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047 - Die letzten Tage von Riverside

047 - Die letzten Tage von Riverside

Titel: 047 - Die letzten Tage von Riverside
Autoren: Jo Zybell
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begannen um den kommenden Tag zu kreisen.
    Er würde sich auf den Weg machen und versuchen, Spuren der Lincoln Avenue zu finden. Und dort Spuren seines Elternhauses. Und während er sein Gedächtnis nach Anhaltspunkten durchforstete, die ihm etwas wie Orientierung in den Ruinen geben könnten, schweiften seine Gedanken ab.
    Er dachte darüber nach, wie es wohl wäre, hier sesshaft zu werden nach der elend langen Wanderung. Hier, bei Gracia Jurupa und ihren Leuten. Sich zwischen Ruinen, Hütten und Flugzeugwracks niederzulassen und Riverside neu aufzubauen.
    Warum nicht? dachte er. Aruula wäre glücklich, und irgendwo muss man ja anfangen mit dem Wiederaufbau…
    Ein großer Falter flatterte aus den zerfetzten Kabelsträngen unter dem Flugzeugdach hervor. Matts Blicke folgten ihm, bis seine Flügel in der Flamme der Öllampe verbrannten und er auf den Tisch fiel. Zchonni griff danach und steckte ihn sich in den Rachen. Gracia Jurupa zuckte zusammen, der Priester erstarrte für Augenblicke und verstummte.
    Und Aruula nutzte die Gelegenheit, um wieder zu Wort zu kommen. »Meine Mütter und Priesterinnen wussten von keiner Flut. Das Große Eis zog sich zurück und sie begannen die Dreizehn Inseln in blühendes Land zu verwandeln…«
    Draußen in der Nacht vor dem Flugzeughaus polterte es. Matt fuhr hoch und lauschte. Irgendjemand schrie.
    Im nächsten Augenblick öffnete sich knarrend die mehr als fünfhundert Jahre alte Luke und ein Wächter steckte seinen Kopf hinein. »Überfall! Zu den Waffen!«
    Blitzartig fuhren die Schlafenden hoch. Aruula und Gracia Jurupa waren als Erste am Ausgang, Zchonni und Matthew folgten ihnen, als Schlusslicht humpelte der greise Priester hinterdrein. Draußen zog Matt den Driller aus der Tasche und lauschte in die Nacht.
    Von fern hörte man Hilferufe. Zwei der kleinen Hütten standen in Flammen. Fackeln huschten in der Wagenburg der Drakullen hin und her. Nie gehörtes Grunzen erhob sich von dort: schrill, langgezogen, gequält, als würden Tausende von Kröten quäken. Eine Frostschicht zog sich über Matts Schultern; sein Haar sträubte sich. Er musste sich fast zwingen, in Richtung der Wagenburg zu laufen.
    Hundert Schritte vom Flugzeugwrack entfernt stand Gracia Jurupa, umgeben von ihren Befehlshaberinnen und von einigen Kämpfern. Die Frauen und Männer waren mit kurzen Wurfspeeren, Äxten und Bögen bewaffnet. Die Jurupa schickte sie zu den brennenden Hütten. Sie selbst schloss sich Matt an, der mit Aruula zum Lager der Drakullen spurtete.
    Ein Ring von etwa zwanzig Echsenmännern umgab die Wagenburg. Breitbeinig standen sie da, ihre Zwillingsklingen mit beiden Klauen umklammert, und spähten in die Nacht. Der Westwind riss den Eisatem von ihren Lefzen und trieb ihn, feinen Seidentüchern gleich, in den Nachthimmel, wo er sich auflöste. Sie blieben stumm und reglos, als Zchonni, Matt, Aruula und die Jurupa durch ihren Verteidigungsring hasteten.
    Innerhalb der Wagenburg hatten die Drakullen zwei niedergebrannte Feuer wieder angefacht. Die Flammen schlugen schon wieder höher als die Zeltplanen der Wagen.
    Schnalzen, Knacken und das erbar- mungswürdige Grunzen erfüllten die Luft. Vier oder fünf Echsenfrauen knieten neben einem leblosen Körper. Sie schabten sich mit den Krallen über Brust und Kopfschuppen, schüttelten ihre mächtigen Körper und bliesen ihren Eisatem in die Luft.
    »Was ist passiert?«, wollte Matt wissen. Doch sie nahmen ihn kaum wahr, schüttelten sich und schrien grunzend. Zchonni schob sich zwischen sie und ging in die Hocke, Matt kniete sich neben ihn.
    Ein massiger Drakullenkörper lag in seinem Blut und seinen Eingeweiden. Jemand hatte ihm den Kopf abgeschlagen und den Bauch aufgeschlitzt.
    »Großes Unglück!« Zchonni schnalzte aufgeregt. »Druwenz!« Er deutete auf den abgetrennten Schädel im Schoß einer der Echsenfrauen.
    »Unglück, Unglück, Unglück…!«
    Aus der Richtung des Patriarchenzeltes und des Gelegewagens hörte Matt lautes Schnalzen und Grunzen. Auch dort versammelten sich ein paar Drakullenfrauen um einen reglosen Körper. Papz Zsatar stand bei ihnen.
    Auch sie betrauerten einen Toten: Der Brustharnisch des enthaupteten Echsenmannes war der Länge nach aufgeschlitzt. In Brustkorb und Schuppenbauch klaffte eine riesige Wunde. Dampf stieg aus dem geöffneten Körper.
    Zchonni kniete neben dem Gefallenen nieder und stimmte in das allgemeine Trauergrunzen ein. Matt und Aruula traten zum Patriarchen der Drakullen. Papz Zsatar stieß
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