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051 - Die gelbe Schlange

051 - Die gelbe Schlange

Titel: 051 - Die gelbe Schlange
Autoren: Edgar Wallace
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war.

37
    Während die Freunde noch Kriegsrat hielten, ging Fing Su in seine Kabine; auf seinen Befehl brachte man ihm das erbarmungswürdige Wrack eines Mannes aus dem dunklen Loch, in das man ihn geworfen hatte. Stephen Narth, schmutzig, hohläugig, im zerfetzten Abendanzug, wäre wohl von seinen besten Freunden nicht wiedererkannt worden. Die grauenvolle Nacht hatte ihn gezeichnet. Er war wieder bei Verstand, aber der Chinese erkannte, daß Narth dicht vor dem Zusammenbruch stand.
    »Warum haben Sie mich auf dieses Schiff gebracht?« krächzte Narth. »Das ist kein faires Spiel, Fing Su. Wo ist dieser Schurke Spedwell?«
    Fing-Su hätte darauf eine Menge antworten können.
    Spedwell war entkommen, aber in seinem eigenen Interesse würde er schon den Mund halten. Fing Su hatte Spedwell schon immer gehaßt - sein herrenmäßiges Benehmen und sein überlegenes Lächeln; er hatte ihn mehr gehaßt als den Säufer Leggat. Spedwell war für ihn ein nützlicher Lehrer gewesen, der Chinese hatte sich durch ihn gewisse, lebenswichtige Grundkenntnisse aneignen können. Fing Su war äußerst begabt und hatte eine leichte Auffassungsgabe. Während seiner Universitätsstudien war er nie mit militärischen Dingen in Berührung gekommen, aber in dem einen Jahr seiner Bekanntschaft mit Spedwell hatte er eine Menge dazugelernt.
    Fing Su wandte sich wieder zu Narth:
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wo Spedwell steckt, und ich werde ihm den Tod des armen Leggat niemals verzeihen.«
    Narth starrte ihn an.
    »Dann war das Spedwells Plan?«
    »Ganz und gar«, behauptete Fing Su nachdrücklich. Er war ein aalglatter Lügner, der seine Behauptungen immer glaubwürdig vorbringen konnte. Und Narth war in einer Verfassung, jede Erklärung begierig für bare Münze zu nehmen, die ihn von seiner Schuld befreite.
    Mit wenigen Sätzen gab ihm Fing Su eine Darstellung der gestrigen Zeremonie, die den Mann mit dem schwachen Gewissen besänftigte. Dann brachte der Chinese ihm die wichtigste Neuigkeit bei.
    »Was? Joan ist hier an Bord?« keuchte Narth. »Aber wer hat sie hierher gebracht, und was macht Lynne an Bord dieses Schiffes?«
    »Das möchte ich auch wissen«, entgegnete Fing Su rasch. »Gehen Sie hinunter und sprechen Sie mit ihm. Erklären Sie ihm, daß es völlig sinnlos ist, Widerstand zu leisten. Geben Sie ihm mein Wort, daß ihnen allen nichts geschehen wird, und daß sie alle Bequemlichkeiten haben sollen, bis ich sie in Bordeaux an Land setze. Aber sie müssen sich natürlich verpflichten, mir keine weiteren Schwierigkeiten zu machen.«
    Er erklärte Narth noch ausführlich die einzelnen Punkte seines Auftrages, und wenige Minuten später konnte Clifford Lynne von seinem Beobachtungsposten aus eine zusammengesunkene Gestalt auf seine Kabine zuwanken sehen. Dann erkannte er ihn. Jetzt wußte er, wer mit Joan an Bord gekommen war. Aber was war mit Leggat geschehen?
    Schweigend hörte er Stephens Vorschlag an. Dann schüttelte Cliff den Kopf.
    »Eher würde ich mit einem hungrigen Haifisch einen Vertrag machen«, erklärte er. »Gehen Sie zu Fing Su zurück, und sagen Sie ihm, daß es ihm nicht gelingen wird, uns zu ertränken oder auszuhungern. Sagen Sie, ich verspreche ihm, daß er an dem Tag, an dem wir wieder frei sind, unter Mordanklage verhaftet werden wird.«
    »Es ist doch sinnlos, sich gegen ihn aufzulehnen«, jammerte Narth.
    Seine Nerven ließen ihn im Stich. Er war niemals ein starker Mann gewesen, aber jetzt war er nur noch der erbärmliche Schatten jenes Stephen Narth, den Clifford damals kennengelernt hatte.
    »Ist Leggat an Bord?« wollte Lynne wissen. Narth schüttelte den gesenkten Kopf und flüsterte etwas, das nur ein ungewöhnlich scharfes Ohr vernehmen konnte.
    »Tot?« fragte Clifford ungläubig. »Hat Fing Su ihn ermordet?«
    Aber noch während er fragte, taumelte Stephen Narth wieder hinaus.
    Die Lage der Eingeschlossenen war gefährlich. Die Küste entschwand den Blicken mehr und mehr, und wenn nicht ein Wunder geschah, gab es keine andere Wahl als Hungertod oder Übergabe. Und was Übergabe für Joan bedeutete, konnte Clifford sich vorstellen. Unmittelbar nachdem Narth sich entfernt hatte, verbarrikadierten die Freunde die Tür der Außenkabine. Auf Inspektor Willings Rat ließen sie die schweren Eisenblenden, die die Luken bedeckten, herunter und schraubten sie fest. Nun war es allerdings nicht mehr möglich, das Vorschiff zu überschauen, auch die frische Luft war ausgesperrt. Aber es ließ sich in
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