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0515 - Der mordende Wald

0515 - Der mordende Wald

Titel: 0515 - Der mordende Wald
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Gefangenen heraus und durchschnitt ihre Fesseln mit einem Dolch. Nicole verzichtete darauf, Zamorra um den Hals zu fallen; das war in diesem Augenblick zu gefährlich. Don Cristofero strich sich über sein Wams.
    Seine Trunkenheit vom gestrigen Abend schien er völlig auskuriert zu haben. Und - er besaß seinen Degen noch!
    Offenbar nahmen die Kelten diese dünne Klinge einfach nicht ernst.
    Cristofero rückte seinen federgeschmückten Hut zurück, sah sich um und verlangte dann zu wissen, wo sich der nichtsnutzige Gnom befinde. Die Kelten sahen sich verwundert an; französisch sprach logischerweise keiner von ihnen. Andererseits beherrschte Cristofero weder den helvetischen Stammesdialekt noch Latein, das neben dem Griechischen die zweite »Weltsprache« im mediterranen Raum gewesen war. Zumindest dort, wo Rom herrschte.
    »Einige Leute hier sprechen Latein«, half ihm Zamorra. »Versuchen Sie’s mit Ihrer Muttersprache, Señor Fuego. Die ähnelt dem Latein entfernt.« Schließlich hatte er wenig Lust, für Cristofero den Dolmetscher zu spielen, der gerade zornrot anlief, weil er in seiner adelsgeprägten Arroganz nicht begreifen zu wolleñ schien, daß hier niemand die Weltsprache seiner Zeit verstand. Nicole als Telepathin konnte sich da eher helfen, die fremde Sprache zu erlernen, und ein wenig Küchenlatein beherrschte sie auch.
    »Ähnelt? Mir scheint, Ihr habt zuweilen brauchbare Ideen, deMontagne«, stellte Cristofero fest, um die Kelten sofort in seiner Muttersprache anzufauchen. Die Reaktion blieb die gleiche.
    »Sieht so aus, als käme Ihre Redeflut den Leuten ziemlich spanisch vor, Fuego«, spottete Nicole prompt. Cristofero ließ sich nicht davon beeindrucken. Um seine Wortgewalt zu unterstreichen, zückte er den Degen.
    Einige Helvetier, auch Kendan, begannen angesichts der schmalen Klinge spöttisch zu lachen. »He, Römer«, höhnte einer lateinisch und zog sein eigenes, breites Langschwert. »Das hier ist eine richtige Waffe. Mit deiner Nadel kannst du dir vielleicht Fleischreste aus den Zahnlücken kratzen…«
    Cristofero stutzte; in der Tat verstand er den Sinn des Gesagten. Er betrachtete interessiert das fremde Schwert und nachdenklich seinen eigenen Degen. »Er hält das hier nicht für eine richtige Waffe?« fragte er.
    Der Helvetier lachte wieder. »Niemand hält deine Nadel für eine richtige Waffe.« Er unterstrich seinen Spott mit einer obszönen Geste, die sich im Laufe der vielen Jahrhunderte kaum gewandelt hatte.
    »Das, mein Junge, betrübt mich zutiefst«, erklärte Cristofero hoheitsvoll. »Noch mehr betrübt mich aber, daß eure Mütter euch keine vernünftige Erziehung angedeihen ließen. Euch fehlt der nötige Respekt vor dem Adel. Ich denke, wir werden das ändern. Denn wenn ich betrübt bin, gerate ich darüber in Zorn, und wenn ich in Zorn gerate, sieht das so aus.«
    Mit einer Schnelligkeit, die niemand dem feisten Mann zugetraut hätte, bewegte er sich tänzelnd hin und her. Der Degen wurde zu einem glitzernden, rasend schnell hin und her zuckenden Blitz. Im nächsten Moment stand Cristofero wieder dort, wo er anfangs gestanden hatte.
    Und der Helvetier war nackt.
    Seine Kleidung lag zerschnitten am Boden; das einzige, was er noch trug, war sein Schwert. Er hatte nicht einmal den Hauch einer Chance gehabt, Cristoferos Degen abzuwehren. Und dabei hatte der Grande ihm nicht einmal die Haut geritzt.
    Cristofero nickte ihm freundlich zu und lachte dann ebenso spöttisch, wie es zuvor der Kelte getan hatte.
    »Oh, nein!« sagte Nicole. »Du hättest ihm nicht den Tip mit der Sprache geben, sondern ihm Redeverbot erteilen sollen. Und er hätte nicht nur gefesselt bleiben, sondern auch noch geknebelt werden sollen…«
    Während der zwangsentblößte Krieger wütend aufbrüllte, ging ein anerkennendes Raunen durch die Zuschauermenge. Können bewunderten sie auch bei ihren Feinden. Ungeachtet der Tatsache, daß Zamorra den Druiden immer noch mit dem Schwert bedrohte, wollte der Helvetier auf Cristofero eindringen. Der bewegte nur ganz kurz den Arm mit dem Degen - und wäre der Angreifer nicht im letzten Moment von Kendan gestoppt worden, hätte er sich selbst auf der Klinge aufgespießt, noch ehe er mit einem wuchtig ausholenden Schwerthieb dem Grande den Schädel hätte spalten können.
    Kendan redete hastig auf den Nackten ein. Andere beteiligten sich plötzlich an dem Disput. Zamorra sah Nicole überrascht an. »Was geht da ab?«
    »Sie wollen Cristoferos speziellem Freund nicht
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