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0515 - Der mordende Wald

0515 - Der mordende Wald

Titel: 0515 - Der mordende Wald
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Römer.«
    Der Druide antwortete nicht. Er begann mit einem dumpf klingenden Sprechgesang.
    Es wurde ernst!
    »Hör mir zu, Druide!« stieß Zamorra hervor. »Mich zu töten, bringt dir keinen Nutzen, wie es mir keinen gebracht hätte, dich zu töten. Ich habe dich verschont, als du in meiner Gewalt warst. Ich könnte noch mehr tun. Ich kann dir helfen.«
    Der Druide reagierte nicht. Er malte Zeichen in die Luft und führte seinen Sprechgesang weiter. Es war keine wirkliche Magie, wie Zamorra feststellte. Es war nur Spektakel für die Zuschauer. Dieser alte Mann war vielleicht ein wandelndes Lexikon, aber kein Zauberer. Oder vielleicht doch? Er hatte Zamorras Stirn nur leicht berührt, und der Professor hatte das Bewußtsein verloren…
    Zamorra erinnerte sich, was der Druide vorher gesagt hatte. Solltest du Römer sein, wirst du mir eine Menge über die Pläne deiner Heerführer verraten können.
    Zamorra kannte die geschichtliche Entwicklung in groben Zügen. Er wußte, was Caesar getan hatte, wie die Kämpfe ausgegangen waren. »Halte ein«, stieß er hervor. »Ich kann dir verraten, was der Feind beabsichtigt.«
    Aber der Druide setzte sein Ritual ungerührt fort.
    ***
    Nicole fand sich mitten in einem Waldstück wieder. Sie war ebenso betäubt worden wie Zamorra. Jetzt fragte sie sich nach dem Sinn des Ganzen. Warum war sie hier im Wald ausgesetzt worden? Wollte man sie wilden Tieren überlassen? Warum aber war sie dann nicht gefesselt worden?
    Warum hatte man sie allein hierher verfrachtet und nicht auch Zamorra? Sie konnte sich keinen Reim darauf machen.
    Sie lauschte. Alles war ruhig, von den normalen Waldgeräuschen einmal abgesehen, wie Vogelstimmen, Surren von Insekten, leichtem Blätterrauschen und hin und wieder leisem Rascheln und Knacken, wenn ein Tier sich durch Unterholz oder Laubkronen bewegte.
    Irgendwo in diesem Wald mußte auch Don Cristofero herumspuken. Nicole glaubte nicht, daß er wieder gefangengenommen worden war. Wenn die Helvetier an seiner Verfolgung interessiert gewesen wären, hätten sie ihm gleich nachgesetzt. Aber er galt als Feigling, weil er aus dem Duellkreis geflohen war. Eines Feiglings wegen eine große Suchaktion durchzuführen, lohnte sich für das keltische Selbstverständnis nicht. Wenn er ihnen zufällig wieder über den Weg lief, würden sie ihn wie einen räudigen Hund erschlagen und vergessen.
    Nicole lauschte, ob sie Cristofero nicht irgendwo herumknistern hörte. Sie hegte zwar nach wie vor eine tiefe Abneigung gegen ihn, aber hier und jetzt waren sie alle auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen. Gemeinsam konnten sie etwas zu Zamorras Befreiung unternehmen. Und wenn sie es nur schafften, Römer gegen das keltische Lager aufzubringen…
    Nicole schüttelte den Kopf. Kein guter Gedanke. Es wäre ein Eingriff in den Ablauf der Zeit, der möglicherweise zu einem Paradoxon führen würde, und davon hatten sie in den letzten zwei Jahrzehnten genug erlebt. Das Raum-Zeit-Gefüge war mittlerweile bis zum Zusammenbruch belastet. Die einzigen Manipulationen, die erlaubt waren, durften dazu führen, den korrekten historischen Zustand zu erhalten, weil er bereits von anderen manipuliert, verändert worden war. Bei einigen ihrer früheren Zeitreisen hatten sie für solche Korrekturen gesorgt. Aber hier sah es nicht unbedingt nach einer von fremder Hand erfolgten Veränderung aus, die rückgängig gemacht werden mußte.
    Plötzlich waren da seltsame Geräusche. Ein leises Klappern, als würden Knochen gegeneinanderschlagen…
    Nicole fuhr herum.
    Da sah sie, was ihr bislang verborgen geblieben war.
    In den Bäumen hingen menschliche Skelette. Sie wurden von violett schimmernden Tentakeln umschnürt und festgehalten. An einigen hingen noch vermoderte Kleidungsfetzen, zwischen den Rippen anderer wucherten Ranken, die teilweise blühten.
    Und im gleichen Moment zuckten Tentakel auch auf Nicole zu, um sie zu packen und in die Höhe zu reißen.
    Sie befand sich inmitten eines Mörderwaldes…
    ***
    Caxatos, der Druide, hatte sich entschieden. Als es ihm gelungen war, den Mann und auch die seltsame Frau zu betäuben, wußte er, daß sie normale Menschen waren. Bei dem Mann hatte er es vorher bereits geahnt, aber die Frau im weißen Gewand war ihm unheimlich geblieben. Irgendwie hatte er auch das Empfinden, als würde sie seine Gedanken lesen können. Aber als er ihre Stirn berührte, erlitt sie ebenso den falschen Tod wie der Mann.
    Caxatos wollte ihr Geheimnis nicht länger
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