf, sechs Metern Vorsprung den Jakobinern vor Zamorra an der Straßenecke direkt in die Arme lief und festgehalten wurde, machte einer der verfolgenden Büttel es sich mit Zamorra besonders leicht.
    Er warf ihm einen Stein an den Kopf.
    Einfacher, fand Zamorra selbstironisch, kurz bevor er sein Bewußtsein verlor, ging es vermutlich nicht mehr, in die Bastille zu gelangen.
    ***
    »Und wie kommen wir da hinein?« fragte der Gnom.
    »Wir brauchen nur ›Es lebe der König‹ zu schreien«, sagte Nicole sarkastisch. Prompt öffnete der Gnom den Mund und setzte zu einem lauten Ruf an. Nicole schaffte es eben noch, ihn daran zu hindern. »Bist du wahnsinnig?« stieß sie hervor. »Du bringst uns in des Teufels Küche!«
    »Aber Ihr sagtet doch…«
    »Nimm doch nicht immer alles so erschreckend wörtlich! Wir sind auch so schon auffällig genug!« Immerhin schauten inzwischen mehrere Passanten neugierig zu ihnen herüber. So ein Geschöpf wie den schwarzhäutigen Gnom in seiner schreiend bunten Kleidung hatten sie garantiert noch nie gesehen. Und Nicole… sie zog Cristoferos roten Mantel eng um sich zusammen. Schließlich war ihr Minikleid im Fetzen-Look nicht gerade der letzte Schrei der derzeitigen Mode.
    »Wir brauchen einen Plan«, sagte sie. »Zuerst einmal müssen wir feststellen, ob der Dicke tatsächlich verhaftet worden ist. Dann müssen wir wissen, in welcher Zelle er eingekerkert ist. Und dann müssen wir auch noch die Wächter ausschalten und…«
    »Ich könnte einen Zauber wirken«, schlug der Gnom vor. »Niemand wird uns sehen, während wir unsere Erkundigungen einziehen. Allerdings bedarf ich dazu einer gewissen Vorbereitungszeit und einiger notwendiger Kleinigkeiten, die ich erst beschaffen muß.«
    »Um Himmels willen!« entfuhr es Nicole.
    »Ihr solltet Euch auch endlich ein vernünftiges Kleid beschaffen«, fuhr der Gnom fort. »Verzeiht meine Kritik, aber Eure Gewandung ist nicht gerade standesgemäß für eine Dame wie Euch, und zudem wird mein Gebieter sicher alsbald seinen Mantel zurückhaben wollen. Schließlich ist er nicht Sankt Martinus. Ich kann Euch beim Beschaffen eines neuen Gewandes behilflich sein…«
    »Nicht nötig«, wehrte Nicole eilig ab. Alles, was ihr jetzt noch fehlte, war, daß der Gnom seine Zauberkunst erprobte. Das konnte das Chaos höchstens noch ins Unermeßliche vergrößern.
    Einige Halbwüchsige kamen näher. Ein Erwachsener folgte ihnen. Offenbar Vorläufer einer Straßengang mit einem Obermafioso, überlegte Nicole. »Ja, wen haben wir denn da?« grinste der Mann. »Eine schöne Frau mit ihrem Haustierchen. Woher stammt das Äffchen, Bürgerin?«
    Der Gnom war aschgrau. Seine Hände zitterten. In Nicole flammte Zorn auf. In 200 Jahren hatte sich nichts geändert. Es gab damals wie heute Menschen, die mit Spott und Verachtung auf jeden herabsahen, der nicht ihrer eigenen Norm entsprach. Sie selbst hielten sich natürlich für die perfekten Übermenschen. Und deshalb glaubten sie das Recht zu haben, Wehrlose zu verprügeln, Juden in die Gaskammern zu schicken und Asylsuchenden die Häuser über den Köpfen anzuzünden. Es waren immer die gleichen hirnlosen Geister, und alle gehorchten sie blind einem Führer, der ihnen vorschrieb, was sie zu denken hatten.
    »He, Bürgerin, bist du vielleicht gar keine Bürgerin, sondern eine große Dame von Adel?« höhnte der Anführer. »Adelige haben doch die drolligsten und verrücktesten Haustierchen… so warte doch!« Er lachte, als Nicole den schreckensstarren Gnom bei der Hand faßte und mit sich zog, zu laufen begann. Liebend gern hätte sie dem Mann das Denken und etwas Toleranz beigebracht. Aber gegen diese Überzahl von Halbwüchsigen, die bedingungslos unter seinem Befehl standen, konnte sie nichts ausrichten. Es gab auch keine Polizisten in der Nähe. Was sich hier Gesetzeshüter schimpfte, hatte genug damit zu tun, vermeintliche Feinde der Revolution und der Sansculotten dingfest zu machen und ihrer »gerechten Strafe« zuzuführen, die im Niedersausen des Fallbeils bestand.
    Es gab nur eines - die Flucht. Und Nicole rannte und zog den Namenlosen hinter sich her.
    Aber ihre Verfolger waren vielleicht zu dumm zum Denken, aber nicht zu dumm zum Steinewerfen. Mit den harten Wurfgeschossen versuchten sie die Flucht Nicoles und ihres Begleiters zu stoppen.
    Nicole sah nur eine Chance: das Lokal, das vor ihr auftauchte und gleich zwei Schilder aufwies - ein altes, rostiges, und ein angehängtes
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