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0504 - Lorna, die Löwenfrau

0504 - Lorna, die Löwenfrau

Titel: 0504 - Lorna, die Löwenfrau
Autoren: Jason Dark
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der Ohren ausliefen.
    Das Gesicht war nicht hager, eher voll, als hätte er die Wangen leicht aufgeblasen. Dabei sah die Haut nicht nur glatt, auch glänzend aus. Sie hätte auch mit Schweiß oder Öl eingerieben sein können. Die Nase war für einen Mann zu klein, der Mund dafür breit. Er hatte etwas kasperhaftes an sich, aber das täuschte, wer in die Augen dieses Mannes schaute und darin den eiskalten und erbarmungslosen Raubtierblick erkannte.
    Dieser Mann verstand keinen Spaß. Er war der Meister, der King, er ließ sich auch dementsprechend feiern.
    Die Frauen waren zur Seite getreten und hatten ihrem Meister so genügend Platz geschaffen.
    Er stoppte seine gravitätisch anmutenden Schritte und blieb so stehen, daß er nur durch ein leichtes Zurücklegen des Kopfes in den Käfig mit den beiden Gefangenen schauen konnte.
    Wir erwiderten seinen Blick.
    Vier Hände umklammerten die Käfigstangen. »Der versteht keinen Spaß«, raunte Bill mir zu. »Was denkst du?«
    »Daß er uns fertigmachen will.«
    »Hast du denn dein Kreuz?«
    »Sicher.«
    »Dann…«
    »Nicht dann, mein lieber Bill. Gegen eine afrikanische Magie komme ich damit nicht an.«
    »Wenn du es aktivierst, entsteht trotzdem ein Gegenpol und…«
    »Ich will nicht, daß ihr flüstert!« Lataresse hatte uns angesprochen.
    Seine Stimme so wie bei unserer ersten Begegnung, als er sich auf der Treppe aufgehalten hatte.
    »Haben Sie Furcht, daß Sie etwas versäumen könnten?« fragte Bill.
    »Nein, aber hier geht es um andere Dinge. Sie haben das Bild sicherlich gesehen.«
    »Ja.«
    »Es ist Lorna. Ich will sie.«
    »Und wir haben Sie nicht, Meister!« Bill rief ihm den Satz laut ins Gesicht.
    Lataresse ballte die Hände. Für mich war es ein Zeichen von Zorn oder Wut. Ich wollte ihn nicht noch weiter reizen. Unüberlegte Reaktionen konnten sich für uns zu einer großen Gefahr verdichten.
    »Weshalb ist Ihnen die Frau so wichtig?« fragte ich ihn.
    Er zögerte mit der Antwort, schaute mich von oben bis unten an, als überlegte er, ob ich auch würdig genug war, seine Erklärung zu bekommen. »Sie hat zu mir gehalten. Sie hat ihren Mann getötet, auch für mich, und mir damit bewiesen, daß sie voll und ganz auf meiner Seite steht. Sie ist damals die einzige Weiße in Kenia gewesen, die mich richtig verstanden hat.«
    »Kennt Sie den Zauber?«
    »Ja, Sinclair. Ich werde versuchen, Ihnen gewisse Dinge zu erklären, obwohl Sie meine Feinde sind.«
    »Wir sind stets die Feinde von Mördern.«
    Lataresse warf Bill einen kalten Blick zu. »Sie sind dumm. Wie können Sie mich als einen Mörder bezeichnen?«
    »Haben Sie nicht Rose Wayne umgebracht?«
    »Das mußte sein. Es war ein Opfer für die Sache. Ein Mord ist etwas anderes.«
    »Für Sie vielleicht. Aber für uns…«
    »Sei ruhig, Bill.« Ich wollte mit Lataresse reden. »Erklären Sie uns, was Sie antreibt. Was hat Sie geleitet? Welche Stimmung steckt dahinter, welche Kraft?«
    Er überlegte einen Augenblick. »Stimmung? Kraft?« wiederholte er und lachte auf. »Ja, so etwas gibt es. Es ist die Glut des Schwarzen Kontinents und die mystische Kraft des Löwen, die ich erfahren habe. Aber das werden Sie wohl kaum begreifen, Sinclair.«
    »Als Weißer?«
    »Ja, als Weißer«, bestätigte er mir. »Das Verhältnis zwischen Schwarz und Weiß besteht nicht nur aus Vorurteilen und Ressentiments. [2] Ich hatte das Glück, bei einem Stamm im Busch sein zu dürfen. Der Medizinmann hat mir vertraut. Er war ein ganz besonderer Mensch, ausgestattet mit einem immensen Wissen. Er hat mir vertraut, er hat mich eingeweiht, und nicht nur in die Heilkünste.«
    »Worin noch?«
    Dr. Lataresse bewegte sich. Er schritt auf den Käfig zu, dann wieder zurück, wobei er mit den Händen Figuren in die Luft malte.
    »Er wußte von den magischen Kräften, die im Tiefen verborgen liegen. Er holte sie hervor, er bewies mir, daß es sie gibt. Er vertraute der Kraft des Löwen, und ich vertraute ihm.«
    »Haben Sie experimentiert?«
    »Selbstverständlich. Wir führten die magischen Versuche durch. Es war einfach wunderbar, kann ich Ihnen sagen. Die magische Welt des Löwen ist phänomenal. Man muß in sie hineintauchen, man muß meditieren, mit ihr reden, sich mit ihr beschäftigen, ja, man muß sein Ich einfach aufgeben und sich dem anderen überlassen. Schon die alten Ägypter wußten über die Macht des Löwen Bescheid. Dieses Wissen ist nicht verflossen, es war nur verschüttet. Und doch gibt es Orte und Stellen in diesem weiten
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