Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
05 - Der Conquistador

05 - Der Conquistador

Titel: 05 - Der Conquistador
Autoren: Manfred Weinland
Vom Netzwerk:
ging in der Tat friedlich zu Ende und am Morgen weckte sie in aller Herrgottsfrühe stilecht ein krähender Hahn. Maria Luisa und Alejandro mussten sich erst in einer Situation zurechtfinden, in der es weder sanitäre Anlagen, noch ein Frühstück oder zumindest eine Tasse Morgenkaffee gab; dazu war es nicht gerade heimelig warm in der Kirche. Tom dagegen war das von seinen zahlreichen Expeditionen leidlich gewöhnt. So übernahm er den Part der guten Laune, während die beiden anderen eher missmutig umherschlichen.
    Nachdem sie sich an einer Regentonne den Schlaf aus dem Gesicht gespült und in den Büschen notwendige Geschäfte getätigt hatten, bestiegen sie wieder den Range-Rover.
    Das gemeinsame Schicksal begann erste Früchte zu tragen: Die Chemie zwischen ihnen pendelte sich langsam ein und Tom kam sogar dem sonst so verschlossenen Alejandro ein Stück näher, obwohl der auch jetzt kaum ein Wort sprach.
    Fast war Tom geneigt, Maria Luisa beizupflichten, dass die Vorsehung sie in die abgelegene Kirche geführt hatte. Eine Übernachtung im Wagen wäre nicht nur weit weniger komfortabel und frostiger verlaufen, sondern hätte unweigerlich zu Spannungen zwischen ihnen geführt.
    »Für nächste Nacht suchen wir uns trotzdem rechtzeitig eine angemessene Unterkunft mit Heizung und fließendem Wasser«, sagte Tom auf der Fahrt durch den beginnenden Tag. »Es sei denn …« Er stockte, bis Maria Luisa ihn fragend ansah.
    »Ja …?«
    »Du solltest dir gut überlegen, ob du dich weiter mit mir abgeben willst«, rückte er mit der Sprache heraus. »Auch um seinetwillen.« Er neigte den Kopf zu Alejandro. »Noch sind wir glimpflich davongekommen. Ich kann nicht garantieren, dass es so bleibt. Solange ihr mich begleitet, seid ihr in Gefahr.«
    Maria Luisa schwieg. Tom sah, dass es hinter ihrer Stirn arbeitete. Gut so. Besser als eine vorschnelle Antwort.
    Längs der Straße tauchten jetzt immer öfter Plakate auf, die zu einem Jahrmarkt einluden, der offenbar ganz in der Nähe stattfand. Als sie einen Hügelkamm überquerten, war unten im Tal am Rand einer Stadt ein mit Attraktionen vollgestellter Platz zu sehen: ein großes Zelt, Riesenrad, sonstige Fahrgeschäfte …
    »Fahr mal da hin!«
    Tom verzog das Gesicht. »Das erinnert mich frappierend an heute Nacht.«
    »Und?«, konterte Maria Luisa. »Hat es uns geschadet?«
    Er zuckte mit den Achseln, verließ bei nächster Gelegenheit die im Kopf schon vorausgeplante Route und bog in Richtung des Jahrmarkts ab. »Was willst du da? Zuckerwatte naschen?«
    »Ein Frühstück wäre wirklich nicht verkehrt, vielleicht gibt es da auch belegte Brote.«
    Damit nahm sie ihm den Wind aus den Segeln.
    Sie parkten auf einer eigens dafür ausgewiesenen Fläche. Zu dieser frühen Morgenstunde stand außer ihnen noch kein anderes Auto dort, und auch auf dem Jahrmarktsgelände selbst schlummerte noch alles vor sich hin.
    »Pech gehabt«, sagte Tom, als sie ausstiegen und sich die Beine zwischen den geschlossenen Ständen vertraten. »Fahren wir weiter bis zum nächsten Gasthaus.«
    Maria Luisa blieb vor einem zurückgesetzt stehenden Wohnwagen stehen, an dessen Außenwand ein buntes Plakat befestigt war:.
    KEIN JOB? ABGEBRANNT?
    WIR SUCHEN STÄNDIG
    HELFER ZUM MITREISEN!
    KEINE ERFAHRUNG IM
    SCHAUSTELLERGESCHÄFT?
    WIR LERNEN DICH AN!
    Tom wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Er erkannte eine Falle, wenn er sie sah. »Niemals!«
    »Gibt es denn eine bessere Tarnung für uns – und die Möglichkeit, nebenher etwas Geld zu verdienen?«, fragte Maria Luisa. »Und ich wette, neben der Arbeit findest du auch noch genug Zeit, um die Kladde weiter zu übersetzen.«
    Eine halbe Stunde später saßen sie am Frühstückstisch des Jahrmarktbetreibers, der noch Helfer suchte und der, das musste sogar Tom einräumen, einen unschätzbaren Vorteil hatte: Er verlangte keine Papiere.
    10.
    Vergangenheit
    Am Grab seines Vaters hielt Ts’onot stumme Zwiesprache mit dem Toten, der mit seinem selbstlosen Opfer die Welt vor dem Untergang gerettet hatte.
    So sehr Ts’onot auch jetzt noch mit der eigenen Schwäche haderte, so überwog doch die Freude darüber, dass die Pläne des »Weißen« ein weiteres Mal durchkreuzt worden waren.
    Wie hast du das nur fertiggebracht, Vater? Und wann?
    Ts’onot erinnerte sich, dass der Kazike irgendwann längere Zeit fernab der Stadt und seiner Familie verbracht hatte. Angeblich, um die kleineren Gemeinden zu besuchen.
    Im Nachhinein schien der wahre Zweck dieser
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher