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0513 - Die Hexenfalle

0513 - Die Hexenfalle

Titel: 0513 - Die Hexenfalle
Autoren: Werner Kurt Giesa
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langsam verlosch das Bild. Die Alte kicherte und spie einen verfaulten Zahn aus; sofort bildete sich in ihrem Mund ein neuer. »Du hast noch nicht genug getan. Wenn nicht so, dann anders«, murmelte die faltige Hexe. »Denn er soll leiden, weißt du? Für das, was er angerichtet hat.«
    Der Rabe krächzte, als fühle er sich angesprochen. Gelangweilt wandte die Katze sich ab, sprang von der Schulter der Hexe und rollte sich neben dem schwarzen Samttuch mit dem Kopf und den beiden Händen zusammen.
    ***
    Nicole stoppte den BMW im Innenhof von Château Montagne direkt vor dem Eingang des Haupttraktes. William, der schottische Butler, der mit Patricia und Rhett hierher gekommen war, tauchte auf. Für Zamorra und Nicole war es immer noch ein ungewohntes Bild; früher war es immer der alte Raffael Bois gewesen, der zu jeder Tag- und Nachtstunde dienstbereit war. Natürlich war der inzwischen fast neunzigjährige Diener das auch heute noch; er konnte einfach nicht aus seiner Haut und würde wahrscheinlich von einem Tag zum anderen sterben, wenn man ihn offiziell seiner Aufgaben entband. Deshalb galt William derzeit nur als seine rechte Hand. Aber vermutlich war selbst Raffael froh, daß es jetzt einen wesentlich jüngeren Mann im Château gab, der allmählich in die Pflichten Raffaels hineinwuchs.
    Natürlich war William in erster Linie für Patricia und ihren Sohn zuständig, erst in zweiter Linie für den Rest des Châteaus. Deshalb war auch nichts dagegen einzuwenden, daß er zuerst einmal der Lady den Wagenschlag öffnete und ihr dann half, den Kleinen ins Haus zu bringen. Zamorra war immerhin vom damaligen Sir Bryont Saris »nur« in den Llewellyn-Clan adoptiert worden. Er besaß dadurch zwar das Recht, die Clansfarben zu tragen, aber er war eben nur ein halber Llewellyn - und zufällig auch noch der Gastgeber.
    Zamorra selbst hatte es nicht anders gewollt.
    Es regnete nicht mehr, aber die Pflastersteine im Innenhof waren noch naß. Zamorra und Nicole ließen den BMW einfach stehen. Raffael würde ihn in die Garage fahren, die in vergangenen Jahrhunderten Pferdestall gewesen war.
    Nicole verschwand sofort in Richtung ihrer Privatgemächer. Zamorra suchte seine »Abteilung« auf, riß sich die nasse Kleidung vom Körper und schlüpfte in einen legeren Freizeitdreß. Als er das Zimmer wieder verließ, sah er durch eines der Fenster im breiten, mit Gemälden dekorierten Flur, wie Raffael den Wagen tatsächlich ins Trockene fuhr. Als er die Treppe hinunterging, erwartete ihn William unten.
    »Sie haben… äh… Besuch, Zamorra«, verkündete er. Die umständlichen Anreden wie »Monsieur« oder »Professor« hatte Zamorra ihm wesentlich schneller abgewöhnen können, als es ihm seinerzeit bei Raffael gelungen war.
    Zamorra lächelte. »Sie drücken das so reserviert aus, William.«
    »Es handelt sich um diese Bestie, Chef.«
    »Fenrir?« Zamorra hob die Brauen. Wenn William jemanden als Bestie titulierte, konnte es sich nur um den intelligenten Wolf mit der telepathischen Begabung handeln.
    »Ich habe mir erlaubt, ihn in eines der leerstehenden Zimmer zu führen und mit einem Napf Wasser und einem Schinken zu bewirten. Raffael meinte, die Köchin würde das Fleisch nicht unbedingt in den nächsten Tagen vermissen.«
    Zamorra schmunzelte. »Hoffentlich ändert sie nicht den Speiseplan überraschend ab.« Die Dame wohnte unten im Dorf und kam täglich herauf, um für die Hauptmahlzeiten zu sorgen; danach verschwand sie wieder. Für die Frühstückszubereitung erklärte sich im Regelfall Raffael Bois zuständig. Einmal in der Woche tobte sich auch eine Raumpflegerin ganztägig im Château aus - seit sich die Zahl der ständigen Bewohner erhöht hatte. Früher war’s ein Halbtagsjob gewesen. Trotzdem blieben viele Zimmer, weil eben unbenutzt, verstaubt.
    »Sie haben Fenrir doch nicht etwa in eine dieser Staubkammern gesteckt?« entsetzte Zamorra sich.
    William schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht, Chef. Ich meine eines der Gästezimmer. Darf ich vorausgehen?«
    Zamorra winkte ab. »Sagen Sie dem alten Burschen, daß er ins Kaminzimmer kommen soll. Das sind wir ihm schuldig. Wenn Sie ihm einen besonderen Gefallen tun wollen, halten Sie die Ansprache auf russisch.«
    »Bitte, was, Chef?«
    »Wußten Sie nicht, daß Fenrir ein sibirischer Wolf ist?«
    »Mit Verlaub, ich weiß nur, daß er ein gefräßiger Wolf ist.« William zog sich zurück.
    Zamorra hatte Fenrir vor vielen Jahren in einer anderen Dimension kennengelernt.
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