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0456 - Der Geisterseher

0456 - Der Geisterseher

Titel: 0456 - Der Geisterseher
Autoren: Werner Kurt Giesa
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zufrieden. Ihm war zwar bewußt, daß er einen Dämon erschlagen hatte, aber es störte ihn nicht. Er war der Fürst der Finsternis. Er war der Herr über Leben und Tod. Der andere hatte sich ihm entgegengestellt, das war alles. Der Fürst der Finsternis brauchte Respektlosigkeit und Ungehorsam nicht zu dulden; seine Entscheidungen waren Gesetz. Und er besaß die Macht, diesem Gesetz Geltung zu verschaffen.
    Er hatte es getan.
    Doch er hatte damit wider die Interessen der Hölle gehandelt.
    Es hatte keinen logischen Grund gegeben, die Beschwörungszeremonie und die Opferung zu verhindern. Nur einen irrationalen, emotionellen Grund, der in den sieben Kreisen der Hölle keine Anerkennung finden konnte.
    Doch mit seiner Unlogik konnte Julian leben. Er war ein Träumer - im wahrsten Sinne des Wortes. Und Träume waren stets in gewisser Weise unlogisch. Sollten sie ihm Vorwürfe machen - sie würden nichts gegen ihn ausrichten können. Und Angelique lebte und war bis auf ein paar blaue Flecken und Schrammen unversehrt.
    Das war es, was Julian zufriedenstellte, den jüngsten Fürsten, den die Schwarze Familie jemals an ihrer Spitze hatte.
    Er konnte sich nun wieder anderen Dingen widmen. Zum Beispiel seinem Traum, der anscheinend aus eigener Kraft weitergelaufen war, während Julian Angelique aufspürte und mit spielerischer Leichtigkeit befreite. Mit der gleichen spielerischen Leichtigkeit, mit der er sich diesen Traumsequenzen gewidmet hatte, um anderen einen deutlichen Denkzettel zu verpassen. Er wollte sich nicht länger von ihnen belästigen lassen. Sie sollten ihn in Ruhe lassen. Daher hatte er wieder begonnen zu träumen.
    Es war eine Warnung.
    Die Warnung in einem großangelegten Spiel, dessen Feld Wirklichkeit war, von Träumen durchmischt…
    ***
    Robert Tendyke tauchte in den späten Vormittagsstunden bei Mostache auf. Die Begrüßung war herzlich und überschwenglich. Der Geisterseher, Abenteurer und Konzernboß schlug Zamorra begeistert über das Wiedersehen auf die Schultern, küßte Nicole auf beide Wangen, umarmte und küßte die Zwillinge und wirbelte sie wild um sich herum, nickte Raffael Bois freundlich zu - und entdeckte den Zwerg und den Grande.
    Er stutzte.
    »Das ist Don Cristofero Fuego de Zamora y Montego«, stellte Zamorra trocken vor. »Ein Zeitreisender, zugleich mein früherer Ahnherr. So ein Bindeglied zwischen mir und dem verblichenen Leonardo deMontagne. Der Gnom ist sein zauberkundiger Diener, besitzt aber keinen Namen, von dem wir alle wissen könnten.«
    »Ich weiß«, sagte Tendyke. Seine Augen waren schmal geworden. »Wir kennen uns doch, nicht wahr? Ich dachte erst, ich müßte mich irren, aber eine Zeitreise kann es erklären.« Er verbeugte sich und schwenkte seinen Stetson mit einer ausholenden Bewegung durch die Luft. »Ich entbiete Euch meinen freundschaftlichen Gruß, Don Montego.«
    Cristofero starrte ihn an. Zamorra und die anderen hoben die Brauen, wechselten erstaunte Blicke.
    »Ach so«, sagte Tendyke. »Damals war ich wohl etwas anders gekleidet, und ich nannte mich auch nicht Robert Tendyke. Ihr müßtet es allerdings noch besser wissen, denn für Euch sind ja erst ein paar Tage vergangen, Don Montego.«
    Don Cristofero nickte bedächtig. »Eure Kleidung verändert Euch sehr, Monsieur Robert deDigue - oder wie immer Ihr Euch zu nennen beliebt.« Seine Hand lag auf dem Griff des Degens, den er auch hier unvermeidlicherweise trug.
    »Wir sollten alte Rivalitäten vergessen«, bemerkte Tendyke. »Ich bin hier, um zu helfen, nicht um zu streiten.«
    »Es fällt schwer«, knurrte Don Cristofero. »Wie Ihr sagtet - für mich sind erst ein paar Tage vergangen.«
    »Können wir jetzt zur Sache kommen?« fragte Tendyke. »Was ist das mit dem Spuk im Château?«
    »Moment«, wandte Nicole ein. »Das interessiert mich. Wieso kennt ihr euch?«
    »Ich möchte nicht darüber reden - nicht jetzt«, erwiderte der Abenteurer.
    »Er redet nie viel«, warf Don Cristofero im Hintergrund ein. »Dafür tut er um so mehr, was nicht immer jedem gefällt. Er…«
    »Schluß jetzt«, sagte Tendyke scharf. »Oder ich stopfe Euch das Maul.«
    »Das habt Ihr schon einmal versucht - mit dem Erfolg, daß Ihr…«
    Tendyke wandte sich um und verließ die Gaststube. Zamorra folgte ihm. Draußen stand der Mietwagen, mit dem der Abenteurer vom Flughafen Lyon herübergekommen war. Tendyke ging auf den Wagen zu und wollte einsteigen. Zamorra griff an ihm vorbei und drückte die Tür wieder zu.
    »Du solltest
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