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0511 - Fenster der Angst

0511 - Fenster der Angst

Titel: 0511 - Fenster der Angst
Autoren: Jason Dark
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Das starke Herz bäumte sich gegen die Totenstarre auf, in die Glenda fallen sollte, ohne eine echte Chance zu haben.
    Es war ihr schon nicht mehr möglich, sich zu bewegen oder zu sprechen. So wie sie auf der Stelle stand, vereiste sie auch. Die Starre hatte an den Füßen begonnen, sie war höher gekrochen, durch die Beine geglitten, über die Gürtellinie hinweg, und sie erreichte jetzt ihren Brustkorb.
    Das Herz schlug noch immer.
    Unregelmäßig.
    Sah so das Ende aus?
    Glenda konnte noch denken, sie konnte auch sehen. Überscharf war ihr Blick plötzlich.
    Da war nur das Gesicht!
    Diese einst lieblichen Züge waren für sie nur mehr eine kalte, grausame Maske, über die Blut in kleinen Rinnsalen lief und auch schon verkrustete.
    Dann schloß Julia die Augen.
    Es war der Moment, wo auch Glendas Herz nicht mehr schlug oder sie die Schläge nicht mehr wahrnahm.
    Glenda Perkins war scheintot!
    Sie stand für die Länge eines Atemzuges noch auf den Beinen und kippte dann langsam nach vorn. Sie wäre mit dem Gesicht zuerst aufgeschlagen, das wollte der alte Totengräber nicht. So schwach er eigentlich vor einer Stunde noch gewesen war, der Anblick und die Kommunikation mit seiner ehemaligen Geliebten hatten ihm wieder die entsprechende Kraft gegeben, um reagieren zu können.
    Er sprang hin und fing Glenda auf, bevor sie zu Boden stürzen und sich verletzen konnte.
    So hielt er sie auch fest, drehte den Kopf und sah das Nicken des feinstofflichen Gesichts.
    »Soll ich sie begraben?« fragte er.
    »Ja…« hörte er die Antwort in seinem Hirn. Die Stimme kam ihm vor wie ein Glockenschlag, und sie erinnerte ihn auch wieder an die alten, so herrlichen Zeiten.
    »Wann und wo?«
    »Jetzt. Dein Garten ist groß und verwildert. Nimm noch einmal deinen Spaten und schaufle ihr das Grab.«
    Der Totengräber nickte. Über sein Gesicht glitt ein Lächeln. Wenn er noch nie gern ein Grab ausgehoben hatte, in den nächsten Minuten würde er diese Arbeit mit Genuß vollenden.
    Glendas Tod bedeutete für ihn das Weiterleben im Schatten seiner geliebten Julia.
    Und mehr wollte er nicht. Es tat ihm deshalb nicht einmal leid, als er die junge Frau nach draußen in die feuchte Kühle des späten nebligen Nachmittags schleifte…
    ***
    Die beiden Männer aus London hatten die Familie Bright verlassen, und die Brights kamen sich auch verlassen vor. Sie hatten die Schritte verstummen und das Schlagen der Tür gehört. Sie saßen da und starrten sich an.
    Steif hockte Ken im Sessel. Sie hörten ihn atmen. Jedes Luftholen schien ihm Qualen zu bereiten, das schmerzte seine Schwester Harriet fast körperlich.
    »Warum nur?« fragte sie, »warum?«
    Chester Bright fühlte sich angesprochen. Er hatte bisher zu Boden geschaut und stand wie ein Zinnsoldat neben dem Sessel, in dem sein Sohn so unbeweglich hockte.
    »Was hat er getan?«
    Wieder mußte Harriet einfach fragen, und diesmal reagierte ihr Vater. Er fuhr durch sein Gesicht, knetete die Wangen und legte die Stirn in Falten. »Es… es muß lange zurückliegen.«
    »Das glaube ich auch. Ken hat sie aber nicht gekannt. Das… das ging doch nicht. Sie war schon längst tot, als Ken geboren wurde.«
    »Ja, es waren einige Jahre«, gab der Mann zu.
    »Dann ist Ken der Falsche gewesen.«
    »Bestimmt. Vielleicht war auch nicht Ken gemeint. Ich… ich kann mir vorstellen, daß es um eine andere Sache ging, die geschah, als ich noch nicht verheiratet war.«
    Harriet war irritiert. »Wie meinst du das denn?«
    »Ich kannte Julia Ashley«, sagte ihr Vater. »Eigentlich kannte sie ein jeder im Ort, und ein jeder wußte auch, daß sie das schönste Mädchen in Rippon war.«
    »Auch du?«
    »Ich besonders«, gab Chester Bright verlegen zu.
    Harriet verstand. »Soll das heißen, daß du etwas mit ihr gehabt hast?«
    Es dauerte, bis ehester eine Antwort geben konnte. »So ungefähr.«
    »Dad, bitte, du mußt jetzt sprechen. Vielleicht ist es gut für uns alle, wenn du redest.«
    »Ja, möglich. Ich habe keinem etwas erzählt. Nicht deiner Mutter, nicht Ken und auch nicht dir.«
    »Weshalb nicht?«
    »Weil es schlimm war – damals.«
    »Du hast Unrecht getan?«
    »Jetzt, wo ich älter bin, sehe ich es ein. Damals aber, da hat sie mich verrücktgemacht. Sie machte alle verrückt. Julia Ashley sah aus wie ein Engel, obwohl sie ein Teufel war. Ein schön aussehender Teufel mit einer schwarzen Seele. Sie spielte mit uns jungen Männern. Sie kokettierte, sie machte jedem schöne Augen, denn sie wollte, daß wir
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