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0513 - Die Hexenfalle

0513 - Die Hexenfalle

Titel: 0513 - Die Hexenfalle
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sie die Vampirin Lamia jagte, aber diese Jagd hatte sie in solch provinzielle Gefilde geführt, daß an Einkäufe modischer Fummel nicht zu denken gewesen war. Allein das Wort »Mode« auszusprechen, war dort schon fast ein Sakrileg, wo die Welt noch in Ordnung war, weil die Frauen sittsam am Herd zu stehen hatten und die Männer alles weitere vom Kartenspiel über die hohe Politik bis hin zum Kneipenbesuch und zur Arbeit - oder Arbeitslosigkeit - fest im Griff hatten. Ein gewisser ostalemannischer Präsidentschaftsbewerber hätte sich bei dieser strikten Rollenverteilung sicher wohlgefühlt…
    Natürlich brauchte Nicole für ihre Einkäufe wesentlich länger als Patricia. Sie strolchte durch Edelboutiquen und Friseurläden, und kurz vor Ladenschluß meldete sie sich endlich im Kaufhaus zurück, in dessen Restaurationsbereich Zamorra und Patricia schließlich gewartet hatten. Eine Perücke, die ihr Ähnlichkeit mit Nofretete verlieh, eine durchsichtige Bluse, Hot Pants, Leggins, bis über die Knie reichende Stulpenstiefel, dazu ein Schal und Unmengen an Modeschmuck, der bei jeder Bewegung klimperte und klingelte wie eine mit einem geschmückten Weihnachtsbaum kollidierende Straßenbahn. Dazu gehörte ein metallisch glitzerndes Cape, das Nicole jetzt zusammengefaltet über den Arm trug - und vermutlich eine Rechnung in astronomischer Höhe. Dem Augenfunkein Nicoles nach war das Auto wohl auch noch mit etlichen weiteren Einkäufen vollgestopft.
    »Mal ’ne ganz lässig in die Menge gestreute Frage«, bemerkte der Professor trocken. »Haben wir und der Kinderwagen noch Platz im Auto?«
    »Für wen oder was hältst du mich?« empörte sich Nicole. »Als intelligente Frau habe ich mir ausbedungen, daß die anderen Einkäufe zum Château angeliefert werden.«
    »Ich wußte gar nicht, daß es so große Lastwagen gibt«, murmelte Zamorra.
    »Du bist ein Banause«, stellte Nicole fest und ließ sich auf einem freien Stuhl nieder. Sie griff nach Zamorras Kaffeetasse und nippte daran. »Schon fast kalt. Ihr habt doch wohl nicht schon sehr lange auf mich gewartet?«
    »Nicht der Rede wert. Wir waren zwischendurch im Kino in der Nachmittagsvorstellung und haben uns ›Ben Hur‹ angesehen.«
    Nicole seufzte abgrundtief. »Schwindler!«
    »Nein, wirklich. Vor allem die Seeschlacht und das Wagenrennen haben Rhett so gefallen, daß er den Film unbedingt noch einmal sehen will, wenn er groß ist.«
    Patricia betrachtete skeptisch die hauchdünne, sehr durchsichtige Bluse. »Frierst du eigentlich nie?«
    Nicole schüttelte den Kopf und nahm die Schultern etwas zurück, so daß ihr sehenswerter Busen noch besser zur Geltung kam. An den Nebentischen schauten einige Herren mehr oder weniger offen und bewundernd herüber; einer hatte das Pech, mit einer besseren Hälfte gestraft zu sein, die ihm prompt einen herben Tritt gegen das Schienbein verpaßte und seine Aufmerksamkeit von Nicoles freizügigem Outfit auf den tierischen Schmerz in seinem Gebein umlenkte.
    »Eigentlich«, verkündete Nicole, »ist das ja keine Bluse, sondern eher ein Hemdkleid, wie mir die Boutiquenbesitzerin und das vorführende Model versicherten. Man trägt es mit Riemenschuhen und einem Gürtel, und sonst nichts. Aber ich dachte mir, daß das einige Polizisten und den Landesverband ältlicher Jungfern sittlich gefährden könnte. Deshalb habe ich notgedrungen diesen anderen Quatsch, wie diese Hose, dazukaufen müssen. Aber ihr solltet mal sehen, wie das Hemdkleidchen wirkt, wenn man es auch noch ohne Gürtel trägt und mit einer Punk-Perücke kombiniert…«
    »Oh, ich kann es kaum erwarten«, versicherte Zamorra mit sehr zynischem Tonfall.
    Nicole beförderte ihn hoheitsvoll vom Banausen zum Ignoranten. »Jedenfalls ist es abwechslungsreicher als deine weißen Anzüge und roten Hemden. Manchmal möchte man meinen, du hättest nichts anderes anzuziehen. Aber euch Männern fehlt ja die Phantasie und der Mut zum Experiment.«
    »Mitnichten. Es mangelt eher am Geld, das für eure Experimente verpulvert wird. Reich gesegnet sind wir Männer dagegen an Sinn für Ästhetik, Harmonie und Schönheit.«
    »Ach, ja?« staunte Nicole. »Das ist mir ja ganz neu.«
    »Dabei bin ich das beste lebende Beispiel«, versicherte Zamorra. »Oder was glaubst du, warum es mir viel mehr Spaß macht, dich nackt zu sehen als in diesen seltsamen Stoffzusammenstellungen? Was das angeht, habe ich wohl den gleichen Geschmack wie der liebe Gott. Der hat Eva auch völlig nackt erschaffen.
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