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051 - Die gelbe Schlange

051 - Die gelbe Schlange

Titel: 051 - Die gelbe Schlange
Autoren: Edgar Wallace
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Schulmathematik behalten, daß er wußte, welch verheerende Wirkung diese Wassermassen auf das Gleichgewicht des Schiffes haben mußten.
    Höher und höher stieg das Wasser, und nur wenig lief durch die Ventilationsöffnungen und die Türspalten ab. Jetzt war es nur noch eine Frage kurzer Zeit, daß Fing Su um sein eigenes Leben bangen mußte!
    »Lynne!« kreischte Fing Su. »Übergeben Sie Ihre Waffen, und Sie sollen anständig behandelt werden.«
    Clifford gab keine Antwort. Er hätte zu gern das Gesicht dieses Halunken gesehen, nur den Bruchteil einer Sekunde lang. Plötzlich überholte die ›Umveli‹ stark nach Steuerbord, und das Wasser spritzte und gurgelte Joe Bray, der am Steuerbordfenster stand, bis zum Hals. Lange blieb das Schiff in dieser Stellung, und erst allmählich richtete es sich wieder auf. Das Übergewicht von sechzig Tonnen machte sich bemerkbar!
    Draußen hörte man erregte Stimmen. Die Schläuche wurden zurückgezogen und die Tür aufgerissen. Das Wasser ergoß sich in reißendem Strom über die Decksplanken.
    Wieder machte Fing Su sich bemerkbar:
    »Mr. Bray soll herauskommen, ich will mit ihm sprechen. Aber ohne Waffen!«
    Nach kurzer Beratung gab Joe die Pistolen seinem Freund und ging auf das nasse Deck hinaus. Fing Su stand im Schutz eines großen Ballens mit Manchesterware, einen Revolver in der Hand.
    »Legen Sie sofort den Revolver weg, Sie Penny-Chinese !« fuhr Joe ihn an. »Und hören Sie endlich einmal auf, Theater zu spielen, Sie Heide!«
    Fing Su steckte den Revolver weg.
    »Mr. Bray«, fing er an, »wir wollen uns nicht gegenseitig beschuldigen -«
    »Lassen Sie diese College-Sprache, Sie verdammter, diebischer Kuli!« schnauzte Joe. »Ihr dürrer Hals wird am Galgen zappeln, wenn Sie nicht sofort das Schiff wenden lassen!«
    Fing Su lächelte.
    »Unglücklicherweise ist das nicht möglich«, erwiderte er. »Wir haben den Lotsen bereits abgesetzt, bildlich und wörtlich gesprochen -«
    »Hören Sie auf, wie ein Oxford-Mann zu reden!« brüllte Joe wütend. Und dann fing er an, chinesisch zu schimpfen, und diese Sprache ist so recht dazu geschaffen, einem anderen die schlimmsten Gemeinheiten an den Kopf zu werfen.
    Fing Su hörte zu, ohne im geringsten aus der Fassung zu geraten, und als Joe endlich Luft schöpfen mußte, warf er ein:
    »Wir vergeuden nur Zeit, Mr. Bray. Überreden Sie Ihre Freunde, die Waffen zu strecken, dann wird ihnen nichts geschehen. Andernfalls werde ich sie aushungern. Ich habe nicht die Absicht, Joan etwas anzutun -«
    »Sie meinen: Miss Bray!« wütete Joe. Sein Gesicht war rot vor Zorn. Immer mehr Kulis kamen herzugelaufen und gruppierten sich um Fing Su. Joes Chinesisch klang außerordentlich echt, schließlich hatte er die meiste Zeit seines Lebens in diesem Land verbracht - und schaudernd hörten die Kulis die ausgesuchten Schmeicheleien, die er ihrem Herrn an den Kopf warf.
    Fing Su trug eine Art von Marineuniform: weiße Leinenhosen, eine blaue Jacke mit unzähligen goldenen Streifen um die Ärmelaufschläge und eine große Offiziersmütze mit breitem goldenem Band.
    »Sie sind ein verrückter und ungebildeter Mann«, erklärte er ruhig. »Aber es ist nicht meine Aufgabe, Ihnen Ihre niedrige Herkunft vorzuwerfen. Gehen Sie jetzt zu Ihren Freunden und bringen Sie ihnen meine Botschaft.«
    Für einen Augenblick sah es so aus, als ob Joe Bray seinerseits dem Chinesen eine persönliche Botschaft mit eigener Hand ins Gesicht schreiben wollte, aber Fing Sus Revolver war auf ihn gerichtet, und so zog Joe sich mit einem letzten Schwall gröblicher Beschimpfungen zu seinen Unglücksgefährten zurück.
    »Er hat etwa ein Dutzend bewaffneter Leute bei sich«, berichtete Joe, »und er will uns aushungern. Cliff, wenn ich daran denke, wie leicht dieser Bursche als Baby zu behandeln war -«
    »Hat Fing Su das Kommando über das Schiff?«
    »Es gibt zwar einen Kapitän, einen Neger. Aber er ist ein Niemand - das große Wort führt Fing Su.«
    »Mr. Bray, wissen Sie, wer der andere Mann ist, der mit mir zusammen auf das Schiff gebracht wurde?« fragte Joan. Und dadurch hörten sie zum ersten Male davon, daß es noch einen anderen Gefangenen auf der Umveli gab.
    Auch Clifford war wie Joan der Meinung, daß es nicht Spedwell sein konnte - er hatte einen bestimmten Verdacht. Aber der war unbegründet, denn Ferdinand Leggat lag zu dieser Zeit in einer tiefen Grube, die in der Nacht bei flackerndem Laternenlicht unterhalb der Fabrikmauer ausgehoben worden
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