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05 - Der Conquistador

05 - Der Conquistador

Titel: 05 - Der Conquistador
Autoren: Manfred Weinland
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aus den Tiefen eines wassergefüllten Kraters geholt hatte – als er ihn noch für einen Gott und einen Freund der Maya hielt.
    »Hier ist der Ort«, sagte Ts’onot matt. »Ich verfluche mich selbst dafür, die Menschen an dich ausgeliefert zu haben. Nun wird es also kommen … das Ende. Wie es prophezeit ist.«
    »Es bedarf immer eines Endes, um einen Anfang zu ermöglichen«, sagte der »Weiße« eleusinisch.
    Das Versteck wurde geöffnet. Der »Weiße« trat hinein. Und wenig später hörte man sein wutentbranntes Gebrüll.
    Das letzte Versteck war – leer! Jemand war ihnen zuvorgekommen!
    »Dafür wirst du büßen!«, dröhnte der falsche Gott mit Donnerstimme. »Dafür …«
    Er verstummte, als sich ein anderer Ton in sein Gebrüll mischte; ein leises, aber doch hörbares Lachen.
    Es kam von Ah Ahaual!
    Die letzten Tage hatte er in Agonie verbracht, doch nun schienen noch einmal seine Lebensgeister zu erwachen. Er hob den Kopf und sah den »Weißen« fast belustigt an. »Arme Kreatur«, quoll es zwischen seinen geschundenen Lippen hervor. »So dicht vor dem Ziel – und doch weltenweit davon entfernt.«
    »Du hast den Kern geholt und woanders versteckt, damals schon!«, erkannte der Mann in Weiß. Mit einem gedankenschnellen Huschen war er bei dem Kaziken. »Verrate mir auf der Stelle, wo! Oder dein Sohn und dein Weib –«
    »Du kannst mir nicht mehr drohen«, sagte Ah Ahaual mit nun fester Stimme – und zog etwas unter seinem Gewand hervor, das sich als Rippenbogen eines Schweins entpuppte. Ts’onot erinnerte sich, dass die Fremden, die sich selbst »Spanier« nannten, am gestrigen Abend einige Schweine geschlachtet und verzehrt hatten. Irgendwie musste sein Vater an den Knochen gelangt sein, den er jetzt in den gefesselten Händen drehte und gegen seine Brust richtete.
    Der »Weiße« zeigte zum allerersten Mal eine Reaktion, die Ts’onot bislang bei ihm für unmöglich gehalten hatte: er erschrak. Und versuchte dem Kaziken den Knochen zu entreißen, doch seine körperlosen Hände fanden keinen Halt.
    Bevor die Wachen eingreifen konnten, holte Ah Ahaual aus – und rammte sich die spitze Rippe ins Herz!
    »Vater!«, flog ein Schrei über Ts’onots Lippen. Er sah zu Came hinüber, die bleich und mit aufgerissenen Augen dahockte, schon zu schwach, um sich noch aufzurichten. Tränen liefen ihr über die Wangen.
    Der »Weiße« stand vor dem Kaziken und ballte die Hände zu Fäusten, doch unternehmen konnte er nichts mehr … außer den letzten Worten des Sterbenden zu lauschen.
    »Du hast recht, Elender!«, keuchte Ah Ahaual. »Ich nahm den Himmelsstein … und brachte ihn fort … Weder mein Sohn … noch meine Frau kennen … den Ort. Das Geheimnis … wird mit mir sterben. Und mein Volk … wird leben!«
    Das waren seine letzten Worte.
    Damit hauchte er sein Leben aus.
    ***
    Der »Weiße« war außer sich. Wie schon einmal, als er um die Früchte seiner Intrige betrogen worden war. Und nun geschah es wieder – als alles schon perfekt schien.
    »Hernández!«, hörte ihn Ts’onot zu einem seiner Schergen sagen. »Schneide das Weib in Stücke!«
    »Nein!«, brüllte er, als er sah, wie der Spanier auf Came zuging, um den Befehl auszuführen. »Ihr habt es gehört: Wir wissen nicht, wo der Himmelsstein versteckt ist! Ihr Tod nützt euch nichts!«
    Seine verzweifelten Worte fielen nicht auf fruchtbaren Boden. Der Vasall des falschen Gottes holte mit seiner langen Klinge aus …
    … und brach zusammen.
    In seinem Rücken steckte ein gefiederter Pfeil.
    Das war das Signal. Aus allen Richtungen brachen zu allem entschlossene Krieger hervor, die sich den ruchlosen Eroberern entgegenwarfen.
    Und angeführt wurden sie von … Diegodelanda!
    Es waren nicht nur Kämpfer seines eigenen Stammes, die sich den Donnerstöcken der Feinde stellten. Ts’onot erblickte auch Krieger mit den Stammeszeichen der Tutul Xiu.
    Trotz ihrer überlegenen Waffen wurden die Spanier in die Flucht geschlagen. Den Mann, den der »Weiße« Hernández genannt hatte, nahmen sie mit – offenbar war noch Leben in ihm. Der Mann in Weiß folgte ihnen, während Dutzende von Pfeilen und Speeren durch seinen Körper zischten. Hier konnte er nichts mehr ausrichten. Doch sein Blick versprach, dass das letzte Kapitel dieser Geschichte noch nicht geschrieben war.
    Diegodelanda stieß zu Ts’onot und Came und sorgte persönlich dafür, dass sie nach Ah Kin Pech zurückgebracht wurden.
    »Wie … wie hast du das geschafft?«, krächzte
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