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05 - Der Conquistador

05 - Der Conquistador

Titel: 05 - Der Conquistador
Autoren: Manfred Weinland
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bemerkte er, was Maria Luisa sofort aufgefallen war: Der untere Einbanddeckel war regelrecht aufgeplatzt und mutete wie eine Wunde an, aus der Innereien hervorquollen.
    »Da steckt etwas drin – wie in einer Tasche!«, fuhr Maria Luisa fort.
    Tom machte sich an dem klaffenden Riss zu schaffen und holte mit spitzen Fingern mehrere Bögen zusammengefaltetes Papier hervor. Die Seiten hatten sich gewellt, waren aber nicht beschädigt.
    »Was meinst du, was das ist?« Sowohl Maria Luisa als auch Tom Ericson hatten ihre Umgebung und die immer noch hektisch mit Feuerlöschen beschäftigten Menschen komplett ausgeblendet.
    Die Kladde barg also noch ein Geheimnis?
    Tom faltete die Blätter auseinander. Sie waren eng mit Tinte von ungewöhnlicher Farbe beschrieben, und auf einer Seite prangte die Skizze eines schmuckähnlichen Gegenstands.
    »Sieht aus wie ein Armreif …«, murmelte Maria Luisa. »Merkwürdig. Was mag es damit auf sich haben?«
    Tom rekapitulierte, was er aus der Kladde über die Maschine erfahren hatte, die der »Weiße Ritter«, der fraglos eine Inkarnation des »Mannes in Weiß« war, vor Jahrhunderten bei den Maya in Auftrag gegeben hatte.
    Das Artefakt, das Tom im Lederbeutel bei sich trug, schien das wichtigste Teil dieser unheiligen Konstruktion zu sein. Deshalb lag der Gedanke nahe, dass auch der hier skizzierte Gegenstand etwas damit zu tun haben könnte.
    »Ich weiß es nicht. In Hernández’ Aufzeichnungen stand nichts darüber«, sagte er und richtete seinen Blick auf die neu gefundenen Blätter. Sie waren ebenfalls in Altkastilisch abgefasst, aber deutlich schnörkelloser, was auf einen anderen Urheber schließen ließ.
    »Die Blätter stammen offenbar nicht von de Córdoba beziehungsweise seinem Schreiber.«
    »Sondern?«
    »Von einem Mann namens … warte, hier steht es: von einem Diego de Landa, der sich als Kazike von Ah Kin Pech betitelt. Offenbar ein Spanier – im Rang eines Maya-Herrschers? Seltsam …«
    Epilog
    In einem Raum zwischen und zu allen Zeiten beobachteten Geschöpfe, deren Körper von bernsteinfarbenen Schuppen bedeckt waren und deren seltsam gesichtslose Köpfe dornenartige Auswüchse aufwiesen, wie einer der gelagerten Gegenstände ein Eigenleben entwickelte. Es handelte sich um ein Tuch, das in einer Vorrichtung eingespannt war, seit sein Gegenstück aus der Kammer entwendet worden war.
    Kein gewöhnliches Tuch natürlich. Nichts in diesem Raum war gewöhnlich .
    Der Aufenthaltsort des identischen Zwillingstuchs draußen war nicht zu bestimmen. Unzweifelhaft aber war, dass es benutzt wurde, denn es machte sich in gewissen Abständen bemerkbar. So wie jetzt.
    Aus dem metallisch schimmernden Gewebe, das sich glatt auf den Boden gelegt hatte, entstanden Verwerfungen, als würde ein Magnet über einen Teppich aus Eisenstaub hinweggleiten und Teile davon anheben.
    Im nächsten Moment brach etwas aus dem Quadrat hervor und landete unmittelbar daneben.
    Ein Körper. Leblos wie die anderen, die vor ihm gekommen waren. Die schuppigen Wesen warteten, bis sich das Artefakt wieder beruhigt hatte. Dann traten sie vor und kümmerten sich um den Leichnam. So wie sie es mit jedem davor auch getan hatten. Sie nahmen ihn und trugen ihn in einen abgelegenen Bereich, wo auch seine Vorgänger einen Platz gefunden hatten.
    In ihrer Sprache schrieben sie Nummer 48 darauf.
    Dann wandten sie sich wieder ihren eigentlichen und anspruchsvolleren Beschäftigungen zu.
    ENDE
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